Die oder keine
zischte Martha, die in der ersten Reihe saß. „Ich habe eine Ewigkeit gebraucht, um Ihre Krawatte zu binden, und sie sitzt perfekt.”
Langsam ließ Jason die Hände sinken. Sie zitterten leicht.
Heiraten war doch nicht so einfach, wie er es sich vorgestellt hatte. Er stand allein vor dem Altar, während die Gäste, die sich in großer Zahl eingefunden hatten, erwartungsvoll zu ihm und dann den leeren Gang entlang blickten.
Kein Trauzeuge stand neben ihm, der ihn hätte beruhigen können, denn er hatte gedacht, er würde keinen brauchen. Heather hatte sich gegen Brautjungfern entschieden, da sie ohnehin keine gleichaltrigen Freundinnen hatte. Da sie ihre Tante gepflegt hatte, war sie seit über einem Jahr kaum noch unter Leuten gewesen. Nahe Verwandte hatte sie auch nicht.
Daher hatte sich Doc Brandewilde bereit erklärt, sie zum Altar zu führen, und er und seine Frau Martha würden als Zeugen den Trauschein unterzeichnen. Ein offizieller Empfang würde auch nicht stattfinden. Allerdings hatten er, Jason, und Heather alle Einwohner von Tindley zur Trauung und zu einem anschließenden Imbiss auf dem Kirchhof eingeladen. Nachdem der Fotograf die Hochzeitsfotos gemacht hatte, würden sie die Torte anschneiden, und danach würden einige kurze Ansprachen folgen.
Sobald sie der Tradition Genüge getan hatten, würden sie in die Flitterwochen aufbrechen und eine Woche an der Küste verbringen. Heather kannte das Ziel noch nicht.
Er, Jason, hatte es ausgesucht. Da er noch nicht so lange in der Praxis tätig war, wollte er auch nicht länger wegbleiben.
Nervös warf er einen Blick auf seine neue Armbanduhr. Es war fünf Minuten vor halb vier.
Die Trauung war jedoch für drei Uhr angesetzt.
Wo steckte Heather bloß? Die Kirche lag mitten in der Stadt, nicht einmal eine Minute Fahrt vom Süßwarenladen entfernt. Man hätte sogar zu Fuß gehen können!
Aufgeregt faltete Jason die Hände hinter dem Rücken, trat von einem Fuß auf den anderen und wartete. Es musste mittlerweile halb vier sein, und Heather war noch immer nicht zu sehen.
Sie hat es sich anders überlegt, dachte er. Sie kommt nicht.
Jason schloss die Augen, als ihm bewusst wurde, was das bedeutete. Seit dem Desaster mit Alice war sie anders als sonst, ruhiger und zurückhaltender. Sie hatte sich keine Filme mehr mit ihm angesehen und hatte auch nicht gewollt, dass er sie berührte oder küsste.
Manchmal hatte er sie dabei ertappt, wie sie ihn aufmerksam betrachtete, als wüsste sie nicht mehr, wie sie ihn einschätzen sollte.
Er hatte alles getan, um sie zu beruhigen, doch ihre Beziehung hatte durch sein Verhalten einen Knacks bekommen. Er hätte ehrlich zu Heather sein müssen, das war ihm jetzt klar.
Er würde teuer für seinen Fehler bezahlen. Sie würde ihn nicht heiraten.
„Sie ist da”, flüsterte Martha, und als er daraufhin die Augen öffnete, stellte er fest, dass der Pfarrer bereits vor dem Altar stand und alle sich umgedreht hatten und zum Eingang blickten.
Jason war so erleichtert, dass ihm übel wurde.
Die ersten Takte des „Hochzeitsmarschs” erklangen, und da war sie … seine Braut …
seine Heather. Sie schwebte den Gang entlang auf ihn zu und trug das schönste Brautkleid, das er je gesehen hatte - eine Kreation aus Chiffon und Spitze, oben eng anliegend und dann leicht ausgestellt. Der Ausschnitt war sehr tief und zeigte mehr von ihren Brüsten, als er, Jason, je gesehen hatte. Auch die Ärmel waren eng und aus Spitze, und der Rockteil umspielte beim Gehen verführerisch ihre wohlgeformten Schenkel.
Ihren schlanken Hals zierte eine kurze Perlenkette, und ein kurzer Schleier aus Spitze bedeckte den größten Teil ihres hübschen Gesichts. Eine spitzengesäumte Schleppe aus Tüll vervollständigte das Erscheinungsbild.
Dass sie das Kleid selbst genäht hatte, nötigte ihm Respekt ab. Dass es so sexy war, überraschte und erregte ihn.
Leider konnte er ihre Augen nicht sehen, da sie vom Schleier bedeckt waren. Nur ihr Mund war zu sehen.
Erstaunt stellte Jason fest, dass sie keinen Lippenstift benutzt hatte. Normalerweise tat sie das nämlich. Hatte sie es aus Nervosität vergessen? Er hätte es ihr nicht verdenken können, denn er hatte noch einmal ins Haus zurückkehren müssen, um die Ringe zu holen, und es nicht einmal geschafft, seine Krawatte zu binden.
Er lächelte ein wenig nervös, doch sie erwiderte sein Lächeln nicht. Auch Doc Brandewildes Miene war ernst.
Irgendetwas stimmte nicht. Jason blickte
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