Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
Vom Netzwerk:
das Andenken an Ground Zero entweihen. Eine Woche zuvor hatte Gibbs verlauten lassen, das Weiße Haus werde sich aus dem Streit heraushalten. (Emanuel war der Ansicht, dass es sich um eine emotional aufgeladene Debatte von überwiegend symbolischer Bedeutung handelte, die – wie die Einwanderungsfrage – vor den Zwischenwahlen ein zu heißes Eisen war.)
    In seiner Ansprache bei dem Dinner äußerte sich der Präsident dann trotzdem dazu. Er hatte eine ganz entschiedene Haltung in der Frage und wollte sich einschalten. »Muslime haben die gleichen Rechte zur Ausübung ihrer Religion wie alle anderen hierzulande«, sagte er. »Dazu gehört auch das Recht, auf einem Privatgrundstück im südlichen Manhattan eine Andachtsstätte und ein Kulturzentrum zu errichten, in Übereinstimmung mit den örtlichen Gesetzen und Vorschriften.«
    Für die New Yorker Medien war das ein gefundenes Fressen. » PRÄSIDENT : BAUT DIE MOSCHEE «, war am nächsten Morgen auf der Titelseite der
Daily News
zu lesen. » ALLAH AN MEINER SEITE «, titelte die
New York Post.
Und die Schlagzeile der
New York Times
lautete: »Obama befürwortet Islamisches Zentrum unweit 9 / 11 -Gelände«. Playbook, der vielgelesene morgendliche Newsletter von
Publico.com
, widmete fast den gesamten Platz den Reaktionen auf die Äußerungen des Präsidenten und prophezeite, sie würden noch mehr Kontroversen auslösen als seine Kritik an der Polizei von Cambridge im Fall Henry Louis Gates ein Jahr zuvor.
    Auf dem Flug nach Florida ereiferte sich der Präsident im privaten Kreis über die Berichterstattung in den Medien. Die Schlagzeilen verkürzten in fahrlässiger Weise seine Aussage: Er habe nicht den Bau des Islamischen Zentrums gutgeheißen, sondern nur gesagt, dass Muslime das Recht hätten, Andachtsstätten zu bauen. Ein paar Stunden später, als er an einer Gruppe von Reportern vorbeikam, blieb er stehen und zog vom Leder: »Ich habe mich nicht dazu geäußert und werde es auch nicht tun, ob es klug ist, dort eine Moschee hinzusetzen«, sagte er. »Ich habe mich ganz präzise zu einem Bürgerrecht geäußert, das auf die Anfänge unseres Staatswesens zurückgeht.«
    Diese Äußerungen wurden in Windeseile verbreitet und kommentiert: Der Präsident habe seine Erklärung vom Abend zuvor abgeschwächt und rudere zurück; angesichts der Kritik trete er nur noch unter Vorbehalt für das Islamische Zentrum ein. Obama wurde noch wütender. Hörten die Presseleute ihm überhaupt zu? Begriffen sie nicht, dass verfassungsmäßige Rechte auch für unpopuläre Projekte galten? Er wolle in den hinteren Teil der Maschine gehen, wo die Presseleute saßen, um seinen Standpunkt noch einmal zu erläutern, sagte er zu seinen Beratern, doch sie meinten, damit würde er die Sache nur weiter verschlimmern. Stattdessen gab das Weiße Haus seine dritte Stellungnahme innerhalb von vierundzwanzig Stunden heraus: Der Präsident distanziere sich keineswegs von seiner Erklärung vom Abend zuvor.
    In Washington raufte sich Emanuel tagelang die Haare über die Äußerungen des Präsidenten. Obamas Erklärung war zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt gekommen, beklagte er sich bei anderen: Das Ölleck im Golf von Mexiko war endlich abgedichtet, das Weiße Haus könne wieder zur Tagesordnung übergehen, und ausgerechnet jetzt müsse der Präsident erneut in ein Hornissennest stechen. Emanuel sprach überraschend persönlich über die Äußerungen des Präsidenten, erinnerte sich ein anderer Berater, er erwähnte sogar seine Freunde im Kongress, denen man Fragen über die Moscheen stellen werde, und über die jüdischen Wähler, die ihn in der Synagoge darauf ansprechen würden.
    Unterdessen hatten die Obamas offenbar kein Problem damit, Sasha nach Florida mitzunehmen – womöglich, so vermutete ein Berater, genoss sie als Einzige die Reise wirklich. Ursprünglich war vorgesehen, keine Fotos vom Bad der Familie im Golf für die Pressearbeit zu verwenden, doch der Präsident überraschte seine Mitarbeiter mit der Bitte, eines, auf dem er und Sasha gemeinsam schwammen, freizugeben. Wieder einmal sorgte eine bezaubernde Obama-Tochter in einem entscheidenden Moment für ein positives Image.
    Die Spanienreise, die Einwanderungsrede, die Erklärungen zu dem Islamischen Zentrum – es war, als scherten sich die Obamas vorübergehend nicht mehr um die öffentliche Meinung und die Ratschläge ihrer politischen Mitarbeiter. Sie hatten offenbar das Gefühl, dass die Menschen ihre Motive und

Weitere Kostenlose Bücher