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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
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sei, doch andere Mitarbeiter meinten, Obama habe damals schon weiter gedacht. »Der Präsident hat Rahm immer zu schätzen gewusst«, sagte einer von ihnen. Er sei aber zu sehr mit seiner Rolle verwachsen und der Präsident nicht ohne weiteres bereit gewesen, »operative Alleingänge zu entschuldigen oder über sie hinwegzusehen«. Obama sprach bereits von einem neuen Stabschef für die Zeit nach den Zwischenwahlen, von »jemandem mit der Energie und dem Antrieb von Rahm, aber dem Organisationstalent von Pete«. Gemeint war Pete Rouse, der als Kandidat durchaus in Frage kam. Am Ende des Sommers sprach sogar David Axelrod davon, dass Emanuel gehen müsse. Und das, obwohl er ihm als sein Trauzeuge wirklich nahestand.
    Brisant wurde die Angelegenheit im Juni durch eine kaum beachtete Rede des Präsidenten zum Thema Einwanderung. Obama wollte unter allen Umständen das schlecht verwaltete amerikanische Einwanderungssystem, das ungeheures menschliches Leid verursachte, einer Generalüberholung unterziehen. Er hatte im Wahlkampf 2008 gelobt, sich der Sache anzunehmen, und würde 2012 vor den Wählern lateinamerikanischer Herkunft Rechenschaft ablegen müssen.
    Das Vorhaben war ursprünglich von beiden Parteien unterstützt worden, einschließlich seines republikanischen Amtsvorgängers, doch in den letzten Jahren hatte die Einwanderungsdebatte zunehmend einen unschönen Ausländer-raus-Unterton angenommen, weshalb die Republikaner und einige Demokraten sich von der Sache abwandten. Im Wahlkampf hatte Obama einen Zweistufenplan vorgeschlagen: ein zunehmend schärferes Vorgehen gegen illegale Einwanderer und die Beschäftigung illegaler Ausländer einerseits und andererseits Erleichterungen bei der Einbürgerung derer, die sich bereits in den Vereinigten Staaten aufhielten. Bis zum Sommer 2010 hatte der Präsident wichtige Eckpfeiler der ersten Stufe eingeschlagen und damit etliche Latino-Gruppen und andere Anhänger vor den Kopf gestoßen. Aber um die zweite Stufe einzuleiten, fehlten ihm wichtige Stimmen der Republikaner. Er hatte den schwierigeren Teil seiner Einwanderungspolitik umgesetzt, kam jedoch mit dem eine humanere Zuwanderungspolitik regulierenden Teil nicht durch, was ihm nach Aussagen von Mitarbeitern sehr zu schaffen machte. Der Plan für eine umfassende Reform lag seit Jahren auf dem Tisch, doch die politische Lage verhinderte jeden Fortschritt. »Es gibt einfach Sachen, die an ihm nagen – das ist eine davon«, sagte Axelrod.
    Aber auch Michelle Obama wollte endlich eine Lösung für das Einwanderungsproblem sehen. Sie hatte einige Wochen vor Obamas kaum beachteter Juni-Rede zur Einwanderungspolitik eine Grundschule in Maryland besucht, und ihr war von einer dunkelhaarigen Zweitklässlerin, die im Schneidersitz auf dem Turnhallenboden saß, die Frage gestellt worden, warum der Präsident »alle wegschafft, die keine Papiere haben«.
    »Das ist etwas, woran wir arbeiten müssen, nicht wahr?«, hatte Michelle Obama geantwortet. »Wir müssen dafür sorgen, dass die Leute mit den richtigen Papieren hierbleiben können.«
    »Aber meine Mom hat keine Papiere«, hatte das Mädchen erwidert.
    »
Alle
im Kongress müssen zusammenarbeiten, damit da etwas geschieht«, lautete die Antwort der First Lady.
    Der Wortwechsel sei für Michelle Obama kaum zu ertragen gewesen, berichtete ein Mitarbeiter hinterher. Schließlich hatte sich die Episode vor laufenden Kameras abgespielt, und die Schülerin hatte, ohne es zu wollen, ihre Mutter in Gefahr gebracht. Es machte Michelle erneut klar, wie viele Menschen unschuldig in einem Teufelskreis feststeckten, aus dem es keinen Ausweg gab, solange der Präsident keine Erleichterungen bei der Einbürgerung durchsetzen konnte. Die First Lady war der Meinung, dass sie sich besser nicht einmischte, denn hätte sie klar Stellung bezogen, wäre die Sache mit Sicherheit nach hinten losgegangen. Ihr blieb also nur der Appell an die Republikaner, den passiven Widerstand in dieser Frage aufzugeben, doch der Ruf verhallte.
    Nach Aussagen von Mitarbeitern bestärkte die Episode in Maryland den Präsidenten in seiner Überzeugung, dass er die Einwanderungsreform vorantreiben und sich eine neue Koalition von Befürwortern suchen musste. Seit langem hatte er davon gesprochen, dass er eine Rede zu diesem Thema halten wolle, die genauso mitreißend und bewegend sein solle wie seine berühmte Wahlkampfrede über Rassenprobleme. Nun sei der Zeitpunkt dafür gekommen.
    Emanuel hatte Mitarbeitern

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