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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
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Mal seit der Amtseinführung sein zentrales Versprechen zu parteiübergreifender Zusammenarbeit einlöste. Aus dem Flugzeug rief er Senator Mitch McConnell und den künftigen Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner, an und kostete jedes Wort der Unterhaltung aus, so ein Mitarbeiter. Endlich hatte er auch republikanische Stimmen bekommen, nicht nur beim Steuergesetz, sondern auch bei der Liberalisierung der Homosexualität, beim Rüstungsabkommen und anderen Vorhaben. »Er hat diese Phase nach den Wahlen nicht nur deshalb genossen, weil so viel erreicht worden ist, sondern weil man die Ziele dank überparteilicher Kooperation umsetzen konnte – und daran lag ihm im Grunde viel mehr«, so Jarrett.
    Der Präsident glaubte sogar, die neue Ära der republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus könnte sich überraschend günstig für ihn auswirken. »Ironischerweise könnte es leichter für ihn werden, mit den Republikanern gemeinsam zu Ergebnissen zu kommen, weil sie nicht mehr einfach zu allem nein sagen können, wie sie das anfangs getan haben«, meinte Jarrett damals. Da war er wieder, der ewige Optimist Obama, überzeugt davon, dass sich alles schon zu seinen Gunsten richten würde – selbst eine republikanische Mehrheit. Auf einer Pressekonferenz äußerte sich Obama auch selbst in diesem Sinne: »In den nächsten beiden Jahren werden die Republikaner mir zeigen müssen, wozu sie in der Lage sind.« Was sie dann auch taten.

Kapitel 14: Alles wird politisch
    Januar – April 2011
    W elche Konsequenzen Barack Obama aus der Niederlage bei den Zwischenwahlen ziehen sollte, war im November noch kaum abzusehen. Mit Jahresbeginn wurde jedoch deutlich: Er war endlich bereit zu größerer Offenheit.
    Obama hatte in seinem Leben schon einige bemerkenswerte Wandlungen vollzogen: von einem in Indonesien und Hawaii aufgewachsenen Jungen zu einem Mitglied der schwarzen Gemeinde in Chicago; vom Atheisten zum Christen; vom engagierten Sozialarbeiter mit Afro-Krause zum Stolz der Harvard Law School; vom detailversessenen Akademiker zum Präsidentschaftskandidaten, der Zehntausende begeistern konnte, und schließlich zum ersten schwarzen Präsidenten der größten Weltmacht. Jetzt richtete er sein beachtliches Potenzial zur Selbstvervollkommnung auf neue Fertigkeiten aus: Er schüttelte Hände, signalisierte Kompromissbereitschaft, plauderte, beschwichtigte, umwarb, verhandelte und suchte Verbündete zu gewinnen. Natürlich hatte Obama immer schon Hände geschüttelt, Entscheidungen von Umfrageergebnissen abhängig gemacht oder Mitgliedern einer ethnischen Minderheit gesagt, was sie hören wollten. Aber jetzt stürzte er sich gezielt und mit demselben Ehrgeiz, den er auf der Bowlingbahn entwickelt hatte, auf die eher diplomatischen Notwendigkeiten des Präsidentendaseins.
    Die Niederlage bei den Zwischenwahlen, die an Obama abgeprallt zu sein schien, hatte im Gegenteil seinen natürlichen Kampfgeist geweckt, ja befeuert. Es war keine Rede mehr davon, dass er und die First Lady mit einer Amtszeit zufrieden seien und dass er die richtigen Entscheidungen treffen werde, ungeachtet des politischen Preises, den er dafür zahlen musste. Auf einmal kam ein neuer Ton in seine Aussagen: Auf keinen Fall werde er 2012 einen Republikaner die Wahl gewinnen lassen, verkündete er seinen Beratern. Er blieb dabei, dass es Grenzen dafür gab, wie weit er sich auf Kosten seiner Überzeugung politisch aus dem Fenster zu lehnen bereit war, aber er wolle auf jeden Fall die Wechselwähler zurückholen, die er 2008 für sich gewonnen und bis 2010 wieder verloren hatte. Die schwache Wirtschaft schien sich tatsächlich zu erholen, und Obamas Umfragewerte stiegen ebenfalls wieder an. Und er wollte es noch immer nicht aufgeben, die Menschen von der Gesundheitsreform zu überzeugen, auch wenn er das Thema vorübergehend auf Eis gelegt hatte.
    Nachdem er die Neuorganisation seiner Verwaltung so lange vor sich hergeschoben hatte, ließ er nun keinen Stein mehr auf dem anderen: Er schuf hierarchischere Strukturen, um für die neuen Mehrheitsverhältnisse im Kongress und die Präsidentschaftswahl 2012 gewappnet zu sein. Emanuel, Axelrod, Gibbs und Summers waren im Begriff, aus dem Stab auszuscheiden, oder würden es bald tun. (Axelrod hatte ursprünglich angedeutet, er werde länger bleiben, aber nun wurde sein Abschied schon für Ende Januar angekündigt; Gibbs verließ das Weiße Haus mit unbekanntem Ziel. Beide Männer behaupteten beharrlich, ihr

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