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Die Obelisken von Hegira

Die Obelisken von Hegira

Titel: Die Obelisken von Hegira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Beutel und Scheiden an ihren Hüften.
    „Ihr seid weit gereist?“ erkundigte sich der Anführer. Er war ein kurzer, stämmiger Mann mit einer dröhnenden Stimme.
    „Über den Abgrund“, sagte Kiril und wies hinter sich. Die Männer waren groß und dunkel, von ihrem Anführer abgesehen; nahezu olivfarben. Ihre Haut glänzte wie altes Leder. Ihre Augen waren weiß wie Talkum, mit enormen blauen oder grünen Pupillen. Alles in allem, entschied Bar-Woten, stellten sie wohl die bestaussehende Gruppe von Männern dar, der er auf dem langen Marsch begegnet war.
    „Ah“, sagte der Anführer, mit dem Kopfe nickend. „Dann saht Ihr das Ding auf dem Grund. Habt gedacht, wir hätten das gebaut?“
    „Nein“, sagte Kiril.
    Der Wächter schaute beleidigt drein, grinste aber schließlich und zuckte die Achseln. „Die Mediwewaner waren’s auch nicht?“
    „Ich bezweifle es“, sagte Kiril lachend.
    „Die alten Gelehrten trieben Euch also aus dem Land, hmm?“ Er wechselte den Gegenstand, ohne auch nur zu blinzeln.
    „Gewissermaßen.“
    Die Wächter flüsterten miteinander. Die sechs Männer zu Pferde behielten die Eindringlinge schweigend im Auge. Kiril spürte, wie sich auf seinem Rücken Schweiß bildete. „Hört“, sagte der Anführer, „nicht viele Leute kommen diesen Weg entlang, und wir fragen uns, warum Ihr es tut. Ihr habt einen Grund angegeben, aber in Eurem Land gibt es derzeit Ärger. Also werden wir Euch zur nächsten Stadt bringen, und unsere Vorgesetzten werden entscheiden, was mit Euch geschehen soll. Folgt meinen Fähnrichen, bitte.“ Sie querten das Plateau und nahmen einen alten Pfad um einen Steilabbruch von verwittertem Granitgestein herum.
    Jeder Begleitreiter trug ein anderes Zeichen auf dem Band, das sein Käppi hielt. Einer führte eine Schlange, die sich um ein Gelege von Eiern ringelte; ein anderer einen Falken mit ausgebreiteten Flügeln; und ein dritter eine Rosette mit ährentragenden roten Blütenblättern. Drei der Berittenen verließen sie auf der Kammhöhe und ritten nach Westen. Die verbleibenden Fähnriche unterhielten sich angeregt miteinander, während sie dahinsprengten; den Eindringlingen schenkten sie weiter keine Beachtung.
    Der Lucifaner mit der Rosette deutete die säuberlich gepflasterte Straße entlang und verkündete: „Ubidharm.“ Und als sie um einen sandigen, mit dornigen Büschen bestandenen Hügel bogen, wurden sie erstmals einer lucifanischen Stadt ansichtig.
    Sie war klein, aber beeindruckend. Die Bauten bestanden überwiegend aus Stein, was angesichts der Landschaft zu erwarten war. Wälle, dreimal so hoch wie ein Mann, krümmten und schlängelten sich rings um die innere Stadt, die sich auf zahlreichen Hügeln erhob wie eine Auslage mit steinernen Trinkgefäßen und Stundengläsern. Bar-Woten bemerkte einen Aquädukt, der in gerader Linie von einem schneegekrönten Gipfel herunterführte. Er war groß genug, die ganze Stadt zu versorgen – und noch einige mehr wie sie. Das Wasser strömte über Ablenkplatten in der Steinrinne und glitzerte vor weißem Schaum.
    Kiril hatte ähnliche Bauten Jahre zuvor als Kind auf seiner kurzen Reise zur westlichen Grenze von Mundus Lucifa gesehen. Aber im Vergleich mit denen hier waren sie schäbig und unordentlich gewesen. Die Wälle waren in vielfältigem Braun und Erdgrün mit verschlungenen Mandalas bemalt, mit Spitzlichtern aus Halbkugeln von weißem Marmor, so groß wie eines Mannes Kopf. Rote Sandsteinzinnen, kappengleich bedeckt mit fachmännisch behauenen und polierten Kugeln aus grauem Granit, krönten die Mauern. Die Stadt war ein vollendeter Gegensatz zu den rauchfleckigen Bauwerken von Madreghb. Strahlend weiß getünchtes Mauerwerk und Stuck fingen wolkengedämpftes, grünliches Gebirgslicht und traten leuchtend wie Schnee gegen den schwarzen vulkanischen Fels hervor. Das Gleißen und Funkeln blendete schier. Jenseits der Mauern verbargen zu jeder Seite hin natürliche Steinvorsprünge allen außer den höchsten Gipfeln den Anblick Ubidharms.
    Barthel ließ seinen Blick mit staunäugigem Entzücken darauf ruhen. „Einige Städte in Khem waren wie diese“, verriet er Kiril mit gedämpfter Stimme. „Heilige Orte, wo Propheten lebten.“
    Die Tore Ubidharms standen offen, nur leicht bewacht von ein paar wie die Fähnriche gekleideten Männern. Sie ritten durch die äußere Stadt, ein hundert Meter tiefer Streifen von niedrigen Schlamm- und Ziegelgebäuden, schwärzlichbraun getönt und adrett gepflegt, aber

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