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Die Novizin

Die Novizin

Titel: Die Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Falconer
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Krüppel gemacht zu haben.
    Ich hockte mich vor ihn und sprach ihn an, aber er reagierte nicht. Also schüttelte ich ihn behutsam an der Schulter.
    »Maurand?«
    Er blickte auf. Seine Miene verriet mir, dass er mich nicht erkannte.
    »Ich bin es. Vater Bernard.«
    Er hatte geweint. Auswurf verklebte seinen Bart. »Vater Bernard«, flüsterte er, zuckte ängstlich zusammen und starrte über meine Schulter hinweg auf Ganach und die Wärter.
    »Ihr werdet freigelassen, Maurand. Morgen werdet Ihr Euren Sünden noch einmal abschwören, und danach könnt Ihr nach Hause gehen.«
    Ich hasste mich selbst dafür, dass ich es nicht über mich brachte es nicht über mich, ihm die ganze Wahrheit zu sagen.
    Bruder Subillais und ich hatten seit drei Tagen über die Häretiker von Saint-Ybars zu Gericht gesessen, gemeinsam mit Père Michel, seinem Kanonikus, dem Prior des nächst gelegenen Klosters und natürlich Seigneur Raymond. Viele halten Inquisitoren für die gedungenen Meuchelmörder des Heiligen Vaters. Angesichts dieser Verleumdung kann ich nur darauf hinweisen, dass wir im Durchschnitt lediglich einen von hundert Häretikern dem Scheiterhaufen überantworteten und vielleicht zehn zu Kerkerhaft verurteilten.
    Für die meisten Angeklagten würde auch diesmal die Buße aus einer Pilgerreise oder einer Zeit des Fastens bestehen, oder daraus, sich an Sonn- und Feiertagen vor der Kirche zu geißeln. Andere würden für eine gewisse Zeit gelbe Kreuze auf ihrer Kleidung tragen müssen. Dies mag Euch als geringfügige Strafe erscheinen, doch es war tatsächlich für schwerwiegendere Fälle vorgesehen und besonders gefürchtet, da es den Büßer der allgemeinen Verachtung aussetzte. Er wurde häufig auf offener Straße beleidigt, mit Steinen beworfen und fand zumeist nirgendwo mehr Arbeit.
    Aimery Maurand würde es wohl kaum als die von Bruder Subillais versprochene leichte Strafe betrachten, dass er sieben Jahre lang das gelbe Kreuz tragen sollte und all sein Besitz konfisziert werden würde …
    Ich war der Meinung, dass Bruder Subillais sein Versprechen, Maurand mit einer tatsächlich geringfügigen Strafe zu belegen, einhalten musste, und hatte dies auch gesagt. Aber er hatte die übrigen Mitglieder der Kommission gedrängt, meine Einwände nicht zu beachten und seiner Strafe zuzustimmen.
    Maurand würde seinen ganzen Besitz verlieren und als Bettler sterben. Dies war nicht die Art von Werk, mit der ich Gott zu gefallen wünschte.
    »Was habt Ihr getan, Maurand, dass Vater Subillais Euch so sehr hasst?«, wandte ich mich erneut dem Gefangenen zu.
    »Ich weiß es nicht«, flüsterte er. Sein Atem roch widerlich. Ich zuckte zusammen und wandte mein Gesicht ab.
    »Nun, irgendeinen Grund muss es doch geben.«
    »Er hat versprochen, nachsichtig zu sein. Er wird doch nachsichtig sein?«
    »Ihr werdet morgen erfahren, welche Strafe Euch erwartet. Doch deshalb bin ich nicht hier. Ich möchte mit Euch über Madeleine de Peyrolles sprechen.«
    Furcht blitzte in seinen Augen auf. Ich kannte diesen Blick, ich war bereits lange genug bei der Heiligen Inquisition, um sofort zu sehen, wenn ein Mann etwas zu verbergen hatte.
    »Sie hat Euch als ihren Feind bezeichnet. Warum?«
    »Ich weiß es nicht, Vater. Ich habe stets eine freundschaftliche Beziehung zu dem Mädchen gehabt.«
    »Zwei Männer, Bürger dieser Stadt, meldeten sich bei der Heiligen Inquisition in Toulouse und bezichtigten Madeleine de Peyrolles der Hexerei und Häresie. Könnte es sein, dass diese Männer in Eurer Schuld standen und Ihr Euren Einfluss geltend machtet, damit sie das Mädchen zu Unrecht anklagten?«
    »Nein, Vater! Aus welchem Grund sollte ich so etwas tun?«
    »Aus Gehässigkeit? Oder weil sie sich weigerte, Euch zu heiraten?«
    »Haben diese Männer das behauptet?«
    Nein, das hatten sie nicht getan. Ich hatte sowohl den Müller als auch den Karrenmacher noch einmal persönlich verhört, aber sie stritten beharrlich alles ab. Ich hatte nichts anderes erwartet. Die Mindeststrafe für einen Meineid betrug immerhin viele Jahre Kerkerhaft.
    »Wieso tut Ihr mir das an?«, jammerte Maurand. »Habe ich nicht schon genug gelitten? Ich habe alles gestanden, was Vater Subillais von mir hören wollte, obwohl ich unschuldig bin. Was wollt Ihr denn noch?« Er winselte und greinte, und Tränen und Nasenschleim liefen ihm über das Gesicht und in den Bart.
    Seine Vorstellung ekelte mich an. Ich erhob mich und verließ die Zelle.

MADELEINE
    Das Gefühl war mir vertraut. Zuerst

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