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Die Oder gluckste vor Vergnügen

Die Oder gluckste vor Vergnügen

Titel: Die Oder gluckste vor Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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zurück.
    Ich fuhr zur Oder, sprang ab, nahm das Rad mit Riesenschwung und warf es ins Wasser. Ich sah, wie die Lenkstange als letztes versank. So, jedes Mittel war recht. Die Ferien durften nicht verlorengehen.
    Als ich vom Garten her ins Haus kam, erschien Bibi eben durch die Vordertür.
    »Cotta, Cotta, mein Rad ist weg!«
    »Unsinn!«
    Doch sie ging mit uns hinaus und überzeugte sich davon, daß Bibi recht hatte.
    »Ach«, sagte die Wirtin. »Bei uns kommt nichts weg. Das hat sich nur einer geborgt.«
    »Rex bleibt ja sowieso hier, der kann sich darum kümmern«, meinte Cotta. »Ich wollte ihn ohnehin bitten, unsere Räder aufzugeben.«
    »Aufzugeben?« fragte ich.
    »Ja, wußten Sie denn nicht? Wir fahren doch mit der Bahn!«
    Mit der Bahn! Daran hatte ich allerdings nicht gedacht. Da war nun Bibis Rad ganz umsonst bei den Krebsen.
    »Aber Ihre Eltern haben doch bestimmt die Koffer schon abgeschickt!«
    »Auch das ist geklärt. Die Wirtin sendet sie zurück.«
    Alles Weitere ging beängstigend rasch. Ich half ihnen das Gepäck zum Bahnhof tragen und löste eine Fahrkarte nach Tantow, wo sie in den Stettin-Berliner Schnellzug umsteigen mußten.
    »Darf ich Sie ein Stück begleiten?«
    »Ich habe nichts dagegen«, sagte Cotta.
    Eine kleine Lok, ein Güter- und ein Personenwagen, das war der Zug. Wir saßen auf den abgeschabten, grünen Polstern, die beiden mir gegenüber. Wir fuhren. Das Rollen war sehr laut. Wieder und immer dringlicher — sprach ich auf Bibi und Cotta ein. Bibi hatte den Arm um Cotta gelegt. Sie sahen mich ruhig an und schwiegen. Schwiegen — mit geradezu asiatischer Gelassenheit. Jedes Wort war wie ein neuer Stein auf den Wall, der uns trennte.
    »Darf ich Bibi einen Augenblick allein sprechen?« fragte ich.
    »Bitte. Bibi verfügt über sich selbst«, sagte Cotta.
    Ich ging mit Bibi auf den Gang. Sie guckte mich freimütig an.
    »Bibi«, begann ich, »bei allem, was ich Ihnen jemals gedichtet habe...«
    »Sieben Zeilen«, sagte Bibi. »Ja?«
    »Was soll ich denn jetzt machen, ohne Sie?«
    »Ohne wen?«
    »Ohne Sie, — bi.«
    Es war ein grauer, regenverhangener Tag, doch auf einmal schien es, als sei ihr Gesicht von Sonne erhellt.
    »Meinen Sie, ich bin noch wütend? Aber Cotta... Cotta trägt’s Ihnen nach. Ich muß mich nach Cotta richten.«
    »Ich verspreche Ihnen tausend Gedichte«, sagte ich.
    »Wirklich?« Ihr Gesicht wurde immer heller.
    »Schicken Sie mir Cotta heraus. Ich werd’ versuchen, sie umzustimmen.«
    »Wie?« fragte Bibi mißtrauisch. Sie fürchtete, ich könnte Cotta ebenfalls tausend Gedichte versprechen.
    »Nur mit Vernunft«, sagte ich, und Bibi nahm die absurde Behauptung für bare Münze. Sie ging und schickte mir Cotta.
    Cotta kam, anmutig um Gleichgewicht bemüht. Der Waggon rüttelte stark. Cottas Blick war kühl. Cotta war nicht Bibi. Hier ging’s nicht so kurz und direkt.
    »Was wollen Sie denn?« sagte sie. »Künftig wird Ihnen keiner nachstellen, wenn Sie nachts Spazierengehen.«
    »Aber daran liegt mir nichts. Mir liegt daran, mit Ihnen und Bibi Ferien zu machen.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Cotta. »Wenn mir daran läge, mit zwei Bekannten in die Ferien zu fahren, würde ich nicht heimlich beim Mondenschein...«
    »Das ist doch etwas anderes«, beschwor ich sie. »Das ist... ist der grundlegende Unterschied zwischen Mann und Frau.«
    »Es gibt keinen Unterschied zwischen Mann und Frau«, behauptete Cotta.
    Nun, es war weder die Zeit noch der Ort, sie über den Unterschied zwischen Mann und Frau aufzuklären. Der Zug rollte langsamer. Ich erinnerte sie an all die fröhlichen Stunden. Sie blickte hart. Wohl bewegte sie mein flehentlicher Appell, sie lauschte ihm wie König Jakob. »Das Rauschen klang ihm süß und traut, er lauscht ihm immer noch, dazwischen aber klang es laut...«
    Tantow! In letzter Verzweiflung sagte ich: »Cotta... ich... ich liebe Sie...!«
    Wir fielen gegeneinander, denn der Zug bremste.
    »Rex«, sagte Cotta, »ich las mal, es gebe drei Sorten Frauen. Die, die sich immer beschwindeln lassen, die, die sich nie beschwindeln lassen — und drittens die, die sich nur dann beschwindeln lassen, wenn sie selbst es wollen. Ich glaube, zu denen gehöre ich auch. Ich will nicht.«
    »Weshalb sollte ich Sie denn beschwindeln?«
    »Weil Ihre Eitelkeit es nicht verträgt, daß wir Ihnen weglaufen. Adieu.«
    Wir standen auf der Rampe. Bibi wieder ganz Chinesin, vermerkte den mißglückten Umstimmungsversuch mit heroischer

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