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Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands

Titel: Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruediger Jungbluth
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an Schiffsmodellen hatte das Kind Freude. In den Ferien fuhr die Familie damals meist auf die Insel Juist. Dort verbrachte August Oetker viel Zeit am Hafen und beobachtete, wie die Fährschiffe anlegten und abfuhren.
    Nach dem Abitur zog er 1963 nach Hamburg. Bei der Firma Knöhr & Burchard Nachfolger, einer bereits im Jahre 1814 gegründeten Reederei, die nicht zur Oetker-Gruppe gehörte, begann August Oetker eine Lehre als Kaufmann. Anders als die anderen Auszubildenden fuhr der Unternehmersohn mit dem Auto zur Arbeit. Um aber nicht aufzufallen |293| , parkte er es einige Hundert Meter entfernt vom Kontor am Rödingsmarkt und ging das letzte Stück zu Fuß. Autos faszinierten ihn sehr. Besonders genoss es der Lehrling, wenn er im Auftrag der Reederei Zollformalitäten für Diplomatenlimousinen und Sportwagen erledigen musste und mit den Wagen durch das riesige Hafengelände fahren konnte.
    Nach der Abschlussprüfung als Reedereikaufmann 1965 sammelte August Oetker erste Berufserfahrungen bei Schifffahrtsunternehmen und Transportversicherungen im In- und Ausland. In New York arbeitete er in der Dependance der Columbus-Line, die zur Hamburg Süd gehörte. Der Vater erwartete, dass der Sohn nun zügig ein Studium aufnahm. Aber August Oetker mochte nicht. »Die Universität war für mich abschreckend, aber ein Muss«, bekannte er später.
    1966 schrieb er sich an der Universität Hamburg im Fach Betriebswirtschaftslehre ein. Der Vater wünschte, dass der Sohn auch als Student standesgemäß lebte und ein Haus in guter Lage bezog. Darüber kam es zu ersten Konflikten. August Oetker wollte im Kreis der Freunde und Kommilitonen kein Außenseiter sein und lieber eine Wohnung als eine Villa. Der Student aus reichem Hause würde kein Achtundsechziger werden, aber die Zeitstimmung, dieses Gemisch aus Aufbruch und Protest, die prägte auch ihn – und das Verhältnis zum Vater.
    Als der junge Oetker dem alten Herrn Anfang der siebziger Jahre mitteilte, dass er seine Freundin, die vier Jahre jüngere Georgia Dill, heiraten wollte, kam es zum großen Krach. Rudolf-August Oetker hielt nicht viel von der jungen Frau, auf die die Wahl des Sohnes gefallen war. Vor allem aber war er dagegen, dass August Oetker vor Abschluss seiner Ausbildung heiratete. Das schickte sich nicht, fand der Vater. Die Hochzeit wurde dennoch 1971 gefeiert. Doch Rudolf-August Oetker soll ihr ferngeblieben sein.
    Noch ein weiteres Mal enttäuschte der Junior den Vater. Rudolf-August Oetker legte großen Wert darauf, dass sein Sohn die Chance nutzte, die er selbst wegen des Krieges nicht hatte, und nach dem Studium einen Doktortitel erwarb – so, wie ihn sein Urgroßvater und sein Großvater vor ihrem Namen geführt hatten. Wie geheißen, begann |294| August Oetker nach der Diplomprüfung mit der Arbeit an einer Dissertation.
    Deren Abschluss ließ dann allerdings auf sich warten. Über einige Jahre hörten Freunde, Bekannte und Geschäftspartner aus dem Mund des Seniors, dass Stammhalter August nun sicher bald promoviert werden würde. Doch daraus wurde nichts. Der Junior verlor die Lust an der Wissenschaft und brach das Vorhaben ab.
    August Oetker trat auch keinen Job in der Bielefelder Zentrale an, wo er unter der direkten Aufsicht des Vaters gestanden hätte. Er ging mit Frau und Kindern zuerst nach London und einige Jahre darauf nach New York, wo er sich einen Job in der Finanzbranche gesucht hatte. Als Associate in der Investmentbank Lehman Brothers Kuhn Loeb gewann er ganz neue Einblicke in das Wirtschaftsleben. Nachdem er sich eingearbeitet hatte, rechnete er sich gute Chancen aus, in der Finanzfirma eine Karriere aus eigener Leistung zu schaffen. Das Leben in den USA gefiel ihm sehr. Seine Frau und die Kinder fühlten sich ebenfalls wohl in New York. So richtete sich August Oetker darauf ein, auf Dauer in den USA zu bleiben.
    In den späten siebziger Jahren musste die Entscheidung fallen. Seit Rudolf-August Oetker 1976 seinen 60. Geburtstag gefeiert hatte, dachte er vermehrt über einen Rückzug nach. Wer sollte die Nachfolge antreten? Würde sein ältester Sohn nun bald in das Familienunternehmen zurückkehren wollen, um sich auf den Spitzenjob vorzubereiten? Wer anders konnte den Vater ersetzen?
    Der vier Jahre jüngere Christian Oetker, der im Bankhaus Lampe gelernt und anschließend Betriebswirtschaft studiert hatte, war noch zu unerfahren. Dasselbe galt für Richard, der überdies durch die Folgen der Entführung stark in Anspruch genommen war.

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