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Die Odyssee des Captain Roadstrum

Die Odyssee des Captain Roadstrum

Titel: Die Odyssee des Captain Roadstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Lafferty
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Matrose setzte sich auf ihren Schoß und schloß sie leidenschaftlich in die Arme.
    Ein greller Blitz zuckte auf, und die Blondine stäubte ein Häufchen Asche von ihren Knien, die sterblichen Überreste des Matrosen Nonvalevole.
    „Das war plötzlich und gründlich”, sagte Captain Puckett.
    „Haben Sie eine Aufzeichnung machen können, Matrose Bramble?”
    „Zwölftausend Ampere, neun Millionen Volt. Ein recht hübscher Stromstoß. Und dabei hat sie immer weitergesungen und nicht einen Ton ausgelassen. Abgesehen von dem Ton natürlich. Aber ich bin sicher, daß ich auch davon einen Anklang gehört habe, genau in dem Moment, als Nonvalevole geröstet wurde. Es war noch nicht ganz ein Ton, aber jedenfalls beinahe.”
    „Dieser Fastton kam von Matrose Nonvalevole, nicht von der Sirene”, entschied Captain Roadstrum. „Als er starb, war er nahe daran, diesen Ton auszustoßen. Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg. Ich habe die Intuition, daß wir ins lebenswichtige Innere dieser Kreatur vorstoßen müssen. Die Außenhaut von diesem Ding ist zu gefährlich.”
    „Seien Sie still, Captain Roadstrum”, sagte Captain Puckett. „Ein intuitiver Mann sind Sie nicht. Es ist aber wirklich ein sehr wirksamer elektrischer Stuhl, den sie da haben.”
    „Aber nichts Neues”, sagte Matrose Crabgrass. „Wir haben so was doch schon auf Womboggle kennengelernt. Da benutzen sie auch elektrische Stühle in der Form schöner Frauen, damit die Verurteilten glücklich sterben.”
    „Wer ist der nächst wertlose und entbehrliche Mann?” fragte Captain Puckett. „Matrose Stumble, würde ich sagen.”
    „Ich klettere nicht da hinauf”, sagte Stumble mürrisch. „Für mich selbst bin ich nicht wertlos und entbehrlich. Schicken Sie doch irgendeinen anderen Trottel hinauf.”
    „Sie werden hinaufgehen”, sagte Captain Puckett hartnäckig, „und einen Erdungsdraht hinter sich herziehen. Dann werden wir sehen, ob Sie genau so gründlich gegrillt werden wie Matrose Nonvalevole. Wir werden dieses Experiment noch ein paar Mal durchführen, dann können wir vielleicht gewisse Regeln feststellen, nach denen dieses Ding arbeitet.”
    „Na schön, mir gefällt’s zwar gar nicht, aber ich werde es tun”, sagte Matrose Stumble mürrisch. Matrose Bramble befestigte ein dickes Kabel an seinem Rücken, das Stumble wie einen Schwanz hinter sich herschleifte, und dann begann er, den Berg hinaufzuklettern, auf eine barbusige Blonde zu, die auf der linken Bergflanke saß. Sie sang die Ballade mit klarer, heller Stimme, und Matrose Stumble kletterte schneller und schneller, je näher er ihr kam, und sie sang immer lauter und immer rhythmischer, alle Töne der packenden Melodie, bis auf den letzten natürlich.
    Matrose Stumble lief die letzten Schritte auf die Sirene zu, warf sich ihr in die ausgestreckten Arme und umklammerte sie mit Armen und Beinen. Das brachte einen lachenden Ton in ihren Gesang, aber auch das war nicht der fehlende, auf den sie alle warteten. Und dann gab sie ihm einen Kuß, der wirklich gewaltig war.
    Wieder zuckte ein lautloser Blitz. Und dann schnippte die Blondine die Asche von ihrem Busen, die einmal der Matrose Stumble gewesen war. Und das verdammte Lied klang wieder auf, und wieder fehlte die letzte Note.
    „Haben Sie diesmal die Meßwerte bekommen, Matrose Bramble?” fragte Captain Puckett.
    „Ja. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg”, sagte Matrose Bramble. „Der Erdungsdraht hat tatsächlich gewirkt. Er ist natürlich auch verdampft, und dabei sind drei oder vier Männer getötet worden, die zufällig in der Nähe des Kabels standen, aber es war trotzdem ein Erfolg. Dieses Mal hatte der Stromstoß nur noch elftausendundfünfzig Ampere und acht und eine viertel Million Volt. Beim nächsten Mal benutzen wir einen stärkeren Erdungsdraht. Unsinn, wir nehmen gleich zwei davon.”
    „Wer ist der nächst nutzlose Mann?” fragte Captain Puckett und sah sich um.
    „Genug”, verkündete Captain Roadstrum nachdrücklich. „Jetzt übernehme ich wieder das Kommando.”
    „Aber, Roadstrum, wir gehen doch nach streng wissenschaftlichen Methoden vor”, protestierte Puckett. „Bitte, mischen Sie sich da nicht ein. Ein Wissenschaftler sind Sie nicht.”
    „Ihre wissenschaftliche Methode wird am Ende keinen von uns am Leben lassen, Puckett. Eine Patrouille! Seht nach, ob es nicht einen Zugang zum Inneren dieses Berges gibt. Wir jucken dem Ding doch nur das Fell, und wenn es sich kratzt, tötet es uns!

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