Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
0,3 Prozent von den Wirtschaftsstiftern, in den fünfziger Jahren waren es zehn Prozent.
Der Stifterverband hat eine zweite Funktion, die nicht in seiner Satzung steht. Er bildet den Rahmen für ein Netzwerk mächtiger Männer. Wenn das Präsidium tagt, kann Arend Oetker dem Vorstandssprecher der Deutschen Bank Josef Ackermann die Hände schütteln, ebenso wie Siemens-Lenker Heinrich von Pierer und VW-Chef Bernd Pischetsrieder. Am Tisch sitzen ferner DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp, Allianz-Chefaufseher Henning Schulte-Noelle und BMW-Aufsichtsratschef Joachim Milberg. Spitzenleute von BASF, E.ON, RWE, Bosch, ThysssenKrupp, Bayer und Beiersdorf vervollständigen König Arends Tafelrunde.
|315| Das zweite bedeutende Podium für Oetker ist der Vorsitz in der Atlantik-Brücke. Hier verschafft sich der Unternehmer internationales Ansehen. Die Atlantik-Brücke ist ähnlich wie der Stifterverband ein in der Öffentlichkeit kaum bekannter Club mächtiger Menschen. Die Vereinigung wurde 1952 von einem Kreis um Erik Blumenfeld, Eric M. Warburg und Marion Gräfin Dönhoff gegründet und ist damit die älteste Organisation zur Förderung der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Der Zweck des Vereins war ursprünglich, enge informelle Kontakte zwischen den Entscheidungsträgern beider Nationen aufzubauen und die Westbindung der jungen Bundesrepublik zu fördern. Seit dem Golfkrieg, dem Krieg in Afghanistan und dem Irakkrieg kümmert sich der Club vornehmlich darum, die Freundschaft zu den USA trotz politischer Differenzen zu erhalten.
Die Atlantik-Brücke ist ein elitärer Zirkel, was sich darin zeigt, dass man diesem Verein nicht beitreten kann. Die Mitgliedschaft wird ausschließlich durch Kooptation erworben, das heißt: Vereinsveteranen suchen den Nachwuchs aus. Rund 400 Frauen und Männer gehörten dem Club 2003 an. Die Hälfte der Mitglieder entstammt der Wirtschaft: Manager wie der langjährige Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper oder Jürgen Schrempp. Aber auch Sozialdemokraten wie der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt und Ex-Verteidigungsminister Rudolf Scharping sind Mitglieder. Willkommen im Club durften sich auch einige tonangebende Journalisten fühlen, darunter
Bild-
Chefredakteur Kai Diekmann und
Zeit-
Herausgeber Josef Joffe.
Arend Oetker ist seit Anfang 2000 Vorsitzender des Vereins, und damit Inhaber einer Position, die der
Stern
einmal einen »Brückenkopf zu den wirklich Mächtigen der westlichen Welt« nannte. Den Prestigeposten bekam Oetker wegen der Verfehlungen seines Vorgängers. Er übernahm das Amt von Walther Leisler Kiep, der 16 Jahre an der Spitze des Clubs agiert hatte. Der CDU-Politiker und Versicherungsmakler Kiep hatte während seiner langen Amtszeit die stille Netzwerkdiplomatie der Atlantik-Brücke personifiziert. Zu Kieps politischen Überzeugungen zählte der Satz: »Das Bündnis mit den Vereinigten Staaten ist das zweite Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.«
|316| Mit den geschriebenen Gesetzen nahm Kiep es weniger genau. Im Februar 2000 musste er den Vorsitz der Atlantik-Brücke abgeben, nachdem herausgekommen war, dass er als Bundesschatzmeister der CDU illegale Parteispenden angenommen hatte. Auch die Atlantik-Brücke hatte Kiep für Parteizwecke missbraucht. Auf dem Briefpapier des Vereins hatte er 1993 dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl den Waffenhändler Schreiber und dessen Projekt einer Panzerfabrik in Kanada ans Herz gelegt.
Die Atlantik-Brücke geriet während der CDU-Parteispendenaffäre noch weiter ins Zwielicht, als offenbar wurde, dass etliche Schlüsselfiguren Mitglieder des Vereins waren, neben Schreiber auch der Leuna-Lobbyist Dieter Holzer und der Schatzmeister der hessischen CDU Casimir von Wittgenstein. Dieser Adelsmann hatte die Lüge in die Welt gesetzt, das ungeklärte Parteivermögen stamme aus jüdischen Vermächtnissen.
Im Februar 2000 übernahm Kieps Vize Arend Oetker den Posten des Vorstandsvorsitzenden zunächst kommissarisch. Aber es gelang ihm bald, sich auf Dauer an der Spitze zu etablieren. Eine gewisse Beziehung zu den Vereinigten Staaten konnte er nachweisen. Oetker hatte als junger Mann in den USA studiert. Später war es ihm gelungen, sich mit seinen Schwartauer Werken auf dem nordamerikanischen Markt einen Platz zu erkämpfen. Der Unternehmer erhielt das Vertrauen der Vereinsmitglieder aber auch deshalb, weil er persönlich seit langem reich genug ist, dass ihm kaum zuzutrauen wäre, durch ein Ehrenamt seine persönlichen
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