Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
Tisch. Wo das Geld nach der Verhaftung seines Knastkumpels geblieben war, das verschwieg er auch noch, als er die Entführung zugab. Auch im Polizeiverhör schwieg er. Nach der Festnahme des Zlof-Helfers hatten LKA-Beamte die Fischerhütte durchsucht, das Lösegeld allerdings nicht mehr finden können.
Nach seinem Geständnis blieb Zlof auf freiem Fuß und suchte nach Abnehmern für das Geld. Er versuchte sogar, mit Rudolf-August Oetker ins Geschäft zu kommen. Der Konzernsenior war der rechtmäßige Eigentümer, er hätte die alten Scheine jederzeit problemlos umtauschen können. Einmal traf sich Oetkers Anwalt Walter Maaß in München zu einem Gespräch mit einem Anwalt Zlofs. Gesprochen wurde über ein Angebot Zlofs, das der Oetker-Anwalt als unmoralisch empfand: Rückgabe des Lösegeldes gegen Provision. »Wir machen keine Geschäfte mit Verbrechern«, beschied Maaß dem bayerischen Kollegen. »Herr Zlof soll nichts von dem Geld haben.« Dann würden die Millionen wohl auf dem Marienplatz in München verbrannt werden, sagte Zlofs Anwalt.
Es sollte nach diesem denkwürdigen Gespräch nicht lange dauern, bis Rudolf-August Oetker 12,5 Millionen Mark auf anderem Wege |288| zurückbekam. Beamte des bayerischen LKA stellten Zlof eine Falle. Der Entführer wurde im Mai 1997 durch verdeckte Ermittler nach London gelockt, wo er schon einmal versucht hatte, die Beute zu verwerten. Auch diesmal war es Zlof gelungen, Helfer zu rekrutieren. Ein Komplize half ihm dabei, das Lösegeld in einer Büchersendung zu verstecken und durch eine Spedition von Deutschland nach England bringen zu lassen. Ein anderer mietete Autos.
Trotzdem ging der Oetker-Entführer in die Falle. Sonderfahnder von Scotland Yard überraschten Zlof am 27. Mai 1997 dabei, wie er das Lösegeld tauschen wollte, und verhafteten ihn. Für die Entführung konnte er auch in England nicht ein zweites Mal bestraft werden. Ein Londoner Gericht verurteilte ihn aber immerhin zu zwei Jahren Haft wegen »Annehmens gestohlener Güter«, das nach britischem Recht eine Straftat ist. Zlof wurde wohl zum Verhängnis, dass er das Geld auf englischem Boden von einem Spediteur ausgehändigt bekommen hatte.
Nach der Haft begann Zlof ein neues Leben. Seine Frau hatte sich zwar von ihm scheiden lassen, aber sie beschäftigte ihn dennoch in einer Imbissbude, die sie unter ihrem Mädchennamen eröffnet hatte. Als sich die Oetker-Entführung 2001 zum 25. Mal jährte, erhielt der Täter die Gelegenheit, in einer TV-Dokumentation des Norddeutschen Rundfunks seine Sicht der Dinge zu schildern.
Richard Oetker war anfangs gegen diesen Film, an den sich Danuta Harrich-Zandberg und Walter Harrich gemacht hatten. Dann überlegte er es sich anders und bat seinen Bruder, seinen Anwalt und seinen Arzt, den Filmemachern Interviews zu geben. Richard Oetker wollte auf diese Weise sicherstellen, dass die Perspektive des Opfers in einer Dokumentation dieses – ohne Zweifel mit beachtlicher Intelligenz ausgeführten – Verbrechens nicht zu kurz kam.
Später kritisierte die Opferschutzorganisation Weißer Ring, dass die Sicht des Täters immer noch zu viel Raum erhalten hätte. Tatsächlich durfte Zlof in dem Film unkommentiert Sätze sagen, die auf sein Opfer wie Hohn wirken mussten: »Das Leben ist nun mal eine Abfolge von Traumata, wenn man das so will. Die Frage ist nur, wie weit |290| schwinge ich mich dazu auf, jemand anderem bewusst ein Trauma zu verpassen. Und da habe ich eben Für und Wider abgewogen und habe eben gesagt, gut, ich nehme es mir jetzt einfach mal heraus, so wie es andere auch tun, und verpasse jemandem ein gewisses Trauma. Und selbstverständlich wird der eine, der weniger erlebt hat im Leben, der weniger Narben auf der Seele hat, sagen: ›Nee, das kannst du doch nicht machen‹, während jemand wie ich sagt: ›Da muss er durch. Das schafft er.‹«
Richard Oetker im Gerichtssaal: »Man kann sich als Opfer nicht
menschlicher verhalten«, urteilten Prozessbeobachter.
|290| Um die Opfersicht zur maßgeblichen Perspektive auf dieses Verbrechen zu machen, unterstützte Richard Oetker auch eine Verfilmung der Entführung für Sat.1. Dabei hatte ausgerechnet dieser Sender 1993 eine Talkshow mit Margarethe Schreinemakers ausgestrahlt, in der sich Zlof während eines eintägigen Hafturlaubs als Justizopfer hatte präsentieren dürfen. Oetkers Jugendfreund Ludwig zu Salm hatte den Unternehmer bewogen, bei dem Spielfilmprojekt mitzuhelfen. Oetker und Salm, der bei dem Film als
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