Die Obamas
den Obamas jedoch nur selten gelungen, sich abzusetzen, aber Barack hatte seiner Frau versprochen, sie in New York zum Abendessen und zu einer Broadway-Show auszuführen, sobald alles vorüber wäre.
Ihr gemeinsamer Abend stellte nur eine winzige Atempause in einem hektischen Frühjahr dar. Erst wenige Tage zuvor hatte Obama Sonia Sotomayor zur Richterin am Obersten Gerichtshof ernannt. Sie war die dritte Frau überhaupt und die erste Hispano-Amerikanerin in dieser Funktion.
Ein paar Tage später sollte Obama nach Kairo reisen, um für eine intensivere Zusammenarbeit und friedlichere Beziehungen zwischen den USA und der muslimischen Welt zu werben. Die Wirtschaft schien im Begriff, sich zu stabilisieren, auch wenn sie sich noch nicht ganz erholt hatte, und der Präsident trieb die beiden drängendsten innenpolitischen Projekte voran, denen er für seine Amtszeit Priorität eingeräumt hatte – die Reform der Gesundheits- sowie der Energiepolitik.
Ein Gesetzesentwurf zur Reduzierung der Treibhausgase und damit der globalen Erwärmung wurde bereits im Repräsentantenhaus verhandelt und sorgte für reichlich Nervosität bei den Demokraten. Für die Republikaner war der Entwurf ein weiterer Beleg für Obamas Hang zu leichtfertiger Geldverschwendung, und sie prophezeiten eine Belastung der Haushalte und die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland. Mitten in dieser hektischen Phase waren aus heiterem Himmel weitere Probleme aufgetaucht: Ein seltenes Virus war von Schweinen auf den Menschen übergesprungen, weltweit erlagen Tausende der sogenannten Schweinegrippe, und die amerikanischen Gesundheitsbehörden mussten in kürzester Zeit einen Präventivplan erarbeiten. Außerdem war der amerikanische Kapitän eines Containerschiffs vor der afrikanischen Küste von somalischen Piraten als Geisel genommen worden; er hatte erst befreit werden können, nachdem der Präsident eine gewagte Rettungsaktion durch ein SEAL -Kommando der Marine angeordnet hatte. Alles in allem vielleicht nicht gerade der ideale Zeitpunkt für einen Trip nach New York – zumindest nicht aus Sicht der politischen Gegner, wie sich rasch zeigen sollte.
Für das Abendessen mit anschließendem Besuch einer Broadway-Show flog das Präsidentenpaar mit dem Hubschrauber vom Weißen Haus zum Flughafen, von dort mit einer abgespeckten Version der Air Force One nach New York. Es folgten ein spektakulärer Hubschrauberflug über die Brooklyn Bridge und eine Fahrt mit Motorradeskorte durch abgesperrte Straßen, vorbei an jubelnden Passanten. Die Obamas aßen im Blue Hill, einem für seine hochpreisigen Gerichte aus frischen Zutaten bekannten Restaurant, und eilten danach zum Broadway, um sich August Wilsons
Joe Turner’s Come and Gone
anzusehen. Die Show fing mit Verspätung an, weil alle Besucher eine Sicherheitsschleuse passieren mussten. Als die Obamas, kurz bevor sich der Vorhang öffnete, den Saal betraten, wurde minutenlang applaudiert.
Während die beiden ihren Abend genossen, ahnten sie nicht, dass sie deswegen bereits attackiert wurden. Die Pool-Journalisten hatten den Aufenthaltsort des Präsidenten publik gemacht – Stunden, bevor die Obamas nach Hause kamen, veröffentlichte das Republican National Committee eine Presseerklärung: »Während Präsident Obama sich mit der Air Force One ins Theaterviertel von Manhattan fliegen lässt, um sich eine Broadway-Show anzusehen, geht General Motors in die Insolvenz und Familien in ganz Amerika kämpfen um ihre Existenz«, war dort zu lesen. »Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Samstagabend, auch wenn Sie gerade nicht auf Kosten der Steuerzahler in der Weltgeschichte herumjetten.« Die Obamas hatten sowohl die Eintrittskarten für die Broadway-Show als auch ihr Dinner selbst bezahlt; für die Transportkosten hingegen kam die Regierung auf. Auch wenn dies schon bei allen Amtsvorgängern so der Fall gewesen war – nicht zuletzt um höchste Sicherheitsstandards zu garantieren –, war der Ausflug Wasser auf die Mühlen der Republikaner, die behaupteten, der Präsident gehe verschwenderisch mit dem Geld anderer Leute um und habe die Bodenhaftung verloren. Schließlich diskutierten Experten im Fernsehen über das Thema.
In der Regel war es die First Lady, die sich hinter verschlossenen Türen über Angriffe aufregte, während ihr Mann sie beschwor, alles einfach an sich abprallen zu lassen. Aber diesmal platzte auch dem Präsidenten der Kragen. »Wäre ich nicht der Präsident, würde ich mich mit
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