Die Obamas
meiner Frau in den Zug setzen und sie in eine Broadway-Show ausführen, wie ich es ihr während des Wahlkampfs versprochen habe, und es gäbe keinen großen Zirkus und keine Fotografen, und das würde mir sehr gut gefallen«, sagte er in einem Interview Monate später. »Es war einfach eine Art Wiedergutmachung für sie.«
Die Republikaner kritisierten ihn wegen etwas, das er als seine Privatangelegenheit betrachtete. Der traditionelle Ausgehabend mit seiner Frau, der früher nur ihnen beiden gehört hatte, war zu einem Medienereignis geworden, zum Gegenstand öffentlicher Anfeindungen und landesweiter Debatten. Aus Naivität oder Arroganz, ob nun ihr oder sich selbst zuliebe, glaubte Obama immer noch, er könne seine Frau und sein Privatleben aus der Politik heraushalten. »Was ich an meiner Ehe am meisten schätze, ist die Tatsache, dass sie fast nichts mit dem Zirkus in Washington zu tun hat und Michelle kein Teil dieses Zirkus ist«, sagte er. »Und ich will, dass das so bleibt.«
Doch dieser Konflikt offenbarte nur einen Teil des Problems: Welche Folgen würde es haben, dass Michelle unfreiwillig in eine ihr fremde Rolle und Lebensweise gedrängt wurde? Würde Barack Obamas Arbeit als Präsident dadurch beeinträchtigt, dass er gleichzeitig versuchte, seine Frau glücklich zu machen und sie für seine Entscheidung zu entschädigen, dass er in die Politik gegangen war und sich um die Präsidentschaft beworben hatte? Was, wenn seine Bemühungen, das Unvereinbare miteinander zu vereinbaren, zum Scheitern verurteilt waren? Was, wenn allein der Versuch ihn teuer zu stehen kommen würde?
Bis zum folgenden Montag hatte die Angelegenheit immer weitere Kreise gezogen, und zwar nicht nur bei den bekanntermaßen negativ eingestellten Fox News, sondern auch in Programmen wie der
Today Show.
Als Reporter im Briefing Room von Robert Gibbs wissen wollten, wie viel an Steuergeldern der Präsident und die First Lady für ihren Ausflug nach New York verbraucht hätten, fiel seine Verteidigungsrede nicht sonderlich kämpferisch aus: »Ich glaube … äh … mal sehen …«, stotterte er. Er schwieg einen Moment und schien einem surrenden Geräusch nachzulauschen, als wollte er ergründen, ob es von der Klimaanlage oder einem Hubschrauber stammte. »Äh … ich … ich glaube, Sprecher des Weißen Hauses haben sich am Wochenende schon dazu geäußert«, fasste er zusammen, den Blick gesenkt. Wenn der Secret Service es ihm erlaubt hätte, wäre er mit dem Zug gefahren. »Aber ich würde sagen, die Kosten sind einem Präsidenten angemessen. Vielleicht sollten Sie mal die Reisekosten seiner Vorgänger unter die Lupe nehmen, die sind in etwa ähnlich.« Er erwähnte nicht, dass die Bushs, die ständig zwischen dem Weißen Haus und ihrer Ranch in Texas hin und her gependelt waren, viel häufiger als die Obamas Regierungsflugzeuge für private Zwecke genutzt hatten oder dass der Secret Service es lieber gesehen hätte, wenn der Präsident mit der voll ausgestatteten, sichereren und teureren Version der Air Force One geflogen wäre.
An jenem Abend riet die berühmte Fernsehmoderatorin Katie Couric den Obamas in ihrer Abendsendung auf NBC , bei ihrem nächsten Ausflug »ein bisschen mehr auf dem Teppich zu bleiben«. Die Obamas verstanden den Wink – politisch gesehen blieb ihnen auch kaum etwas anderes übrig. Wenn sie dem Weißen Haus entfliehen wollten, mussten sie sich von nun an etwas anderes einfallen lassen.
***
Aber letztendlich waren diese Kritik und all die Vorhaltungen ein Klacks im Vergleich zu den Problemen, die Obama aus seinen Wahlversprechen erwuchsen. Nach vier Monaten im Amt wurde ihm zunehmend bewusst, dass die Versprechungen, die er seinen Wählern gegenüber gemacht hatte, weitaus schwerer zu erfüllen waren als gedacht. Die Visionen, mit denen er im Wahlkampf Millionen und Abermillionen von Menschen inspiriert hatte, würden nur sehr schwer umzusetzen sein, was nicht allein an der Wirtschaftskrise und an der Opposition der Republikaner lag, sondern daran, dass ihm während des Wahlkampfs wichtige Informationen gefehlt hatten.
Zehn Tage vor seinem Ausflug nach New York hatten er, sein Justizminister und seine führenden Berater einem Dutzend berühmter Rechtsprofessoren und Vertretern von Bürgerrechtsgruppen am blankpolierten Konferenztisch im Cabinet Room gegenübergesessen. Die Atmosphäre war von Anfang an gereizt gewesen. Die Gäste fühlten sich vom Präsidenten verraten. Obama hatte gelobt, die
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