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Die Novizin

Die Novizin

Titel: Die Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Falconer
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in jeder anderen Hinsicht war ich ihm stets eine gute Gattin. »Ich wüsste gern, warum Ihr mir gegenüber dermaßen ungehalten seid«, bemerkte ich. »Ich habe Euch keinen Grund dafür gegeben.«
    »Was ist mit Eurem Bruder?«
    »Christian?«
    »Ich habe Euren Vetter Guillaume als Priester von Redaux eingesetzt – auf seine und Eure Bitte hin. Ich habe keine Fragen gestellt. Und nun erklärt mir bitte, warum mir berichtet wurde, dass es Euer Bruder war, der ihm das Schwert in den Leib stieß.«
    »Was?«
    »Gebt bloß nicht vor, nichts davon zu wissen.«
    Ich hatte das Gefühl, einen heftigen Schlag erhalten zu haben. Ich begriff seine Worte nicht, sie waren zu schrecklich.
    »Nun?«, drängte er.
    »Was soll ich dazu sagen? Von wem stammt diese ungeheuerliche Behauptung?«
    »Von Vater Subillais.«
    »Und wessen Beine hat er brechen lassen, um eine solche Aussage zu erzwingen?«
    »Martha Fauré hat ihre Aussage aus freiem Willen gemacht, ohne Zwang.«
    Raymond betrachtete prüfend mein Gesicht, wartete auf eine Reaktion. Ich muss Euch gestehen – sobald mein Entsetzen über diese Enthüllung ein wenig nachgelassen hatte, erkannte ich, dass Martha Faurés Behauptung der Wahrheit entsprechen konnte. Mein Bruder Christian war zu allem fähig, wenn es nur seinen Zwecken diente. Aber ich hatte mitnichten die Absicht, dies meinem Gatten oder einer anderen Menschenseele gegenüber zuzugeben.
    »Wie könnt Ihr dem Gehör schenken, wenn Ihr genau wisst, dass dieser Subillais sich zugunsten eines positiven Verlaufs seiner Untersuchung alle möglichen Lügen ausdenkt?«
    »Ihr streitet es also ab?«
    »Es ist nicht an mir, die Anschuldigung zu widerlegen. Wendet Euch an. meinen Bruder. Aber ich finde sie einfach unvorstellbar. Mein Bruder ist ein Templer. Er hat vor Gott geschworen, einem anderen Christen niemals Schaden zuzufügen.«
    »Unglücklicherweise scheint Subillais den Vorwurf nicht so unglaublich zu finden wie Ihr.«
    »Selbst Vater Subillais kann einen Ritter des Templerordens nicht festnehmen lassen.«
    »Nein, also wird er womöglich stattdessen die Schwester und den Schwager dieses Templers verfolgen, vor allem, wenn sich daraus ein Vorteil ziehen lässt. Ich schlage deshalb vor, Ihr redet mit Eurem Bruder und ergründet die Wahrheit. Ich sage Euch, teure Gemahlin – wir werden noch genauso enden wie der Graf von Foix und die anderen Faidits , es sei denn, wir treiben für diesen Mönch einen geeigneten Köder auf.«
    »Glaubt Ihr tatsächlich, dass Christian seinen eigenen Vetter ermorden würde?«, fragte ich. »Warum sollte er so etwas tun?«
    »Wer weiß schon, was in seinem Kopf vor sich geht?«
    »Er ist mein eigen Fleisch und Blut!«
    »Genau deshalb vertraue ich ihm nicht.« Unser Gespräch nahm plötzlich eine Wendung, mit der ich nicht gerechnet hatte. Raymond starrte mich eindringlich an. »Seit Jahren verbergt ihr beide nun schon etwas vor mir. Ihr haltet mich für einen Narren, aber ich habe gesehen, wie ihr euch verstohlene Blicke zuwerft und miteinander flüstert, und ich weiß von den Briefen, die Ihr heimlich zu Christian in die Komturei schickt. Anfangs dachte ich, ihr beide würdet eine widernatürliche Begierde füreinander empfinden …«
    Ich holte tief Luft, um lautstark Einspruch gegen diese abstoßende Behauptung zu erheben, doch Raymond gebot mir mit erhobener Hand Einhalt.
    »Eine abwegige Vorstellung, ich weiß. Aber ein eifersüchtiger Gatte erliegt leicht seinen Hirngespinsten und redet sich ein, sie seien echt. Als ich zur Feier von Christi Geburt in Avignon war, habt Ihr Euch dreimal mit Christian getroffen. Versucht nicht, es zu leugnen, ich verfüge über ausgezeichnete Spitzel.«
    Ich bemühte mich, ruhig zu bleiben. »Während Eurer Abwesenheit obliegt mir die Herrschaft über das Château und die Ländereien. Selbst wenn er nicht mein Bruder wäre, müsste ich mich schon allein im Rahmen meiner Pflichten mit dem Komtur besprechen.«
    »Und was habt ihr sonst miteinander zu bereden? Gibt es ein Geheimnis, das ich nicht erfahren soll?«
    Als ich darauf keine Antwort gab, schien sich Raymond in seinem Verdacht bestätigt zu sehen.
    »Was werdet Ihr tun, Eleonore? Unsere Familien gehen mit uns zugrunde, ist es nicht so? Wenn der König Geduld besäße, hätte er einen Mann wie Subillais gar nicht nötig. Die Ländereien würden ihm laut der Bedingungen des Vertrags ohnehin zufallen. Euer Bruder hat das Keuschheitsgelübde abgelegt, Euer Vetter war Priester und ist darüber

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