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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
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darüber, dass sie und ihre Familie die afroamerikanischen Vorbilder schlechthin für das ganze Land, ja, für die ganze Welt waren. Die Obamas wollten Klischees abbauen – auch deshalb hatten sie kandidiert, auch deshalb wollte Michelle, dass alles so schön und kultiviert wie möglich wirkte. Sie wusste, wie hartnäckig sich negative Vorurteile über Farbige hielten – das hatte ihr die missverständliche Berichterstattung über verschiedene ihrer Wahlkampfauftritte einmal mehr bewiesen. In ihrer neuen Rolle als First Lady sah sie die einmalige Chance, diese Vorurteile zu relativieren.
    Michelle Obama hatte immer genau gewusst, wer sie war und wo sie herkam: eine stolze Tochter der Chicagoer South Side. Sich einer gesellschaftlichen Schicht zuzuordnen, fiel ihr jedoch sehr viel schwerer. In finanzieller Hinsicht hatte sie einen rasanten Aufstieg hinter sich, und als Frau wechselte sie zwischen zwei Rollen hin und her: der praktisch denkenden Mama, die einen Kinderwagen durch ein Kaufhaus schob, und der mondänen Dame, die bei offiziellen Anlässen in einer Designerrobe durch das Weiße Haus schritt.
     
    Ihrem Mann selbst widerstrebte es, die mediale Macht des Präsidentenamtes auszunutzen. Er mied Veranstaltungen vor spektakulärer Kulisse, wie es etwa Ronald Reagan und George W. Bush getan hatten – und dafür kritisiert worden waren. Seine Frau legte jedoch größten Wert darauf, wie die Dinge wirkten. Auf Auslandsreisen nahm sie tatsächlich einen Assistenten eigens für ihre Garderobe mit, sie wollte ihren Stylisten und Coiffeur dabeihaben, und die Umgestaltung der Privaträume im Weißen Haus vertraute sie nicht etwa unbekannten Designern an, sondern dem Hollywood-Innenarchitekten Michael Smith, der schon für Steven Spielberg und Rupert Murdoch gearbeitet hatte.
    »Ich muss hier einfach Erfolg haben«, sagte sie einer Mitarbeiterin zufolge über ihre Position als First Lady. Kritik an ihren Entscheidungen wollte sie nicht hören. Bestärkt wurde Michelle Obama von ihrer neuen Privatsekretärin Desirée Rogers. Auch sie war unerfahren in Washington und in Regierungskreisen, aber sie hatte einen Harvard-Abschluss, einen ausgezeichneten Geschmack und ein tiefverwurzeltes Bewusstsein, was es hieß, als Afroamerikanerin im Licht der Öffentlichkeit zu stehen. In Chicago waren die beiden keine engen Freundinnen gewesen – sie kannten sich hauptsächlich durch Valerie Jarrett –, und wo Michelle Obama präzise und pragmatisch war, konnte Desirée Rogers geradezu lässig sein. Doch in den ersten Monaten im Weißen Haus hielten die beiden Frauen eng zusammen.
    Das Kreisen um Stilfragen stieß den politischen Beratern des Präsidenten, insbesondere Gibbs, jedoch unangenehm auf. Im Westflügel bemühte man sich, eine angemessene Reaktion auf die Arbeitslosigkeit, verschiedene Rettungsaktionen angesichts der Wirtschaftskrise und Bonuszahlungen an Banker zu finden. Dort wusste man um den Ärger und die Unzufriedenheit der Bevölkerung, während man im Ostflügel nicht einen einzigen Gedanken daran zu verschwenden schien. Dabei war das doch genau der Punkt gewesen: dass die Obamas aus bescheidenen Verhältnissen stammten, dass Barack Obama eine normalere Frau, eine normalere Familie hatte als viele andere Politiker. Wenn es nach den Beratern des Präsidenten ging, sollte alles geschmackvoll, aber preislich moderat bleiben, so wie die Kleider von der Stange, Kostenpunkt im zwei-, dreistelligen Bereich, die Michelle Obama während des Wahlkampfs so viel Beifall eingebracht hatten. Ein Mitarbeiter sagte, er mache sich auch Sorgen wegen der Konzerte im East Room des Weißen Hauses, die vom Public Broadcasting Service PBS übertragen wurden und bei denen Musiker wie John Legend und Sheryl Crow auftraten. Alles, was danach aussehe, »dass der Präsident und die First Lady Privilegien genießen, die andere nicht haben«, sei ein Problem. Da die Kritik an den hohen Ausgaben der Obamas immer lauter würde, sei alles, was nach Luxus aussehe – auch wenn es aus privaten Mitteln finanziert werde –, ein falsches Signal.
    Am strengsten zeigte sich hier Robert Gibbs – er war einer der wenigen im Weißen Haus, die Michelle Obama konfrontierten, und sei es auch oft durch Mitarbeiter. Er wusste genau, dass ein einziger Fehlgriff das öffentliche Image für immer zeichnen konnte, besonders wenn eine Anschaffung im Spiel war, die sich die wenigsten leisten konnten. »Wir haben alle schon erlebt, was passiert, wenn jemand

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