Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Obelisken von Hegira

Die Obelisken von Hegira

Titel: Die Obelisken von Hegira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
Regengeruch … Das Land war zur gleichen Zeit schrecklich und schön, die Berge unwirklich und rauh mit ihrem schwarzen, ausgezackten Fels und den verkrüppelten Bäumen, der Wind wie ein Hagel von Eiszapfen. Schnaubend und pustend schlugen sich die Gefangenen mit den Armen und bliesen ihre Backen auf, in dem Versuch, sich warmzuhalten. Die Wachen hielten ihre schlanken Gewehre erhoben und schußbereit.
    Die dreißig wurden auf dem Beton und Schnee in zwei Linien aufgereiht und stehengelassen, bis sie blau waren.
    Ein zweites Fahrzeug kletterte aus dem Wasser des Sees und wischte über die Betonschürze, bis es sich neben dem ersten niederließ. Ein drittes folgte, und beide spien Ladungen von Gefangenen aus. Diese mußten zwanzig Meter hinter Kirils Reihe Aufstellung nehmen. Kiril verdrehte den Kopf, um nach Bar-Woten und Barthel Ausschau zu halten. Er vermeinte den Khemiten zu sehen, konnte aber nicht sicher sein. Er fürchtete sich, sich umzudrehen. Seine Zähne klapperten, bis sie seine schmerzenden Augen aus den Höhlen zu rütteln drohten. Seine Ohren waren taub vor Kälte, und wenn er sie mit seinen in der Armbeuge gewärmten Fingern berührte, brannten und kribbelten sie.
    Lastwagen mit segeltuchgedeckten Ladeflächen rollten auf das Feld und blieben mit leerlaufenden Motoren stehen, wobei sie weißen Rauch aus nahe des Fahrerhauses angebrachten Schornsteinen rülpsten. Kiril sah die verhüllte Gestalt eine Leiter aus dem zweiten Hovercraft herunterklettern. Unter ihrer dunklen Kapuze trug sie eine silberne Maske. Zwei Männer berieten sich mit dem Ding, nahmen dann seine Arme und führten es zum Fahrerhaus des Lastwagens. Es nötigte sie, noch einmal stehenzubleiben, und wandte sich um, um auf die Reihen der Gefangenen zu deuten. Seine Hand, sah Kiril, war behandschuht. Unter dem silbrigen Geflecht des Handschuhs konnten sich nur drei Finger verbergen, wenn nicht mehr als ein Finger in jedem Handschuhfinger stak. Er fühlte, wie ein Zittern ihn durchlief, das mehr als nur ein Frösteln von der Kälte war. Wo konnte solch ein Ding hergekommen sein? Vielleicht, beruhigte er sich selbst, war es nur ein Mann, den man seltsam ausstaffiert hatte, damit er durch sein Aussehen die Gefangenen einschüchterte. Aber sein Gang war auf so authentische Weise anders, daß er bezweifelte, es sei menschlich.
    Die Wachen machten den Gefangenen mit ihren Gewehren Beine und trieben sie auf die Ladeflächen der Laster. Dort, in den zugigen Segeltuchtunnels, saßen sie, bis die Klappen geschlossen wurden und die Laster anruckten. Dann stürzten sie los, um aus den Öffnungen zwischen den Seitenborden und der Persenning zu spähen.
    Kiril erkämpfte sich einen Platz, von dem aus er sehen konnte, wie die Betonpiste unter ihnen verschwand und sich in eine felsige, eisüberkrustete Straße verwandelte.
    „Wir werden vom Fahrerhaus aus überwacht“, hieß es. „Sie haben Gewehre auf uns gerichtet!“
    „Vielleicht können wir hinten herausschlüpfen“, schlug eine Frau vor. Sie stand auf, um nachzuschauen, ob die Segeltuchbördel über der hinteren Ladeklappe festgezurrt waren, wurde aber von einem plötzlichen Ruck zurück auf ihren Platz geschleudert.
    „Wir fahren zu schnell“, sagte ein Mann. „Wir könnten getötet werden!“
    „Wir werden sowieso getötet werden“, sagte der Gefängniswärter. „Wißt ihr, wer diese Leute sind? Sie sind aus dem Osten …“ Er sagte das Wort, als sei es gleichbedeutend mit dem Bösen.
    „Das wissen wir noch nicht“, sagte ein anderer.
    „Wer sonst könnte Maschinen wie diese hier bauen als die, die unsere Bibliotheksstädte mit Raketen beschossen haben?“
    „Es mag noch andere geben, aber selbst wenn, sie versuchen doch alle nur, uns zu vernichten“, meldete sich eine Frau nahe der Ladeklappen zu Wort. „Wir müssen ihnen entkommen und kämpfen!“
    Kiril hörte interessiert zu. „Zwei Gleiche“, murmelte er bei sich. „Sie müssen es auskämpfen.“
    Aber es war nicht nur ihr Kampf. Mit Geräten wie den Feuergewehren und den fliegenden Schiffen würde es nicht lange dauern, bis die Bewohner ganz Hegiras sich einer wildverwegenen Jagd gegenübersahen. Es würde eine Neuauflage von Bar-Wotens Langem Marsch werden – nur daß sich die Ibisier daneben wie übermütige Kinder ausnahmen.
    Er erinnerte sich der Bibel und dachte an Cain und Abel. Cain bedeutete ‚Schmied’ oder ‚Verfertiger von Werkzeugen’. Der Werkzeugschmied erschlug seinen Bauernbruder, weil Gott des

Weitere Kostenlose Bücher