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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
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demonstrieren. Das kontinuierliche Scheitern der Ingenieure beim Abdichten des Lecks zeigte indes überdeutlich, dass in derartigen Fällen der Handlungsspielraum des Präsidenten letztlich äußerst begrenzt war.
    Anstatt zu zeigen, wie nah der Präsident den Nöten und Sorgen seines Volkes war, hatte die Rede genau das Gegenteil bewirkt. Allein und ohne Publikum hinter seinem Schreibtisch wirkte Obama wie eingemauert, abgeschnitten von der Außenwelt.

Kapitel 10: Malias große Flucht
    Juni – Juli 2010
    I m Sommer 2010 schmückte ein riesiges Hochglanzfoto einen Flur im Westflügel: Malia und Sasha Obama in der Air Force One, ihre Namen weiß in die Sitze eingestickt, auf dem Tisch vor ihnen ein Stapel Zeitschriften neben einer unberührten Obstschale. Malia, im Juli zwölf, schaute gedankenverloren aus dem Fenster. Die fast neunjährige Sasha saß verkehrt herum neben ihrer Schwester, der Kopf hing über die Sitzfläche herunter, die Beine waren über die Kopfstütze gestreckt.
    Vor dem Bild blieb man stehen. Es war ein Porträt, das die Fragen und Widersprüche im jungen Leben der Präsidentenkinder ahnen ließ. Ihre beneidenswerten Privilegien wurden gezeigt: eigene Sitze in der Präsidentenmaschine, die Möglichkeit, auf diplomatische Reisen mitgenommen zu werden. Man sah, wie anziehend die Obama-Kinder waren – Malia anmutig und nachdenklich, Sasha immer zu Späßen aufgelegt, beide im Vergleich zu früheren Präsidentenkindern ganz unbefangen. Das Foto zeigte, wie jung Sasha noch war, den Schalk im Nacken und zu energiegeladen, um auf einem Flug stillsitzen zu können. Es war keine private Aufnahme – ein Fotograf des Weißen Hauses hatte sie gemacht und in einem Büroflur aufgehängt –, aber sie war der breiten Öffentlichkeit auch nicht zugänglich, denn sie war nie freigegeben oder abgedruckt worden.
    Das wiederum spiegelte den unbestimmten Status der Obama-Mädchen wider: Sie waren keine Privatpersonen mehr, aber ganz gewiss auch keine Personen des öffentlichen Lebens wie ihre Eltern. Auf der Liste der Menschen, die Barack und Michelle Obama unbedingt vor dem manchmal vergiftenden Einfluss der öffentlichen Meinung bewahren wollten, standen ihre Kinder ganz oben. Kaum etwas war ihnen wichtiger, als dass Malia und Sasha so natürlich und unbefangen wie möglich aufwachsen konnten. Gleichzeitig belegten Umfragen, dass die Familie Obama besser ankam als die Politik des Präsidenten. Barack Obama wusste um diesen positiven Effekt und erwähnte Malia und Sasha immer öfter in seinen Reden. Doch inwieweit instrumentalisierte er seine Kinder tatsächlich für politische Zwecke? Eine heikle Frage.
    Schon lange bevor die Aufnahme in der Air Force One entstand, hatten sich die Obamas damit auseinandergesetzt. Von Anfang an hatten sie sich Sorgen darum gemacht, ob Elternschaft und Politik zu vereinbaren seien.
    Die Eltern hatten 1999 die einjährige Malia einmal mit auf eine Dinnerparty in das Stadtviertel Hyde Park genommen. Barack und Michelle seien so vernarrt in ihre Tochter gewesen, dass sie sie nicht bei einem Babysitter zu Hause lassen wollten, so die Gastgeberin, Elizabeth Brackett. Barack war damals seit drei Jahren Senator von Illinois, und die beiden Obamas fragten sich beunruhigt, wie man in der Politik erfolgreich sein und zugleich gesunde, ausgeglichene Kinder großziehen konnte. Sie wandten sich ratsuchend an die Tischrunde: »Sie hatten die anderen Gäste erst an dem Abend kennengelernt, aber sie waren vollkommen offen«, sagte Brackett. »Es war fast schon ein bisschen peinlich.« So dringlich erschien den Obamas das Problem, dass sie sich kaum bremsen konnten.
    Anfangs zeigten sich Malia und die 2001 geborene Sasha desinteressiert, was die Arbeit ihres Vaters anging. Als er 2004 die Vorwahlen der Demokraten für den US -Senat gewann, sah die noch nicht sechsjährige Malia den Jubel im Fernsehen. Aber erst Stunden später fragte sie ihre Eltern: »Haben wir denn gewonnen?«, so Kaleisha Page, eine Mitarbeiterin. Niemand hatte realisiert, dass ihr das gar nicht klar gewesen war.
    Nach der Grundsatzrede ihres Vaters auf dem Nominierungsparteitag der Demokraten einige Monate später brach die Familie zu ihrer ersten Wahlkampfreise durch das südliche Illinois auf. Der Kandidat sollte im Kernland des Mittleren Westens bekannt gemacht werden und Menschen ansprechen, die noch immer befürchteten, Barack Obama sei ein typischer schwarzer Politiker. (Am Abend seines Vorwahlsieges hatten

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