Die Obamas
Rede von Obama an, die der Präsident zu Beginn des neuen Schuljahrs im Fernsehen halten wollte. Es spielte keine Rolle, dass seine Vorgänger ebenfalls solche Reden gehalten hatten und dass er die Jugend in seiner Ansprache lediglich dazu ermahnen wollte, fleißig zu lernen. »Als Vater von vier Kindern bin ich entsetzt, dass Steuergelder verschwendet werden, damit Präsident Obama seine sozialistische Ideologie verbreiten kann«, wetterte Jim Greer, Vorsitzender der Republikaner in Florida. [31] Einige Schulbehörden beugten sich dem Druck von Seiten der Eltern und überließen es den Schülern, ob sie die Rede des Präsidenten sehen wollten. Seit Monaten leierten die Republikaner dasselbe Argument herunter, das jetzt sogar in Schul-Cafeterias wiederholt wurde: Der Präsident sei nicht der Politiker der Mitte, als der er sich gebe, sondern ein bürokratischer Ideologe, wie er im Buche stehe. Man dürfe ihn weder auf die Jungen noch auf die Alten, noch auf die Generationen dazwischen loslassen.
Diese Entwicklung warf eine Frage auf: Wenn die Gesundheitsreform nicht durchsetzbar war, wenn der Präsident nicht einmal mehr die Schulkinder auffordern durfte, sie sollten ihre Hausaufgaben machen, wenn die Republikaner in der Lage waren, jedes seiner Vorhaben zu blockieren, warum taten sich die Obamas das dann noch alles an?
Die Obamas beklagten sich nie öffentlich, sondern betonten immer wieder, wie privilegiert sie seien. Sie versuchten, das Beste aus ihrer Situation zu machen. Michelle verbrachte den Sommer mit ihren Töchtern in Camp David, das sie scherzhaft »Camp Obama« nannte, und machte mit ihnen Ausflüge zu historischen Orten wie Mount Vernon und nach Charlottesville. Die Mädchen begleiteten ihre Eltern auf eine diplomatische Reise nach Europa und zu einer Audienz beim Papst. (Sasha konnte sich später nur noch an die Form seines Daumens erinnern, erzählten ihre Eltern lachend.) Endlich kam der Präsident sogar dazu, seinen Töchtern abends vorzulesen; er und Sasha hatten ihre Freude an Yann Martels
Schiffbruch mit Tiger.
In dieser Zeit luden sie auch häufig ihre Freunde zu sich nach Hause ein. Die Nesbitts hatten sich über den Sommer ein Haus in Washington gemietet; und auch die Schwester des Präsidenten, Maya Soetero, zog zeitweilig mit ihrem Mann Konrad Ng, Gastdozent am Smithsonian Institute, und ihren beiden kleinen Töchtern nach Washington. Die Familie ging im Weißen Haus ein und aus und verbrachte viele Wochenenden mit den Obamas, an denen sie sich gemeinsam Filme ansahen und sich Scrabble-Schlachten lieferten.
Sasha nahm ihre Tennisstunden wieder auf – die Plätze hinter dem Weißen Haus waren in einem erheblich besseren Zustand als der, auf dem sie in Chicago gespielt hatte. In ihrem Alter sei Michelle zu ehrgeizig für Wettbewerbssportarten gewesen, erzählte Craig Robinson. Aber jetzt begann auch sie, Tennisstunden zu nehmen, sehr zum Vergnügen von Präsidentenhund Bo, der hinter den Bällen herflitzte, die sie schlug. Auf dem Tennisplatz schenkten sich die Obamas nichts: »Er ist mir überlegen«, sagte die First Lady. »Noch«, entgegnete der Präsident.
Darüber hinaus waren die Obamas weiterhin damit beschäftigt, ihr neues Heim wohnlicher zu gestalten. Die öffentlich zugänglichen Räume im Erdgeschoss mochten einem Museum gleichen, dekoriert im Stil einer Ära, in der Afroamerikaner kaum Rechte hatten, geschweige denn gesellschaftlich anerkannt waren. Doch wenigstens die Privaträume der First Family sollten widerspiegeln, wie die Obamas sich und die Welt sahen. Jede First Family hat das Recht, sich Kunstwerke aus den Washingtoner Museen auszuleihen, und die Obamas suchten sich einige Gemälde aus, um die Präsidentenwohnung mehr nach ihrem Geschmack zu gestalten: farbenfrohe, abstrakte Bilder von Alma Thomas, die als Kind keinen Zugang zu Museen hatte, weil sie schwarz war, und erst im Alter von neunundsechzig Jahren ihren Durchbruch hatte. [32] Außerdem »Black Like Me«, ein Gemälde von Glenn Ligon, auf dem ein Text aus John Howard Griffins Memoiren verwendet wurde, der sich die Haut geschwärzt hatte und durch den Süden gereist war, um die Diskriminierung der Schwarzen am eigenen Leib zu erfahren. Ein weiteres Gemälde – »I Think I’ll …« von Ed Ruscha – wirkte wie eine scherzhafte Anspielung auf die Entschlusskraft und Klarheit, die von einem Präsidenten erwartet werden: Es zeigte die Worte » MAYBE YES …« und » MAYBE NO « sowie » WAIT A MINUTE «
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