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Die Oder gluckste vor Vergnügen

Die Oder gluckste vor Vergnügen

Titel: Die Oder gluckste vor Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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Cottas Bleianspitzer.
    Wir fuhren an einer Anlegestelle vorbei. Fernsicht. Heias Ballhaus. Bibi staunte. Sie fand, bei Tage sehe alles so anders aus.
    »Flußufer vergessen schnell«, sagte Cotta weise.
    Lieblich lag der Wald. Um drei Uhr früh hatten wir das Auto wegbrausen hören. Weiß Gott, wo Heia seine nächsten Feste feierte...
    »Bibi, guck mal, da treibt meine Schärpe!« rief Cotta.
    Die Festeszier, die sie in der Nacht in den Fluß geworfen hatte. Es war irgendwie symbolisch, aber Bibi sah kaum hin. Sie verwandelte sich soeben in ein Badeweib. Und plötzlich war sie verschwunden.
    »Wo ist sie denn?« rief ich beunruhigt.
    »Im Beiboot«, sagte Cotta.
    »Man sitzt wie in Cottas Geigenkasten hier«, verkündete Bibi. Sie ließ den Fuß hinaushängen und kam beinahe in die Schiffsschraube. Wir schimpften im Duett auf sie ein. Da nahm sie Pustekohls Fernglas und stieg uns aufs Dach. Von dort aus machte sie neue Entdeckungen.
    »Rex, Rex, da fährt ein Dampfer mitten durch die Wiesen!« rief sie.
    Die Richtung, in die sie spähte, war befremdend. Sie spähte in Richtung Weichsel. Das Fernglas war doch kein Entfernungsraffer! Außerdem lag doch noch die Erdkrümmung dazwischen.
    »Das wird ein Dampfer bei Greifenhagen sein«, meinte Cotta.
    »Da gibt’s auch noch eine Oder, eine östliche.«
    »Nur gut, daß die Dampfer alle da entlangfahren«, sagte Bibi — im Hinblick auf unseren Zickzackkurs.
    »Hier fahren genauso viele«, behauptete Cotta. »Warte nur.«
    »Und Rex«, ließ sich Bibi besorgt vernehmen, »mir kommt unser Boot so groß vor. Ich hab’ das Gefühl, wir füllen die ganze Oder aus.«
    Das Gefühl hatte ich längst.
    Cotta meldete: »Es folgt uns ein kleines Boot, ein ganz, ganz kleines! Schaut mal!«
    Es war unser Beiboot, das sich durch Bibis Hampelei gelöst hatte.
    Ich wendete, aber das vertrackte Ruderblatt wendete nicht mit.
    »Ich sehe, wir müssen noch manches lernen«, seufzte Cotta.
    Wir verfehlten das Beiboot und mußten wieder wenden.
    »Bibi, was machst du da oben?« schrie Cotta. Man hatte den Eindruck, Bibi decke das Dach ab. Die Scheiben klirrten so komisch.
    »Ihr könnt wohl nicht oben und unten unterscheiden«, antwortete Bibi beleidigt. »Das Schurren kommt vom Kiel. Wir laufen auf Grund.«
    Entsetzlicher Gedanke! Kaum fünf Kilometer aus dem Hafen und schon schiffbrüchig. Das Schilf griff mit knisternden Fingern nach der Bordwand. Die Schraube wirbelte Schlamm auf. Der Motor rüttelte. Unsere Gesichter bebten wie Pudding.
    Dann, ein Ruck... großes Aufatmen... wir glitten ins freie Wasser. Cotta hing außenbords und hielt das Beiboot.
    »H i l f e...!«
    »Rettungsring!« schrie Bibi. Es ging noch einmal ohne. Wir klaubten Cotta von der Bordwand und versuchten, das Beiboot festzumachen. Es war ein hartes Stück Arbeit. Der Motor tuckerte im Leerlauf. Bibi stand am Rad und paßte auf.
    Während ich mit Cotta über dem Heck hing, kam ein Dampfer von vorn, der erste Schnelldampfer, den wir je auf der Oder erlebt hatten. Bibi stieß einen Schrei aus und fuhr los, wir ließen das Beiboot sausen.
    »Hilfe, das Steuer funktioniert nicht!« behauptete Bibi. »Ich will ganz woanders hin«! Das war klar, denn wir fuhren im Winkelschuß auf den Dampfer zu. Ich warf mich in die Speichen.
    Cotta blies auf der Signaltute — Signale, die es wirklich gab, allerdings ohne zu wissen, was sie bedeuteten. Sie blies: Nehme Fahrt auf, bin am Sinken, halte mich links, halte mich rechts...
    Der Dampfer bog mit schäumender Bugwelle aus, so weit er konnte. Wir schwebten zwei Handbreit an ihm vorbei, hörten schauerliche Flüche, lasen am Heck »Meteor, Stettin« und hatten die Gefahr überstanden.
    »Wir sind noch zu neu in der Flußbranche«, sagte Cotta. Wir fingen das Beiboot ein und suchten einen Anlegeplatz — zur Erholung und zur Deckung unseres Trinkwasserbedarfes. Ein Dorf tauchte am linken Ufer auf. Es lag an einer seenartigen Erweiterung des Stroms, sehr hübsch. Vor allem gab es dort ein richtiges Bollwerk. Wir steuerten es an.
    Das Manöver gelang einigermaßen. Bibi war zwar nicht schnell genug mit dem Autoreifen zur Hand, der den Anprall mildern sollte, und so fielen wir auf die Nase. Es gab ein häßliches Knirschen... armer Pustekohl! Aber dann lagen wir ganz fachmännisch am Bollwerk.
    Kinder guckten auf uns herab. Bootstopfgucker. Sie sagten uns, der Ort heiße Mescherin. Alsdann hielten wir Rat, wie wir Pustekohl überrumpeln könnten. Das war die dringlichste Frage. Der

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