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Die Obamas

Die Obamas

Titel: Die Obamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Kantor
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die dieser mehr entsprach. Außerdem hatte Sher die undankbare Aufgabe, Desirée Rogers, die rasant an Rückhalt verlor, Zügel anzulegen. Viele von Rogers organisierte Veranstaltungen waren originell und unterhaltsam: Astronomie-Unterricht für Kinder auf dem Südrasen mit echten Teleskopen und NASA -Astronauten als Lehrern; ein Luau, ein traditionelles hawaiianisches Fest, bei dem Regierungsvertreter wie Robert Gibbs und Peter Orszag von Kongressabgeordneten in ein auf dem Rasen aufgebautes Wasserbecken geworfen wurden. Aber angesichts steigender Arbeitslosenzahlen und des Streits um die Gesundheitsreform waren derlei Spaßevents nicht länger angesagt.
    Rogers hatte sich unter den Regierungsmitgliedern nicht viele Freunde gemacht. Sie neigte dazu, Dinge laut auszuposaunen, die die Obamas im privaten Kreis geäußert hatten – etwa, dass ihnen der Washingtoner Irrsinn auf die Nerven gehe und sie das Weiße Haus verstaubt und altmodisch fänden. Mitarbeiter, die es anfangs nicht gewagt hatten, Michelle von ihren Problemen mit Rogers zu berichten, weil sie glaubten, die beiden Frauen seien eng befreundet, setzten sie immer häufiger davon in Kenntnis. Zudem schadete Rogers sich selbst, als sie sich für das Titelblatt des
Wall Street Journal Magazine
mit Ohrringen im Wert von 110000  Dollar ablichten ließ. Außerhalb des Weißen Hauses und der politischen Kreise fand das Vorkommnis kaum Beachtung. Aber intern sorgte die Angelegenheit für einen Skandal. Es erinnerte an den Teppich im Wert von 87000  Dollar für Merrill Lynch, nur dass diesmal eine leitende Angestellte der Regierung das anstößige Objekt auf dem Titelblatt einer populären Zeitung am Körper trug. Mitarbeiter des Ost- wie des Westflügels waren entsetzt: Alle waren tunlichst darauf bedacht, in Zeiten wirtschaftlicher Not nicht unbescheiden zu wirken, und dann trat Rogers so auf?
    Dass Rogers in Ungnade fiel, hatte nicht nur mit ihr selbst zu tun, sondern zeigte auch, wie sehr Michelle Obama sich seit November 2008 verändert hatte, als sie Rogers die Stelle angeboten hatte. Damals hatte die First Lady kaum an Veranstaltungen im Weißen Haus teilgenommen; jetzt organisierte ihr Stab mehrere täglich. Inzwischen hatte sie begriffen und akzeptiert, dass sich das Leben im Weißen Haus sozusagen in einem Schaukasten abspielte. Und im Herbst 2009 war die First Lady auch kein Neuling mehr im politischen Washington. Sie hatte miterlebt, wie gnadenlos ihr Mann im Laufe des Sommers angegriffen worden war, wie genüsslich Fernsehkommentatoren ihren Abend mit Barack in New York breitgetreten hatten, und sie kannte sich viel besser mit den Regeln aus, die sie in ihrer Stellung beherzigen musste – von der Frage, welche Mitglieder eines Königshauses mit »Ihre Hoheit« und welche mit »Ihre Königliche Hoheit« anzusprechen waren, bis dahin, welche Kongressabgeordneten wichtig waren und warum.
    Auch die Einstellung der First Lady zu Mode- und Stilfragen veränderte sich – mit einem unerwünschten Nebeneffekt: Plötzlich hatte
alles,
was sie trug, eine Bedeutung. Sie wurde öffentlich zerrissen, weil sie etwas zu Schickes trug, wie etwa Sneakers von Lanvin. Die Medien fielen aber auch über sie her, und sie provozierte Kritik, wenn sie »zu normal« angezogen war. An einem frühen Sommermorgen war sie mit ihrem Hund Bo auf dem Gelände des Weißen Hauses spazieren gegangen, angezogen wie eine Frau, die ihren Hund Gassi führt – weite Madras-Shorts, ungeschminkt, von einem BH -Träger war ein Stückchen zu sehen. Prompt wurde sie fotografiert, und wenige Stunden später kursierten im Internet Fotos von der First Lady in Freizeitkleidung.
    Einige Wochen später, als die First Family den Grand Canyon besuchte, hatte man ihnen zu leichter Kleidung geraten, da es am Grund des Grand Canyon extrem heiß werden könne. Michelle trug ganz einfache Shorts. Erneut machten Fotos im Internet die Runde, und Robin Givhan, damals Modekritiker der
Washington Post,
bezeichnete das Outfit der First Lady als »gewöhnlich«. Zerknirscht wandte sich Michelle an Robert Gibbs und fragte ihn, ob sie tatsächlich einen Fauxpas begangen habe. Sie habe ihm leidgetan, sagte Gibbs später, sie gebe sich solche Mühe, nur ja keinen Fehler zu machen. Monatelang hatte Gibbs die Obamas als volkstümlich und bodenständig dargestellt, und jetzt werde die First Lady verspottet, nur weil sie sich wie eine ganz normale Mutter anzog. »Manchen Leuten kann man es nie recht machen«, habe

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