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Die Normannen

Die Normannen

Titel: Die Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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dominierende Gestalt.
2. Normannen im Nahen Osten und in Spanien
    Im Sold von Byzanz Das Byzantinische Reich musste seit dem Ende des 10. Jahrhunderts in zunehmendem Umfang sein Heer durch ausländische Söldner verstärken. 989 schickte Fürst Vladimir von Kiev dem byzantinischen Kaiser 6000 seiner Waräger, wie man in Byzanz die Wikinger nannte. Sie bildeten dort den Kern der kaiserlichen Palastgarde und Leibwache. Gelegentlich wurden sie auch als Elitetruppe eingesetzt, so 1017/18 im Kampf gegen die Normannen in Apulien, wo sie mit ihren Streitäxten zu Fuß kämpften. Vor allem für die Kavallerie, die im 11. Jahrhundert immer größere militärische Bedeutung errang,mussten die Byzantiner Söldner anwerben: als leicht bewaffnete Reiter vorwiegend Armenier und Türken, als schwer bewaffnete Ritter vor allem Normannen. Zunächst handelte es sich meist um Hilfstruppen, die man von lokalen Herrschern erhielt, wie zum Beispiel die 300 normannischen Ritter, die Fürst Waimar IV. von Salerno 1038 dem byzantinischen General Georg Maniakes beim Angriff auf Sizilien zur Verfügung gestellt hatte. Ab 1047 begannen die byzantinischen Kaiser auch direkt in Westeuropa Ritter anzuwerben.
    Da die Byzantiner alle von nördlich der Alpen stammenden Ausländer als Franken bezeichneten, ist es äußerst schwierig, abzuschätzen, wie viele der in den byzantinischen Chroniken erwähnten «Franken» Normannen waren. Nur wenn man zeitgenössische lateinische Quellen heranzieht, kann man einige von ihnen als Normannen identifizieren. Erschwerend kommt hinzu, dass die Chronisten die Söldner meist nur dann erwähnten, wenn sie durch Unzuverlässigkeit oder Verrat negativ auffielen – Normalität machte keine Schlagzeilen. Dies zeigen auch drei in den Chroniken überlieferte Fälle, auf die wir im Folgenden eingehen.
    Der erste Fall ist der eines normannischen Ritters namens Hervé, über dessen genaue Herkunft nichts bekannt ist. Er war einer der erwähnten 300 Normannen, die 1038–40 am byzantinischen Versuch der Rückeroberung Siziliens teilnahmen. Es ist möglich, dass er zunächst den Brüdern Hauteville nach Melfi folgte, bevor sich in den folgenden Jahren seine Spuren verlieren. Ab 1049 taucht Hervé im byzantinischen Heer als Kommandeur einer Abteilung von «Franken» auf, die gegen die Petschenegen, ein an der Donau ansässig gewordenes Volk türkischer Herkunft, kämpften. Als Kaiser Michael VI. (1056–57) sich weigerte, dem Normannen einen hohen Titel zu verleihen, quittierte dieser den Dienst und zog sich auf ein Landgut zurück, das er im Militärbezirk Armeniakon in Nordanatolien besaß. Hier versammelte Hervé 300 «Franken» um sich und marschierte mit diesen nach Ostanatolien, vielleicht um sich in der Gegend um den Van-See ein eigenes Herrschaftsgebiet aufzubauen. Hervé verbündete sich mit türkischen Machthabern,die ihn aber in eine Falle lockten, gefangen nahmen und an die Byzantiner auslieferten. Kaiser Isaak I. Komnenos (1057–59) nahm ihn jedoch bald wieder ins Heer auf und verlieh ihm auch den Titel, den ihm sein Vorgänger verweigert hatte, sowie das damit verbundene ansehnliche Gehalt. Als Hervé 1063 aufgrund türkischer Bestechungsgelder eine Schlacht vermied, ließ Kaiser Konstantin X. Dukas (1059–67) ihn hinrichten.
    Eine ähnliche Karriere machte sein Landsmann Robert Crispin (oder Crespin/Crepin): 1064 nahm er an der Schlacht von Barbastro im Westen Spaniens teil, in der christliche Ritter einen Sieg über die muslimischen Mauren errangen. Zwei Jahre später (1066) finden wir Robert Crispin dann bei seinen Landsleuten in Süditalien. Kurz danach trat der Normanne in den Dienst des byzantinischen Kaisers und nahm 1068 an einem Feldzug in Syrien teil. Mit den von ihm kommandierten Söldnern, vermutlich vorwiegend Normannen, sollte er die Grenze am oberen Euphrat gegen Angriffe der Seldschuken schützen. Da er sich von Kaiser Romanos IV. Diogenes nicht ausreichend belohnt fand, verschanzte er sich 1069 auf einer Burg im Armeniakon und überfiel von hier die kaiserlichen Steuereintreiber in der Umgebung. Roberts Revolte war aber nur von kurzer Dauer: Als er hörte, dass der Kaiser mit einem Heer anrückte, um ihn in die Schranken zu weisen, unterwarf er sich. Romanos IV. begnadigte ihn zwar, entließ ihn jedoch aus der Armee, da er ihm offensichtlich nicht mehr traute. Erst als der Kaiser durch eine Palastrevolte in ernsthafte Schwierigkeiten geriet, rief er den Normannen in seine Dienste

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