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Die Obelisken von Hegira

Die Obelisken von Hegira

Titel: Die Obelisken von Hegira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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zurückzubringen!“
    „Wie hätte ich von Eurem Leid wissen können?“ fragte Bar-Woten. „Ich bin kein Ungeheuer. Fragt jeden Ibisier, den Ihr trefft. Es ist eine Geschichte, die uns allen bekannt ist.“
    „Gott verdamme Euch!“ spie Kiril aus.
    Bar-Woten sah dem Büßer nicht weniger unerbittlich starr ins Auge wie jener ihm. Er lächelte. „Barthel“, sagte er, ohne sich umzudrehen, „such deine Sachen zusammen und schlage den Rest der Speisen ein. Wir gehen.“ Dann verging sein Lächeln, und er fuhr fort: „Vielleicht ist’s ein Angebot, eine Chance, wiederzugewinnen, was Ihr verloren habt.“
    „Was? Aufgrund einer Mär?“
    „Jenes, oder laßt Euren Körper und Geist in einem Leben verrotten, das Euch nicht gemäß ist. Kommt mit uns.“
    „Ihr wollt, daß ich mit Euren Heerscharen ziehe?“
    „Es gibt keine Heerscharen“, sagte der Ibisier kalt. „Bald wird es auch keinen Sulay mehr geben. Der Dreck wird uns aufsaugen wie das Ende eines Flusses. Ich schulde einem toten Traum keine Treuepflicht. Ich habe schon lange nach einem Grund gesucht, ihn aufzugeben. Jetzt habe ich einen Grund.“
    Barthel war aufrichtig erschrocken. Der Bei redete Unsinn. Da glaubte er doch tatsächlich einem Kristen und dachte, eine zufällige Übereinstimmung zwischen Wirklichkeit und Märchen könne den Weg weisen wie ein Signalfeuer! Momad erbarme sich ihrer aller!
    „Wir sind beide verrückt“, sagte Kiril weich. „Ich bedaure Euch mehr als mich selbst.“
    „Bedauert niemanden. Dafür ist kein Raum. Ich habe ande re Gründe, eine Reise zu tun, ein paar Geheimnisse aufzuklären.“
    „Ei, sagt an, welches Rätsel vermag denn wohl einen Verrückten zu fesseln?“
    „Die Welt. Der Ursprung des Fleisches. Aber in der Hauptsache die Welt, unsere Welt. Warum wir Zweitgeborene sind und unsere Wahrheiten von Obelisken nehmen.“ Er seufzte und sah, daß Barthel damit fertig war, die Speisen einzupacken und ihr mageres Bündel an Kleidern zusammenzuschnüren. „Fühlt Ihr Euch wohl genug für eine Reise?“
    „Schwach. Aber ich kann gehen. Ihr drängt mich also, Euch nachzufolgen?“
    „Als ein Irrer den anderen. Ich habe Euch aus Eurer Höhle hervorgezogen, jetzt obliegt’s mir, über Euch zu wachen.“
    „Man konnt’s kaum eine Höhle nennen“, gestand Kiril ein. „Ihr habt mir Euren Gefährten noch gar nicht vorgestellt.“
    „Dies ist Barthel, aus Khem.“ Barthel verneigte sich und ließ dabei fast den Sack von seiner Schulter rutschen. „Aber er wird nicht mehr lange mein Diener sein. Ich will niemanden zwingen, mir zu folgen.“
    „Wohin gedenken der Bei denn zu gehen?“ fragte Barthel.
    „Ins Land, wo die Nacht ein Fluß ist“, antwortete Bar-Woten. „Oder zumindest weiter meinem Tod entgegen.“

 
     
3
     
     
    „Ich glaube nicht, daß wir hier willkommen sind, Bei“, sagte Barthel. Der Pferdemarkt füllte sich rasch mit finster dreinblickenden Schaulustigen.
    Kiril wirbelte seine zerrissenen Kleider über seine Schulter und zog das Seil fester, das sie zusammenhielt. „Etwas liegt in der Luft.“
    „Wir bleiben am besten dicht beieinander“, sagte Bar-Woten. „Ich denke, dieser Händler will unser Geld noch lieber als unseren Hals. Ich werde feilschen. Ihr beiden haltet aufmerksame Wacht.“ Er machte sich wieder daran, mit dem triefäugigen Pferdehändler zu schachern. Der Mann blies angesichts Bar-Wotens Angebot die Backen auf und reckte die Hände gen Himmel. „Zu wenig“, sagte er. „Diese Rösser sind edle Tiere, wenigstens das Doppelte wert. Sagen wir … vierfünfzig das Stück?“
    „Raub“, sagte Bar-Woten ruhig. „Zweifünfzig ist alles, was wir heute für Pferde übrig haben. Wir werden halt anderswo kaufen.“
    „Dreifünfundsiebzig“, sagte der Händler, ohne mit der Wimper zu zucken.
    „Zuviel.“ Bar-Woten wandte sich ab und bedeutete seinen Gefährten, sich ihm anzuschließen. Der Händler rannte hinter ihnen her, betroffen dreinblickend, aber ein kleiner, wohlbeleibter Mann kam von einem nahegelegenen Stand herübergewatschelt und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Händler blieb stehen und hob seine buschigen grauen Augenbrauen.
    „Nicht zu viel für einen gejagten Mann“, sagte er lautstark.
    Bar-Woten wirbelte auf dem Absatz herum und warf dem Händler einen nadelspitzen Blick zu. Der Mann wand sich wie ein aufgespießtes Insekt und wich dann langsam zurück. Die Menge rückte näher heran, einen Schritt um den anderen, wogend und vor sich hin

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