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Die Novizin

Die Novizin

Titel: Die Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Falconer
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deine Fragen verstanden! Und dennoch willst du, dass sie den Flammentod erleidet?«
    »Sind wir denn auf der Welt, um der Qual des diesseitigen Lebens aus dem Weg zu gehen?«
    »Wir sind nicht hier, um Qual zu verursachen.«
    »Wir sind die Werkzeuge Gottes. Es ist unsere Pflicht, Seelen zu retten. Was ich tue, tue ich aus Liebe. Sollen wir ihre Seele etwa den Teufeln überlassen, die in ihr hausen, sodass sie bis in alle Ewigkeit in der Hölle brennen wird? Wünschst du das?«
    Er schwieg.
    »Möchtest du, dass ich dir nun die Beichte abnehme, Bruder?«
    Zögerlich kam er meinem Wunsch nach und beichtete mit stockender Stimme die Zweifel, die ihn befallen hatten. Doch selbst nachdem ich ihm die Absolution erteilt hatte, vermochte er mir nicht in die Augen zu blicken.
    Ich fragte mich, ob ich meinem Vikar vertrauen konnte.

ELEONORE
    Die langen Stunden der Dunkelheit bedrückten den Geist. Während die Leibeigenen über die matschige Erde stapften und ihre Arbeit taten, kauerten wir uns im Château vor die lodernden Feuer in den Kaminen, zitterten in unseren Mänteln und versuchten, uns aufzuheitern, indem wir den Geschichtenerzählern lauschten.
    Wir bekämpften die Finsternis mit Fackeln aus harzigem Holz. Ihr übel riechender schwarzer Qualm verpestete die Luft und ließ schmierige Flecken auf Wandbehängen und Kleidungsstücken zurück. Manchmal setzten umherfliegende Funken gar die Gobelins in Brand.
    Alle gingen bereits kurz nach dem Abendessen zu Bett. Nachdem die Wachposten aufgestellt und die Tore verschlossen worden waren, folgte ich Raymond die schmale Steintreppe hinauf in unser Schlafgemach im obersten Stock des Hauptturmes. Ich konnte mir vorstellen, dass wir sehr beneidet wurden, denn ein Seigneur und seine Gattin besaßen etwas, was allen anderen verwehrt war – sie schliefen, liebten sich und badeten, ohne gesehen oder gehört zu werden.
    Wahrscheinlich rief auch unser Bett bei denen, die es zu Gesicht bekamen, Sehnsucht hervor. Es hatte riesige Ausmaße, eine weiche Matratze und Kissen, die mit feinsten Daunen gefüllt waren. Wenn ein unangenehmer Luftzug herrschte, ließen sich ringsherum Vorhänge zuziehen. In unserem Gemach befand sich sogar ein kleines Fenster, dessen dickes Glas allerdings selbst bei Tageslicht keine Sicht auf das Tal bot. Unter dem Fenster stand eine Kleidertruhe, die zugleich als Sitzgelegenheit und als Betpult diente.
    Trotz all dieser Bequemlichkeiten beneidete ich manchmal die Knappen und Soldaten, die Dienstmägde und Wäscherinnen, die auf dem Stroh vor den langsam verlöschenden Feuern lagen und sich behaglich aneinanderschmiegten. Als Kind hatte ich eine Zeitlang auf diese Art meine Nächte verbracht und erinnerte mich immer noch an das Gefühl von Kameradschaft, welches ich hier in meinem eigenen Bett niemals empfand.
    Ich sah Raymond dabei zu, wie er seinen Pelzmantel, die Hosen und das Obergewand über das Fußende des Bettes legte. Dann faltete er sorgfältig sein Hemd zusammen und schob es unter das Kopfkissen, was mich überraschte, denn er war schon lange nicht mehr unbekleidet in unser Ehebett gestiegen. Ich wusste, dass diese Tatsache in Küche für viel Klatsch und Tratsch sorgte. Es stellte eine absichtliche Demütigung dar, die eheliche Schlafstatt bekleidet aufzusuchen. Nichts anderes hätte mich tiefer verletzen können.
    Selbstverständlich gab Raymond mir die Schuld daran, dass ich ihm keine Kinder gebar. Und zurzeit machte er mich auch noch für seine Schwierigkeiten mit dem Inquisitor verantwortlich. Ich hatte einen entehrten Familiennamen mit in unsere Ehe gebracht, durch den nun auch sein Name befleckt war.
    Als ich ihn nun nackt die Bettvorhänge zuziehen sah, fragte ich mich, was ihn zu seiner Meinungsänderung bewegt haben mochte. Vielleicht verspürte er das einfach Bedürfnis, bei seiner rechtmäßig angetrauten Frau zu liegen, statt sich auf hastige Art an einer Küchenmagd zu befriedigen. Ich konnte ihn natürlich nicht zurückweisen, aber ich hoffte, dass er nicht von mir erwartete, seine Umarmungen nach so langer Zeit besonders liebevoll zu erwidern.
    Er löschte die Kerzen. Es fiel leichter, sich im Dunkeln zu umarmen, da man dann nicht gezwungen war, einem Gemahl direkt in die Augen zu blicken, dem man nicht wirklich vertraute.
    Wir verhielten uns wie zwei Feinde, die eine Waffenruhe vereinbart haben. In den vergangenen Monaten hatte ich mich zwar oft nach Raymonds Berührung gesehnt, doch meine Ressentiments ließen sich nicht so

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