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Die Novizin

Die Novizin

Titel: Die Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Falconer
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Eltern hatten im hinteren Teil der Halle gewartet und brachten sie rasch fort.

MADELEINE
     
    Von den Cevennen fegte ein Sturm herbei und brachte Regen und bittere Kälte nach Saint-Ybars – mitten im heißesten Sommer, an den ich mich erinnern konnte. Der Schlamm auf dem Marktplatz wurde so dick wie Haferbrei. Da der größte Teil des Ernteguts bereits verkauft oder eingelagert war, trotzten nur wenige Menschen dem Wetter. Die Gauklertruppe, die in den letzten Wochen in der Stadt ihr Auskommen gefunden hatte, war weitergezogen, sodass auf dem Platz nur noch einige wenige frierende Hausfrauen mit ebenfalls frierenden Händlern um Eier und Salz feilschten. Ein Gewürzhändler, der für schuldig befunden worden war, seine Gewichte manipuliert zu haben, stand erbärmlich zitternd am Pranger. An diesem Tag waren noch nicht einmal Kinder zugegen, die ihn mit Steinen bewarfen.
    Ich erledigte meine Besorgungen und verließ den Marktplatz, so schnell es ging. Ich konnte es kaum erwarten, mich zu Hause am Feuer aufzuwärmen. Zuvor musste ich jedoch noch den Bäcker aufsuchen und dann Talg für Kerzen kaufen. Als ich in die Gasse des Bäckers einbog, sah ich ihn. Er trug eine Kappe und seinen feinen Hermelinpelz und kam direkt auf mich zu. Seine prächtigen Stiefel schritten durch den Schlamm. Hinter ihm folgten seine beiden unverschämten Knechte.
    Es gab für mich kein Entkommen, es sei denn, ich kehrte um und lief davon, doch das verbot mir mein Stolz. Stattdessen verneigte ich mich höflich und hoffte, einfach weitergehen zu können. Aber natürlich wich Maurand nicht von der Stelle. Er stemmte die Hände in die Hüften und versperrte mir den Weg. Angst schnürte mir die Kehle zu. Sein Atem roch nach Wein, obwohl es noch früh am Morgen war.
    »Nun, da haben wir ja die junge Dame, die sich zu gut ist, die Frau eines bescheidenen Olivenhändlers zu werden.«
    »Bitte lasst mich vorbei, mein Herr! Ich habe Besorgungen für meine Mutter zu machen.« Ich war zwar höflich, verhielt mich jedoch keineswegs wie eine Dienstmagd, sondern wie eine Dame seines Standes, die darüber verärgert ist, bei ihren Geschäften aufgehalten zu werden. Ich konnte nicht anders. Mein Stolz war schon immer einer meiner Fehler gewesen.
    Mein Tonfall schien seine Laune nicht gerade zu heben. »Ihr haltet Euch also für so vornehm?«
    »Mein Herr?«
    »Glaubt Ihr denn, dieser Bursche wird jemals fähig sein, für Euch zu sorgen?«
    »Ich verstehe nicht, was Ihr meint.«
    »Euer Vater hat mir mitgeteilt, dass Ihr das großzügige Angebot ablehnt, das ich Euch und Eurer Familie gemacht habe. Er sagt, dass Ihr mich verschmäht. Und dass Ihr einen Lehrling zu heiraten wünscht.«
    »Es ist so, wie mein Vater sagt.«
    »Was für ein Mann ist Euer Vater, dass er sich von seiner Tochter sagen lässt, wen sie aus welchen Gründen heiraten will?«
    »Ein guter Mann, mein Herr.«
    »Ein schwacher Mann, meiner Einschätzung nach.«
    »Wir alle haben das Recht, uns über andere eine Meinung zu bilden. Dieses Recht erwächst aus der Fähigkeit zu denken und zu sprechen.«
    Nun wollte ich ihn reizen, und das wusste er.
    »Euer Vater sollte Euch mit der Rute züchtigen! Ich würde solchen Eigensinn bei meiner Tochter niemals dulden. Aber wir werden ja sehen, wie es Euch ergeht, wenn Ihr erst einmal Kälte und Hunger leidet. Dann werdet Ihr bereuen, dass Ihr meine Aufmerksamkeiten verschmäht habt.«
    »Mein Vater weiß, was das Beste für mich ist.«
    »Euer Vater ist ein Narr!« Maurand packte mich am Armel meines Gewands. »Seht Euch doch nur einmal an! Wisst Ihr eigentlich, was Ihr abgelehnt habt? Wie viel hat dieses Kleid gekostet? Als meine Frau wurdet Ihr Samt und Seide tragen und Perlen um den Hals. Wenn Ihr wolltet, könntet ihr in einem Bett schlafen, das so groß ist wie Euer jetziges Haus!«
    »Ich fühle mich durch Euer Interesse wahrhaft geschmeichelt, mein Herr. Aber meine Liebe gehört einem anderen.«
    »Liebe?«
    Noch einmal versuchte ich, zu entkommen, doch Maurand ließ mich nicht vorbei. Dann wandte er sich an einen seiner höhnisch grinsenden Knechte. »Ist dies die Hexe, von der ich gehört habe? Diejenige, die auf dem Mont Berenger Geister wandeln sieht?«
    Mich überlief ein kalter Angstschauer. Wer hatte es gewagt, mich so zu nennen? »Ich bin keine Hexe, mein Herr!«
    Er sah den Ausdruck auf meinem Gesicht und wusste den Vorteil endlich auf seiner Seite. »Auf dem Marktplatz erzählt man aber etwas ganz anderes.«
    Maurand griff meinen

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