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Die Novizin

Die Novizin

Titel: Die Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Falconer
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unseres Ordens, wurde vom Papst höchstpersönlich damit beauftragt, die Verderbtheit zu tilgen, die in dieser Gegend blühte und gedieh. Auch wenn ich nun die Sünde des Stolzes begehe – erlaubt mir zu sagen, dass ein Dominikaner sich hervorragend für eine solche Aufgabe eignet. Es erforderte eine gewisse geistige Kraft, ketzerische Lehren zu widerlegen, deshalb achtete unser Ordensgründer auch besonders auf Bildung und Unterricht. Innerhalb der vergangenen fünfzig Jahre hat sich unser Orden für den Heiligen Vater als dermaßen nützlich erwiesen, dass wir inzwischen über nicht weniger als sechzig Klöster in ganz Europa verfügen.
    Doch hier im Süden war unsere Arbeit besonders mühevoll, trotz der Feldzüge, zu denen sich der Papst gezwungen sah und die Simon de Montfort mit solcher Leidenschaft angeführt hatte. Ich für mein Teil muss zugeben, dass ich einen Katharer lieber mit der Kraft meines Geistes unterwerfen würde, als ihn mit dem Schwert niederzumetzeln. Schließlich ist es doch unsere Berufung, Seelen zu retten und nicht, sie ohne die Möglichkeit zur Einsicht und Beichte in die Hölle zu schicken.
    Und so brachen wir auf, um von Toulouse in diese verdammten und gefährlichen Berge zu reisen. Unsere kleine Gruppe war nicht mit Schwertern und Wurfgeschossen bewaffnet, sondern mit Pierre Comesters Historia Scholastica , dem Sententiarium des Pierre Lombard und natürlich der Heiligen Schrift.
    Der Weg durch die Ebene von Toulouse verlief gerade und eintönig. Doch schon bald waren am Horizont – kauernden Löwen gleich – die Berge zu erkennen. Die Straße wand sich durch die Weinberge rings um Limoux, führte dann weiter nach Couiza und schließlich an Felsschluchten vorbei ins Gebirge.
    Mich überkam eine dunkle Vorahnung, die ich nicht beschreiben kann. Diese Schluchten hatten etwas Schauderhaftes an sich – und haben es noch. Als wir höher stiegen, verlor sich unsere Kolonne in kalten Nebelschleiern, die uns von der vertrauten Welt abschnitten. Ich hatte sogar den Eindruck, mich von Gott zu entfernen – ein blasphemischer Gedanke, den ich für mich behielt, denn natürlich ist Gott überall.
    Doch in Toulouse war es aus irgendeinem Grund einfacher für mich gewesen, seine Gegenwart zu spüren.
    Es lag nicht allein an den bedrohlichen Felsformationen und den dunstverhangenen Bergpässen, dass mich Beklommenheit erfüllte und mir das Herz in der Brust schwer wurde wie ein Sack voller Sand. Schuld und Furcht spielten dabei die weitaus größere Rolle. Ich versuchte, nicht an Madeleine de Peyrolles zu denken, aber es war aussichtslos. Als ich an jenem ersten Abend unserer Reise in einer zugigen Herberge die Augen schloss, sah ich ihr Gesicht vor mir, und als wir eine Woche darauf das Tal von Saint-Ybars erreichten, ritt sie neben mir her.
     
    *
     
    Der kalte, alles durchnässende Regen drang in unsere Knochen ein wie Rost in Eisen. Seit Tagen fiel er nun schon in Strömen vom grauen, verwaschenen Himmel. Ich hatte mir die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Von ihrem Rand tropfte es stetig auf den Knauf meines Sattels. Ich zitterte unkontrolliert.
    Unsere Maulesel folgten langsam dem Weg nach Saint-Ybars. Die Welt ringsum wurde vollkommen vom Regen beherrscht, und es schien, als würden die Felsen selbst Wasser hervorbringen. Das war natürlich bloße Einbildung. Durch den unablässigen Regen hatten sich viele kleine Wasserfälle gebildet. Gelegentlich hörten wir, wie Felsbrocken auf den Weg hinabstürzten, die sich durch die Bewegung des Schlamms unter ihnen gelöst hatten.
    Wir kamen an mehreren Bäumen vorüber, die von Blitzschlägen gespalten worden waren.
    Ich vermochte durch den Regenschleier kaum hundert Schritte weit zu sehen. Elend und frierend betete ich in Gedanken immer wieder das Vaterunser.
    Doch dann richtete sich all mein Denken abermals auf eine Frau – freilich nicht auf irgendeine Frau. Und gewiss nicht auf jene Frau, die dort am Wegesrand neben ihrem toten Mann hockte, ein Bündel Lumpen an ihre Brust presste und sich sanft vor- und zurückwiegte.
    Ich bemerkte sie erst, als wir sie schon fast erreicht hatten und ich einen unserer Begleiter eine Warnung ausrufen hörte. Er hatte sie für einen Räuber gehalten, doch als er erkannte, dass es sich lediglich um eine Bauersfrau handelte, steckte er sein Schwert wieder in die Scheide. Wahrscheinlich hätte er sie nicht weiter beachtet und wäre einfach weitergeritten, aber Bruder Subillais bestand darauf, Halt zu

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