Die Obelisken von Hegira
Gericht gestellt und zwei oder drei Monate damit zubringen, mit den Arbeitstrupps Dreck wegzukarren. Das kann er schon aushalten.“
Barthel meldete sich zu Wort, und seine Stimme war überraschend scharf, wenn man bedachte, daß er Avra ansprach. „Der Bei wird nicht eingesperrt werden.“
„Er wird sich damit abfinden müssen“, sagte Avra knapp.
„Ihr versteht nicht. Er wird jemanden töten, bevor es dazu kommt.“
„Ist er so dumm?“ fragte der Kapitän.
Barthel hämmerte mit der Faust auf den Tisch. Sein Gesicht war dunkel, und seine Augen schienen rauchumwölkt. „Keiner sagt, der Bei sei dumm!“ schnarrte er. Er wirbelte herum und verließ das Zelt. Kiril blieb zurück, unsicher, was er tun sollte oder wie der Auftritt zu deuten war. Er hatte das Gefühl, sich entschuldigen zu müssen, aber zugleich war er jetzt auch wütend. Es schien ihm ein lächerlicher Hinderungsgrund, nachdem sie so viele Tausende von Kilometern zurückgelegt und so viele Gefahren durchgestanden hatten.
„Wir sind ihre Gäste“, sagte Avra. „Wir haben schwierige diplomatische Fragen mit ihnen auszuhandeln und sehr wenig, was wir dabei einsetzen könnten.“
„Der Kapitän hat uns erzählt, sie seien hilfsbereit und ließen mit sich reden“, sagte Kiril. „Aber alles, was ich sehe, ist Rauch, der sich in die Bleichen Meere ergießt, und Mannschaften, die aufgestellt werden, um den Obelisken auszugraben. Jetzt schlagen sie uns mit dieser albernen Anklage ins Gesicht. Ich spüre ein dunkleres Motiv dahinter.“
Im Raum war es totenstill.
„Niemand verhält sich in dieser Art und Weise ohne einen guten Grund“, fügte Kiril hinzu, als das Schweigen sich hinzog.
„Ich glaube, Barthel hat recht“, schloß er und wandte sich energisch ab, um zu gehen.
„So weit, so gut“, meinte Bar-Woten zu ihnen, als sie seine Zelle zum zweiten Mal aufsuchten. Er hatte sich nicht vom Fleck gerührt. Sein Körper war aufgeladen mit einer elektrischen Spannung. Der Wärter – ein Mann etwa in Kirils Alter – war bleich, und es widerstrebte ihm merklich, mit Bar-Woten in einem Gebäude zu bleiben. Wieder unterhielten sie sich auf Mediwewanisch, aber für ein paar Augenblicke berieten sich Bar-Woten und Barthel in Arbuck, das Kiril nur wenig verstand.
Dann gingen sie, und Barthel war merkwürdig ruhig.
Der Tag schien unerträglich lang. Aufnahmetrupps erklommen das Wetterglas und setzten ihre Vermessungsarbeiten fort. Aber Kiril war nicht unter ihnen. Er stand beim Landestreifen und wartete darauf, daß das Flugzeug eintraf, wissend, daß es diesmal kam, um Bar-Woten zu seiner Verhandlung zu bringen. Er wartete bis zur Abenddämmerung; schließlich, nach Sonnenuntergang, spazierte er zum Küchen- und Messezelt, um etwas zu essen, und dann zum Strand, wo er dem hurtigen Brausen des meerwärts eilenden Flusses lauschte.
Am späten Abend war das Flugzeug immer noch nicht angekommen, und das bisher noch scheinwerferlose Landefeld wurde geschlossen. Kiril ging hinüber zu seiner Unterkunft, um zu versuchen, ein paar Stunden Schlaf zu ergattern.
Dazu aber sollte es nicht kommen. Er war zwischen Halbschlaf und nervöser Munterkeit gefangen, als Barthel von außerhalb des Zeltes nach ihm rief. Die anderen Schläfer murrten, und einer setzte sich im trüben Licht der an einem Zeltpfosten baumelnden Lampe auf und rieb sich die Augen. Kiril bedeutete ihm, weiterzuschlafen, und legte seine Finger an die Lippen. Dann schwang er sich aus dem Feldbett, wobei er automatisch das Kleiderbündel aufhob, das er schon vorher geschnürt hatte, und verließ das Zelt.
Eine grell flackernde Gasflamme sorgte über diesem Ende des Lagers für eine tropfende Illumination, die die Schatten grotesk überzeichnete und die häufigen Windböen unterstrich. Die Nacht war dunkel und ohne helle Feuertauben. Barthel stand neben einer mit einem Drahtschirm abgedeckten Tonne. Hinter ihm war noch jemand anderes, schattengleich und undeutlich, aber Kiril wußte, um wen es sich handelte. „Wie ist er herausgekommen?“
„Zerbrecht Euch darüber nicht den Kopf“, sagte Bar-Woten aus der Dunkelheit. Barthel nahm Kirils Arm und zog ihn mit sich.
Sie überquerten den Makadam. Einige hundert Meter nördlich des Lagers begann ein Terrain aus Felsen und erstarrtem Schmelzfluß. Bar-Woten verkündete ihnen, daß sie eine Weile dem Strand folgen und dann in dem steinernen Labyrinth untertauchen würden, falls man sie verfolgte.
„Ich dachte, es sollten keine
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