Die Novizin
zugelassen werden. Wir taten unsere Arbeit schließlich gewissenhaft. Unsere Mühen galten dem Geist und der Seele, doch wir waren ebenso dem Gesetz verpflichtet.
Sie nannte lediglich zwei Personen – einen wohlhabenden Bürger namens Aimery Maurand und Schwester Agnes Roiand. Die Aussagen der Nonne wurden somit unbrauchbar, doch da Madeleine weder den Müller Almaric du Foix noch den Karrenmacher Pierre Antignac erwähnte, konnte das Verfahren fortgeführt werden.
Ich begann die Befragung Madeleine de Peyrolles’ mit den üblichen Formeln der Handbücher. Sie beharrte darauf, eine gute und treue Anhängerin der Kirche zu sein, stritt jegliches Wissen über Ketzerei ab und leugnete, teuflische Künste benutzt zu haben, um Zaubertränke herzustellen und Menschen zu verhexen.
Meine Fragen wurden direkter. Ich wollte wissen, warum sie sich für ein Leben in der Abtei von Beausaint entschieden hatte. »War es Euer Wunsch, ins Kloster einzutreten und gemäß der Ordensregel zu leben?«
»Meine Eltern haben mich dorthin geschickt, Vater.«
»Um Euch vor öffentlicher Schande zu bewahren?«
»Es war schon lange mein Wunsch, mein Leben Gott zu widmen, Vater.« Ich wünschte, Ihr hättet hören können, wie sie dieses ›Vater‹ aussprach. Vielleicht glaubt Ihr, das Wort könne gar nicht respektlos klingen, aber ich vernahm sehr wohl den Hohn und die List des Teufels in ihrem Tonfall.
»Habt Ihr jemals gesagt, die Kirche sei dermaßen verderbt, dass Ihr sie eher für ein Werkzeug des Teufels haltet?«
Sie schnappte nach Luft. Ich sah ihrem Gesichtsausdruck an, dass ich sie durchschaut hatte. Keiner der Zeugen hatte dies behauptet, doch ich war sicher, dass es zu den Gedanken gehörte, die sie insgeheim hegte.
»So etwas habe ich niemals gesagt!«
»Ihr mögt es nicht ausgesprochen haben, aber Ihr habt es vielleicht gedacht.«
»Ich bin der Kirche sehr zugetan.«
Nun, das behauptete sie.
Früher oder später verrät sich jedes schulderfüllte Herz. Ich erkannte, dass ich geschickt vorgehen musste, wenn ich ihre wahren Gedanken zutage fördern wollte. Also sprach ich mit ihr über andere Dinge, zum Beispiel über die Zeit, die sie in Gesellschaft von Schwester Agnes verbracht hatte. Natürlich antwortete Madeleine äußerst zurückhaltend. Ich wollte Näheres über ihre Aufenthalte im Wald wissen, während derer sie Kräuter für die Cellerarin gesammelt hatte. Madeleine blickte mich finster an.
»Hat Schwester Agnes Euch darum gebeten, Kräuter für sie zu pflücken?«
»Hin und wieder. Rosmarin, Salbei und Knoblauch.«
»Hat sie von Euch verlangt, diese Kräuter auf eine bestimmte Art und Weise zu sammeln?«
»Ja, in einem Korb«, erwiderte Madeleine und kam sich dabei zweifellos sehr schlau vor.
»Ihr seid nach Allerheiligen in das Kloster eingetreten, nicht wahr? Ihr könnt mich gern berichtigen, Madeleine de Peyrolles – aber wie war es Euch möglich, im Winter Rosmarin und Salbei zu finden?«
»Ich habe Kräuter gesammelt, so lange es welche gab. Später suchte ich nach Kastanien, Kiefernzapfen und Eicheln, um daraus Futterbrei zu mischen.«
»Und danach?«
»Danach sammelte ich Holz.«
Ein kluges Mädchen mit einem wachen Verstand. Mir schien jedoch, dass es nur zwei Dinge gab, die Madeleine de Peyrolles im Wald von Beausaint getan haben konnte: Sie hatte sich verbotenerweise mit Sicard Paylaurens getroffen oder an satanischen Riten teilgenommen, wie man es von ihr behauptete.
»Ihr wisst sehr viel über Kräuter, nicht wahr, Madeleine de Peyrolles?«
»Nicht mehr als jede andere Frau.«
»Eure Mutter ist bei Entbindungen zugegen und steht im Ruf, eine Heilerin zu sein, ist es nicht so?«
»Hin und wieder bitten Einwohner der Stadt sie um Hilfe, wenn sie unter Fieber oder Ausfluss leiden.«
»Habt Ihr jemals bestimmte Kräuter gepflückt und sie mit den Haaren oder dem Blut von Toten vermischt, um Eure Feinde zu verhexen?«
Sie blickte mit wütend funkelnden Augen auf. »Wer hat so etwas über mich gesagt?«
»Ihr bestreitet dies also?«
»Natürlich bestreite ich es!«, zischte sie, und dann zeigte sich uns die wirkliche Madeleine de Peyrolles. Sie sprang auf die Füße und verzog ihr Gesicht wie ein Dämon. Ich befahl ihr, sich wieder zu setzen. Sie gehorchte nur widerwillig.
Einen Moment lang wusste ich nicht, wie ich fortfahren sollte. Gemäß den Anweisungen des Heiligen Vaters hatten wir uns ausschließlich damit zu beschäftigen, Häresie aufzuspüren, ohne uns durch Fälle von
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