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Die Obelisken von Hegira

Die Obelisken von Hegira

Titel: Die Obelisken von Hegira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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sie geleitet, beißend vor Desinfektionsmitteln. Durch eine andere Tür wurden Gebläse und Heizstrahler hereingebracht. Zuerst wurden die Heizungen angeschaltet, dann die Gebläse.
    Als es vorbei war, war ein Drittel von ihnen tot. Mühsam zog Kiril sich aus einem treibenden Dunst hoch und schaute auf die Mitte des Raumes. Die Gestalt in dem Umhang stand dort und sprach mit einem uniformierten Mann. Das Gesicht des Mannes zeigte eine Mischung aus Unterwürfigkeit und Widerwillen. Seine Mundwinkel kräuselten sich halb feixend, halb zähnefletschend abwärts. Er sagte etwas, das Kiril nicht hören konnte.
    Die Gestalt gestikulierte mit einem verhüllten Arm, und die Gebläse und Heizstrahler wurden hinausgeschafft. Der Offizier trat vor die gegenüberliegende Reihe von Gefangenen, wobei er scheu einen flüchtigen Blick auf die in den Gittern hängenden Leichen warf. Er sprach, zuerst in der melodischen Sprache der Völker des Walls, dann in lautem, klarem Teutanisch.
    „Einige von euch könnten wichtig für uns sein.“
    „Ich!“ rief ein Mann. „Ich erzähle euch alles!“
    Der Blick des Offiziers wurde verächtlich. „Man wird euch Fragen stellen. Sie erfordern ganz spezielle Antworten – die richtigen Antworten.“ Der Offizier lächelte. „Wenn ihr nicht richtig antwortet, dieser Mann ist ein Dämon. Ihr habt seine Gestalt bemerkt? Er kommt aus der Hölle, nicht aus dem Schoß einer Frau. Er wird eure Herzen rösten, als ob sie auf einem Bratspieß steckten. Ich hoffe, ihr versteht.“
    Die Gestalt in dem Umgang wandte sich der Wand Kiril gegenüber zu und fing an einem Ende an. Ihre zischende Stimme schnitt durch die plötzliche Stille wie das Zischen einer Schlange.
    Kiril kämpfte darum, bei klarem Bewußtsein zu bleiben, aber er konnte es nicht. Sein Gesichtsfeld verengte sich. Er sah alles wie durch eine sturmdurchtoste Höhle, zog sich mit jeder Sekunde weiter zurück, bis das Brausen ihn von dem entschwindenden Licht wegtrug.
    „Und du“, fragte die Stimme. „Du bist auch von sehr weit her, nicht wahr?“
    Kiril blickte auf. Er wischte ein Speichelrinnsal vom Unterkiefer, während er in die silbrige Maske starrte. „Elena“, sagte er weich.
    „Wie weit von hier lebst du?“
    „Mediwewa“, antwortete er. „Sehr weit.“
    „Einfach bloß ein Seemann, der weit gereist ist? Oder hat dich etwas genötigt, hierher zu kommen?“
    „Etwas“, sagte Kiril. „Elena. Nehmt Eure Maske ab.“
    „Was hat dich hierhergebracht?“
    „Ihr.“
    „Nicht ich. Etwas ganz Spezielles.“
    Kiril sah Barthel und Bar-Woten in der Mitte des Raumes stehen, unter strenger Bewachung durch drei Posten.
    „Ich mußte dich retten. Sie retten.“ Er war sich jetzt bewußt, mit wem er sprach.
    „Sie?“
    „Mein einzig Lieb.“ Das war heuchlerisch, dachte er. Die Selbstanklage hallte wider und verschwand.
    „Ah.“ Die Gestalt vollführte eine Geste.
    Der Käfig öffnete sich. Als er fiel, wurde er von weichen Armen aufgefangen und zu seinen Gefährten geführt.
    „Habt Ihr gesehen, wo wir sind?“ fragte Bar-Woten. Ein Wächter brüllte ihn an. Er starrte zurück. „Wir sind im Land Des Walls!“
    Der Wächter hob sein Gewehr, und Bar-Woten wich mit erhobenen Händen zurück, ihn beschwichtigend.
    Der Wall.

 
     
22
     
     
    Sie saßen in einer winzigen Zelle und starrten teilnahmslos die gepolsterten Wände an. Bar-Woten hockte da, die Hände zwischen den Knien gefaltet, und schlug die Knöchel gegen die Beine. Barthel stand und klaubte mit einem Fingernagel an seinen Zähnen herum. Man hatte ihnen vor drei Stunden einen dicken Brei gegeben. Der machte ihnen jetzt unangenehm zu schaffen. Kiril lag auf dem Rücken, Kopf und Schultern gegen eine Wand gelehnt; er sah grün im Gesicht aus und fühlte sich sehr fromm und fügsam.
    „Wir sind unter Drogen gesetzt worden“, sagte Bar-Woten. Kiril nickte. In ihrem Zustand würden sie nicht viel Widerstand leisten. Ein kleines Fenster in der Tür zeigte ihnen den Flur draußen, und wenn sie in einem Winkel hindurch spähten, konnten sie die unbewegliche Schulter eines Wachtpostens sehen, aber nicht mehr.
    Die Tür schwang auf. Ein Offizier trat in die Zelle und blickte auf Kiril herab. „Du bist der Mediwewaner?“ fragte er auf Teutanisch mit einem plumpen Akzent.
    „Sprecht Englisch. Ich verstehe es. Ja, ich bin der Mediwewaner.“
    „Komm mit“, sagte der Offizier. Er langte hinunter und zog Kiril hoch. Mit einem letzten Blick über die Schulter auf seine

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