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Die Novizin

Die Novizin

Titel: Die Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Falconer
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meiner Schuld. Es war, als würde ich nackt vor dem Angesicht der Welt stehen.
    Der Teufel blieb die ganze Nacht über mein Gefährte, sowohl in der Kapelle als auch auf meinem Lager. Er hielt mich vom Schlafen ab, indem er kunstvolle Träume von Madeleine de Peyrolles spann. Er stand zwischen mir und dem Gebet, denn er entkleidete sie vor meinen Augen. Ich flehte Gott an, die Versuchung von mir zu nehmen, doch wir sind auf der Welt, um uns Prüfungen zu stellen, und nicht, um von ihnen befreit zu werden. Die Seele wächst durch Schmerz und Pein. Warum sollte mir erspart bleiben, was jeder Mann ertragen muss, wenn er sich selbst retten will?
    Während die Nacht voranschritt, erhoben sich ganze Legionen von Teufeln aus der Hölle, von denen jede mich auf ihre eigene Art quälte. Eine bezichtigte mich der Heuchelei, eine andere verspottete mich, weil ich jener Schwäche erlegen war, für die ich andere gerügt hatte. Ich hatte das Keuschheitsgelübde abgelegt, doch woran musste ich ununterbrochen denken? An eine Frau.
    Als ich endlich einschlief, spürte ich Madeleine de Peyrolles’ Atem auf meinem Gesicht, so süß wie Erdbeerwein. Ihr Haar duftete wie der Sommer, und ihre Hüfte lag weich und nachgiebig in meinem Arm. Sie flüsterte, dass sie bei mir schlafen wolle, doch wie bei Träumen üblich blieben unsere dunklen, verbotenen Wünsche unerfüllt. Jedes Mal, wenn ich sie zu küssen versuchte, wurden wir auf irgendeine verwirrende und unlogische Weise daran gehindert.
    In einem Traum sah ich sie schließlich nackt in einem Kornblumenfeld liegen und wollte zu ihr gehen. Aber jemand zog mich fort. Dann hörte ich einen Mann meinen Namen rufen und wusste, dass der Moment verloren war.
    Ich schreckte hoch und fand mich in meiner kalten Zelle wieder. Bruder Guillaume rüttelte mich wach. Es war Zeit für die Matutin und die Laudes. Schuldbewusst fuhr ich mit der Hand an meinen Lenden entlang. Ein Mann versteht vielleicht meine körperliche Frustration in dem Augenblick und jene Enttäuschung, die schlimmer ist als physischer Schmerz. Ich zog mir in der Dunkelheit mein Habit über und schwieg verzweifelt.
    Selbst eine gequälte Seele auf der Folterbank hat das Recht aufzuschreien. Mir war noch nicht einmal dies vergönnt.
    Ich war während der Matutin nicht bei der Sache. Ich hatte einen Traum gehabt, doch meine Erinnerung an ihn war so lebendig, als sei er real gewesen. So real, dass ich tatsächlich glaubte, dass auch sie in genau diesem Augenblick auf ihrem Bett saß, in die Dunkelheit starrte und mein Gesicht ebenso deutlich sah wie ich das ihre. Ich konnte unmöglich einen dermaßen innigen Moment heraufbeschwört haben, ohne dass auch sie ihn fühlte.
    Im Traum hatte sie mir gesagt, dass sie mich liebte, und wie ein Wahnsinniger war ich nun davon überzeugt, dass es auch im wirklichen Leben so sein müsse.
    Die Kerzen im zugigen Chorraum flackerten, beleuchteten die Bibel des Sakristans und ließen die Mönche mit ihren Kapuzen und die Heiligenskulpturen über ihren Köpfen lange Schatten werfen. Die Reihen der Heiligen standen mir im Halbdunkel gegenüber.
    Meine Lippen formten die Worte der Psalmen und Antworten, ich sprach das Vaterunser und das Credo , doch meine Augen starrten ins Leere. Dann sah ich sie erneut vor mir und spürte, wie unser warmer Atem sich selbst in dieser kalten, dunklen Kapelle vermischte. Gott hilf mir, ich glaubte sogar, den salzigen Schweiß in ihrem Nacken schmecken zu können.
    Nach dem Gottesdienst suchte ich schneller als sonst meine Zelle auf und hoffte, zu meinem Traum und Madeleine de Peyrolles zurückkehren zu können. Aber ein Traum ist kein Ort, man kann ihn nicht ein zweites Mal aufsuchen. Es würde bei meinen nächtlichen unerfüllten Fantasien bleiben.
    Ich wälzte mich auf meinem Lager hin und her, bis das erste, blasse Licht des Morgengrauens in meine Zelle fiel. Noch nie war mir ein neuer Tag so willkommen gewesen.
     
    *
     
    Eines muss ich noch einmal sagen: Unser Prior war ein guter Mensch, der keinerlei Schuld an meinem Sündenfall trug. Er erhielt eine strenge Disziplin aufrecht, achtete genau auf unsere Gewohnheiten und duldete in unserem Kloster kein anstößiges Benehmen.
    Am folgenden Morgen empfing er mich in seiner Zelle. Ich fiel sofort auf die Knie und bat ihn, mir die Beichte abzunehmen.
    Er setzte sich auf den Stuhl hinter seinem Schreibpult. Seine grauen, vom Alter wässrigen Augen mit ihren schlaffen Lidern betrachteten mich matt. Dies zeigte mir, dass

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