Die Normannen
zurück. 1073 starb Robert Crispin in Konstantinopel, einem Gerücht nach an Gift.
Größere Ambitionen hatte sein Landsmann Roussel (oder Ursel) von Bailleul, der 1063 in der Schlacht von Cerami im Heer Rogers I. gegen die sizilianischen Muslime gekämpft hatte. Er diente zunächst unter Robert Crispin und führte in der Schlacht von Manzikert (1071) das Kommando über 400 «fränkische» Ritter. Hier entzog Roussel sich jedoch der Feindberührung mit den Seldschuken und überließ Kaiser Romanos IV., der in türkische Gefangenschaft geriet, seinem Schicksal. Der neue Kaiser Michael VII. Dukas nahm Roussel und seine Ritter wieder insbyzantinische Heer auf und schickte sie in den Kampf gegen die Seldschuken. Doch die Normannen desertierten erneut, so dass das byzantinische Heer eine weitere Niederlage erlitt.
Nun machte Roussel sich selbständig und zog mit seinen Soldaten plündernd durch Nord- und Mittelanatolien. Im Gebiet um Amasya im Armeniakon gelang es ihm, ein eigenes Herrschaftsgebiet einzurichten. Er wurde von der Bevölkerung, der er Schutz gegen die Seldschuken und niedrigere Steuern versprach, unterstützt. Von einigen strategisch wichtigen Burgen aus kontrollierte Roussel mit seinen Rittern das Gebiet. Ein kaiserliches Heer, das gegen ihn ausgeschickt wurde, besiegte er und nahm den Anführer Johannes Dukas, einen Onkel Michaels VII., gefangen. Dann marschiert er mit seinem Gefangenen, den er zum Kaiser ausrufen ließ, gegen Konstantinopel. Michael VII. schickte ihm, vermutlich um 1074, Truppen entgegen, die vom jungen Alexios Komnenos, dem späteren Kaiser, angeführt wurden. Daraufhin verbündete sich Roussel mit einem türkischen Emir, der ihn aber verriet und an Alexios auslieferte. Die nächsten Jahre verbrachte Roussel im Kerker in Konstantinopel. Erst 1078, als Michael VII. ihn brauchte, um eine Revolte niederzuschlagen, wurde er auf freien Fuß gesetzt. Erneut erwies der Normanne sich als unzuverlässig und verbündete sich mit einem der aufständischen Generäle, hatte jedoch auch diesmal keinen Erfolg: Er wurde gefangen genommen und starb kurz danach, vielleicht durch Gift.
Möglicherweise war es die erfolgreiche Herrschaftsbildung der Normannen in Süditalien, die ihre in byzantinischen Diensten stehenden Landsleute dazu verleitete, in Anatolien etwas Ähnliches zu versuchen. Sie scheiterten, weil sie die byzantinischen Kaiser unterschätzten, die nicht davor zurückschreckten, sich der Seldschuken zu bedienen, um mit ihnen fertig zu werden. Das Verhalten der erwähnten Söldner begründete in Byzanz den schlechten Ruf der «Franken» als treulos und unzuverlässig, den einige Jahre später Robert Guiscards Sohn Bohemund und andere Kreuzfahrer zu bestätigen schienen.
Das Byzantinische Reich stabilisierte sich, nachdem der «Soldatenkaiser» Alexios I. Komnenos den Thron bestieg (1081).Alexios führte tiefgreifende strukturelle Reformen durch, die auch das von seinen Vorgängern vernachlässigte Heer betrafen. Gleich nach seinem Herrschaftsantritt lernte er, wie erwähnt, bei Dyrrhachion die Kampfkraft der normannischen Ritter Robert Guiscards kennen, die er nur mit Mühe zurückschlagen konnte (1085). Um dieselbe Zeit fielen die wichtige Stadt Antiochia und weite Teile Syriens in die Hand des Sultans von Bagdad, Malik Schah I. (1072–92), der auch Ost- und Mittelanatolien eroberte. Alexios konnte nicht eingreifen, weil ihm durch die Angriffe der Petschenegen auf dem Balkan die Hände gebunden waren. 1091 errang er jedoch gegen diese einen entscheidenden Sieg, der auch den 500 Rittern zu verdanken war, die ihm kurz vorher Graf Robert I. von Flandern geschickt hatte. Der neue Seldschukensultan Qilidsch Arslan (1092–1107) war nicht in der Lage, das von seinem Vorgänger errichtete Großreich zusammenzuhalten, von dem sich vor allem in Syrien zahlreiche kleine Emirate abspalteten, und schloss 1092 mit Alexios einen Friedensvertrag. Dadurch ließ der Druck auf Byzanz nach, und der Kaiser bemühte sich, sein Heer durch die Anwerbung weiterer westlicher Soldritter zu verstärken.
Bohemund der Kreuzfahrer In diesem Zusammenhang bat Alexios I. 1095 Papst Urban II. um Hilfe. Ende November rief der Papst, der sich im Interesse der Einheit der Kirche um gute Beziehungen zu Konstantinopel bemühte, im südfranzösischen Clermont (Auvergne) dazu auf, Byzanz militärische Unterstützung zu leisten. Um möglichst viele Ritter dazu zu bewegen, unterstrich der Papst die angebliche
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