Die Obamas
Schwarzen, ein Fehler unterlief«, sagte eine ehemalige Mitarbeiterin.
Selbst der Präsident brachte sein Unbehagen darüber, dass seine Frau so viele neue Sachen brauchte, hin und wieder mit einem Witz zum Ausdruck. Hinter den Kulissen, so ein Mitarbeiter, hatten die Obamas Geldsorgen: Von den Büchern des Präsidenten konnten nicht unbegrenzt Exemplare verkauft werden, es würde Jahre dauern, bis er wieder schreiben und bis auch die First Lady als Autorin tätig werden konnte. Ihre Lebenshaltungskosten hingegen waren beträchtlich gestiegen – angefangen bei den gesellschaftlichen Events, die sie im Weißen Haus ausrichteten, bis hin zu den Kosten für die Unterbringung der Personenschützer während der Ferien.
Die Einladung, für die
Vogue
zu posieren, kam kurz vor der Amtseinführung Barack Obamas und löste bei Michelles Beratern gemischte Reaktionen aus. Doch sie tat solche Bedenken mit einer schroffen E-Mail ab, in der Art: Wenn ihr nicht wisst, wie ihr einen negativen Beigeschmack verhindert, dann habe ich offensichtlich das falsche Team, erinnerte sich ein früherer Mitarbeiter. Zur Erörterung der Angelegenheit wurde schließlich eine Telefonkonferenz anberaumt, an der Michelle Obama, Valerie Jarrett, Anita Dunn, Desirée Rogers und Jackie Norris teilnahmen.
Gleich in den ersten Minuten tat sich zwischen den Frauen ein Graben auf. Die beiden Weißen, Anita Dunn und Jackie Norris, hatten Bedenken, weil die
Vogue
ein reines Modemagazin sei, in dem 10000 -Dollar-Handtaschen beworben würden und das am Kiosk stolze 5 Dollar koste. Michelle Obama sei eine Frau von Format, die ihre Arbeit in den Dienst des Gemeinwohls gestellt habe. Ob sie allen Ernstes Amerikas größte Mode-Ikone werden wolle? Die Afroamerikanerinnen Desirée Rogers, Valerie Jarrett und die künftige First Lady aber plädierten für die Aufnahmen – auch deshalb, weil so selten schwarze Frauen auf den Titelseiten der großen Modemagazine zu sehen waren.
Michelle Obama hörte sich zwar sämtliche Argumente an, blieb aber bei ihrer Entscheidung: Sie würde die Einladung annehmen. »Ich muss mich ja nicht in einem 20000-Dollar-Kleid fotografieren lassen«, sagte sie. Bei Aufnahmen für andere Zeitschriften habe sie ihre Garderobe stets selbst gewählt, und das werde sie auch diesmal tun. »Ich möchte, dass die vielen jungen Frauen überall im Land eine Schwarze auf der
Vogue
sehen«, beschied sie. Als Gegengewicht zum Glamour der Zeitschrift wolle sie versuchen, inhaltlich etwas zum Thema Frauen und Macht einzubringen.
Am Ende stießen die Aufnahmen in der
Vogue
kaum auf Kritik. Michelle Obama trug Kleider von J. Crew und Jason Wu, einem jungen Designer, dessen Mode gewöhnlich für einen Betrag im unteren vierstelligen Dollarbereich zu haben war. In dem harmlosen Interview sprach sie von ihrem Wunsch, »das Weiße Haus mit einem Geist der Wärme, Offenheit und Beständigkeit« zu erfüllen und auch weiterhin eine ganz normale Mutter zu sein, die ihre Kinder morgens zur Schule bringt. Die Titelseite zeigte sie schüchtern lächelnd in einem Kleid von Wu; der Text daneben lautete: »Die First Lady, auf die die Welt gewartet hat.«
Michelle Obamas Wunsch, von jungen farbigen Frauen auf der Titelseite der
Vogue
gesehen zu werden, sprach für sich. Wenn es eines gab, worauf sie sich verstand, dann darauf, zu jungen Menschen eine Beziehung aufzubauen, speziell zu Außenseitern im weiteren Sinne. In ihren ersten Monaten im Weißen Haus, als sie sich vor Einladungen zu Vorträgen kaum retten konnte, hatte sie neue Vereine unterstützt oder sich für die Gruppen interessiert, die auf der untersten gesellschaftlichen Stufe angesiedelt waren – Veranstaltungen also, auf denen noch nie eine First Lady zu Gast gewesen war. Vergleichsweise wenig war ihr daran gelegen, die Mächtigen mit ihrer Anwesenheit zu beehren oder auf Abschlussfeiern von Eliteuniversitäten zu sprechen. Am liebsten waren ihr in den ersten Monaten als First Lady jene Termine, bei denen prominente Frauen Patenschaften in Washingtoner Schulen übernommen hatten. Inmitten einer buntgemischten Gruppe von Highschool-Schülerinnen und hochqualifizierten Frauen war sie in ihrem Element. »Bei jeder Veranstaltung, die wir besuchen, möchten wir jemandem eine Tür öffnen«, sagte die stellvertretende Chefin ihres Mitarbeiterstabs Melissa Winter. Statt am Rednerpult zu stehen, nehme die First Lady lieber an Veranstaltungen teil, bei denen sie eine emotionale Verbindung zum
Weitere Kostenlose Bücher