Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
einer der Produzenten fungierte, wollten wohl Zlof zuvorkommen und verhindern, dass die Filmrechte an dem Amelung-Buch verkauft werden würden. Richard Oetker traf sich mit dem Regisseur Peter Keglevic und dem Drehbuchautor. Er lud auch den Schauspieler Sebastian Koch, der ihn in dem Film darstellen sollte, zu sich nach Hause ein. Bei Kirschkuchen und Wein erzählte er ihm von der Entführung. Er verriet Koch, dass er lange Jahre auf eine Entschuldigung Zlofs gewartet hatte. »Er spricht sehr nüchtern, fast cool darüber«, berichtete Koch später einer
Bunte-
Journalistin von seinem Besuch in Bielefeld. »Nur bei dem Wort ›Kiste‹ hatte ich den Eindruck, da verändert sich etwas in ihm. Ich konnte spüren, dass diese Kiste, sein Gefängnis, für ihn ein magischer Ort war – ein Ort des Todes.«
Der Spielfilm wurde im November 2001 unter dem Titel »Tanz mit Teufel« ausgestrahlt, vom Publikum und den Kritikern gelobt und erhielt den Deutschen Fernsehpreis. Auf Oetkers Wunsch zahlten die Produktionsfirma und der Privatsender einen größeren Betrag an den Weißen Ring. Um dieser gemeinnützigen Organisation Geld zukommen zu lassen, stellt sich Richard Oetker auch schon mal als Schirmherr eines Golfturniers zur Verfügung.
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|291| 21. »Einen Generationenkonflikt kann man nicht vermeiden«
August Oetker II. übernimmt das Ruder
D ie Karriere des Unternehmers August Oetker junior begann mit einem Märchen. Auf einer Weihnachtsfeier für die Kinder der Oetker-Belegschaft wurde in den frühen fünfziger Jahren Schneewittchen aufgeführt. Der Junge, der so hieß wie sein berühmter Urgroßvater, stand kostümiert auf der Bühne. August Oetker war der siebte Zwerg.
Sein Vater saß im Publikum und freute sich. Firmeninhaber Rudolf-August Oetker sah es gerne, dass sein Erstgeborener auf diese Weise im Unternehmen bekannt wurde. Oetker war ein Unternehmer der dritten Generation und sah sich selbst als Teil einer Dynastie. Jetzt sollten die Leute seinen Sohn sehen und sagen: Da ist er, der Thronanwärter.
August war der erste Sohn aus der zweiten Ehe seines Vaters mit Susi Oetker. Er war der Älteste von vier Geschwistern und damit der Stammhalter. Rudolf-August Oetker hatte bereits eine Tochter Rosely aus seiner kurzen ersten Ehe, die aber nicht bei ihm aufwuchs. Zu diesen fünf Kindern sollten später noch drei weitere aus der dritten Ehe des Unternehmers kommen.
Vier Jahre besuchte August Oetker die Grundschule in Bielefeld. Die anderen Kinder nannten ihn Pudding, dabei war er schlank und groß. Dann schickte der Vater seinen Sohn auf das Eliteinternat Schloss Salem in Baden-Württemberg, wo er vorher bereits dessen ältere Halbschwester Rosely untergebracht hatte. Im Kreis der Mitschüler waren die beiden Oetkers nicht die einzigen, deren Eltern sehr vermögend waren. Aber niemand anderer trug einen so bekannten Namen.
|292| Was ein solcher Name für ein Kind bedeutet, sollte der Verlegerspross Florian Langenscheidt später einmal so beschreiben: »Stellen Sie sich vor, Sie tragen eine Marke mit solcher Strahlkraft als Familiennamen. Sie werden damit geboren – und man erkennt sie schon am Anhänger auf der Neugeborenenstation. Sie gehen damit in den Kindergarten – und die Kindergärtnerin weiß Bescheid. Sie werden diesbezüglich jahrelang in der Schule angesprochen – und entsprechend der erwarteten Kompetenz eingeordnet, bewundert oder auch gehänselt.«
August Oetkers Lebensweg war in gewisser Weise vorgezeichnet. Einen Beruf brauchte er nicht zu wählen. Die familiäre Vorgabe lautete: Unternehmer in der vierten Generation. Auf dieses Ziel hin war er 1944 sozusagen getauft worden.
Immerhin gab es mehrere Wege, unter denen August nach dem Abitur wählen konnte. Das Oetkersche Reich war in den Nachkriegsjahrzehnten groß und vielgestaltig geworden und bot den Nachkommen viele Betätigungsfelder. Augusts Vater hatte als junger Mann zwar auch eine Zeit lang Puddingpulver durch das Werk schieben müssen, dann aber doch eine Lehre als Bankkaufmann absolvieren dürfen – außerhalb der Oetker-Gruppe.
August Oetkers Interesse galt schon früh den Schiffen. Als Junge war er oft in Hamburg, wo sein Vater die prachtvolle Elbvilla »In de Bost« besaß. Oftmals hatte das Kind die großen Frachter bestaunt, die auf dem Fluss vorbeifuhren. Manchmal war er am Ufer entlanggelaufen, um auszuprobieren, ob er mit der Geschwindigkeit eines der scheinbar so trägen Schiffe mithalten konnte. Auch
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