Die Obelisken von Hegira
Nachtlandungen stattfinden“, sagte Barthel. Er blieb in der Dunkelheit stehen und spähte nach Osten. „Sie können nicht auf der Rollbahn niedergehen. Keine Landefeuer.“
„Das ist kein Flugzeug“, sagte Kiril. „Es könnte ein Helikopter sein. Es fliegt zu tief, als daß es –“
Bar-Woten ergriff sie beide bei den Armen. „Rasch!“ sagte er. „In die Felsen!“
„Warum?“ fragte Kiril, der sich dagegen sträubte, einfach vorwärtsgezerrt zu werden. „Niemand ist hinter uns her.“
„Vertraut wenigstens einmal den Instinkten eines Soldaten! In die Felsen!“
Sie fielen in Laufschritt. Aus dem Osten röhrten Triebwerke herüber. Helle Lichter zerteilten das Lager in verstreute Tagflecken. Barthel stolperte über einen Felsen und schlug sich das Knie auf. Humpelnd und nach Luft schnappend streckte er seine Hände aus, und sie zogen ihn in Deckung hinter die Felsen. Kiril lugte über einen zerrissenen Grat und sah, daß das Ausgangslager zum Leben erwacht war. Überall wimmelten rennende, rufende Menschen.
„Was geht da vor?“ fragte er verwundert.
„Sie werden angegriffen“, sagte Bar-Woten.
„Aber es schießt doch keiner –“
Flammenfontänen schwollen aus den Hauptzelten. Ein leuchtend roter Lichtpfeil fegte durch das Lager. Alles, was er berührte, glühte jäh in Weißglut auf.
„Es sind Schiffe“, sagte Bar-Woten. „Aber sie sind schneller als die Tragflügelboote – sie fliegen über dem Wasser!“
Wenigstens fünf der Gefährte näherten sich dem Strand, und jedes einzelne feuerte tödliche rote Strahlen in das Lager. Die Schiffe sahen aus wie breite Kratzbürsten, die das Wasser striegelten. Sie tanzten auf weit ausladenden Gummimanschetten und schleuderten Federn aus Gischt hinter sich. Jedes war fünfzig oder sechzig Meter lang, abgerundet und stromlinienförmig. Sie verlangsamten nicht, als sie sich dem Strand näherten.
Beim Licht eines Streichholzes untersuchte Bar-Woten das Bein des Khemiten. Er riß einen Streifen vom Unterteil seines Hemdes und legte einen Verband an. „Es ist nur ein Schnitt“, sagte er. „Halt’ dein Bein ganz gerade.“
„Was machen sie da oben? Ich kann von hier aus nichts erkennen.“ Barthel mahlte mit den Zähnen.
„Sie bringen alle um.“
„Wer? Mit was?“
„Ich weiß es nicht. Sei bloß froh, daß du hier bist.“
„Sie kommen den Strand herauf!“ sagte Kiril. „Sie können überall hinfahren!“
„Womit schießen sie?“ fragte Barthel.
„Ich weiß es nicht“, sagte Bar-Woten. „Halt dich ruhig.“
„Wir müssen verschwinden, oder sie werden uns ebenfalls töten!“ Der Khemite stöhnte vor Schmerz.
„Wir sind gut versteckt.“
„Sie werden uns suchen“, pflichtete Kiril bei. „Gott, ich kann es nicht ertragen!“ Er hielt sich die Hände über die Ohren. „Das ist das reinste Schlachten!“ Er kauerte sich zusammen, um von dem Sims herunterzuspringen.
Etwas Blendendes zuckte über sie hinweg. Kirils Haar fing Feuer, und einen Augenblick lang stand er da wie eine Fackel, völlig verblüfft. Bar-Woten langte hinauf, zog ihn vom Felsen herab und hüllte seinen Kopf in einen Mantel. Als er den Mantel wieder wegnahm, war der Mediwewaner bewußtlos. Seine Kopfhaut war nicht verbrannt, aber der Geruch angesengten Haares fügte sich zu dem krank machenden Rauch hinzu, der über die Felsen trieb. Barthels unstet umherirrende Augen machten vereinzelte Lichtschimmer in dem orangenen Halbdämmer aus. Er kämpfte sich frei aus Bar-Wotens Griff, um einen Blick über das Landefeld zu werfen. „Heiliger Allah!“ sagte er und duckte sich rasch wieder nieder. Er verzog das Gesicht, als sein Knie sich dabei beugte.
„Half das Bein gerade!“ befahl Bar-Woten.
„Wir können hier nicht bleiben. Wir müssen uns weiter zurückziehen, oder sie werden uns töten.“
„Du sprichst, ohne zu denken …“ der Ibisier zog den Kopf ein wie eine Schildkröte, als ein weiterer Strahl über sie hinwegblitzte. „Sie gehen dort draußen mit dem Zorn Samhains zu Werke. Sie werden uns abmähen, wenn wir unsere Köpfe herausstrecken. Am besten, wir bleiben für ein Weilchen hier.“
Die Schreie ließen jetzt nach. Vereinzelte Schüsse unterbrachen das Knistern und Zischen der Brände. Die Aggregate der Fahrzeuge gurgelten und summten. Kiril kam zu sich und tastete nach seinem Skalp. Heftig wühlte er sich mit den Fingern durchs Haar. Als er sie wieder wegnahm, waren sie rußverschmiert. „Bin ich verbrannt?“ fragte
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