Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
London. Der geplante Umtausch platzte, als den Interessenten klar wurde, dass es sich um registrierte Scheine handelte. Während Zlof zu seiner Frau nach München zurückfuhr, versuchte sein Knastkumpel auf eigene Faust, 100 Scheine aus dem Lösegeld umzutauschen. Er verlangte 500 Mark pro alten Tausender und fand auch einige Abnehmer. Auf diese Weise kam das Geld in den Besitz etlicher Kleinkrimineller – und bald darauf in die Hände von Scheinaufkäufern der Polizei. Den Fahndern gelang es, die Spur der Scheine zurückzuverfolgen. Im Januar 1996 verhafteten Polizeibeamte den Zlof-Helfer im Hunsrück. Im Verhör belastete der Mann seinen Knastkumpel.
Nun gestand Dieter Zlof seinen Anwälten, dass er entgegen allen früheren Unschuldsbeteuerungen das Verbrechen doch begangen hatte. Jetzt wolle er alles erzählen. Eine Zuhörerin war bald gefunden. In langen Gesprächen gab Zlof seine Version der Ereignisse der Journalistin Nicole Amelung zu Protokoll, der Ehefrau des Zlof-Verteidigers Martin Amelung. Die bayerische Polizei erfuhr von dem Buchprojekt und beschlagnahmte das Manuskript im Dezember 1996. Das Buch erschien gleichwohl im Herbst 1997 unter dem Titel »Die Oetker-Entführung. Geständnis des Dieter Zlof: die Geschichte der 21-Millionen-Erpressung«.
Das 800-Seiten-Werk gibt Zlofs Sicht der Dinge wieder und ist ein |286| Dokument seiner Selbstgerechtigkeit. Zugleich offeriert es einige Antworten auf Fragen, die im Prozess nicht geklärt worden waren. Zlof erklärte ausführlich die Tricks, die er sich hatte einfallen lassen, um seinem Opfer vorzuspiegeln, dass es in der Gewalt einer ganzen Bande wäre. So hatte Zlof den für die Aussetzung Oetkers vorgesehenen Opel Commodore mit laufendem Motor und laufender Heizung in einem Waldstück geparkt. Anschließend war er per Anhalter zurück in die Stadt gefahren, um dann Oetker im VW-Bus zum geplanten Aussetzungsort zu steuern, wo er sein Opfer in den aufgeheizten Wagen legte. Oetker und die Polizei nahmen wie selbstverständlich an, dass Zlof-Komplizen dieses Auto in den Wald gefahren haben mussten.
Zlof schilderte in dem Buch auch seine Sicht, wie es zu den fürchterlichen Stromschlägen gekommen war. Demnach hatte er eine elektrische Anlage mit einem so genannten Akustomaten konstruiert, die dem Opfer bei einem bestimmten Geräuschpegel in der Kiste einen Schlag geben sollte, allerdings, wie Zlof beteuerte, nur etwa der Art, wie Kühe sie an Weidezäunen bekommen. Er habe die Anlage damals zuerst an sich selbst ausprobiert, so Zlof, dann allerdings den eingebauten Widerstand gegen einen neuen, unbenutzten ausgetauscht. Als er in den Tagen nach der Entführung aus den Zeitungen erfahren habe, wie schwer Richard Oetker verletzt worden war, habe er den Strom der Anlage noch einmal gemessen. Zu seinem Entsetzen habe er festgestellt, dass der Strom zehnmal größer gewesen sei, als beabsichtigt. Der Widerstand sei viel geringer gewesen, als er hätte sein sollen, behauptete Zlof. Also müsse er wohl beim Einbau zwei Teile verwechselt haben.
Die Schuld für diesen fatalen Fehler, der Richard Oetker seine Gesundheit kostete und beinahe auch sein Leben, diese Schuld sah der Entführer allerdings auch 20 Jahre nach der Tat nicht bei sich selbst. Zlof lud die Verantwortung beim Hersteller der Elektroteile ab: Die Widerstände seien farblich nicht deutlich genug markiert gewesen, behauptete der Mann, dem daran gelegen war, in der Öffentlichkeit nicht als brutaler Menschenquäler dazustehen.
Nicole Amelung verglich Zlofs Schilderungen mit den Prozessakten |287| aus dem Gerichtsverfahren in den Jahren 1979 und 1980 und kam zu dem Schluss: »Das Frappierende an diesem Urteil war, dass man den Richtigen verurteilt, lediglich mit den falschen Werkzeugen ›zur Strecke gebracht‹ hatte: mit Zeugen, die sich geirrt oder bewusst die Unwahrheit gesagt haben, und mit Indizien, die nicht hätten ausreichen dürfen.«
Dieser Befund der Journalistin ist aber nicht überzeugend. Selbst wenn Zlofs spätes Geständnis in allen Einzelheiten stimmte, was zweifelhaft ist, so ergäbe sich daraus nur, dass das Gericht die Tat nicht in jedem Detail richtig rekonstruiert hätte. Dass Zlof 1980 auf Basis falscher Beweise verurteilt worden wäre, wie Nicole Amelung meint, davon kann in Wahrheit keine Rede sein. In der Jägersprache der Autorin ausgedrückt: Zlof wurde durchaus waidgerecht zur Strecke gebracht.
In dem Geständnisbuch legte Zlof immer noch nicht alle Karten auf den
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