Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
Geschäftsinteressen befördern zu wollen.
Der Vorsitz der Atlantik-Brücke ist eine Schlüsselstellung bei der Elitebildung in Deutschland. Der Verein versammelt nicht nur die in der Gegenwart Mächtigen, er wirkt auch bei der Auswahl künftiger Führungsgenerationen mit. In einem so genannten Young-Leaders-Programm lädt der Verein einmal im Jahr 25 junge Manager, Nachwuchspolitiker und Journalisten ein und bringt sie mit Talenten aus den USA zusammen. Zu denen, die in früheren Jahren an solchen Treffen teilnehmen durften, zählen Springer-Chef Mathias Döpfner und Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn.
|317| Eher glanzlose Aktivitäten der Atlantiker sind Seminare und Studienreisen für amerikanische Sozialkundelehrer, die Deutschland kennen lernen wollen, und Einführungskurse für Offiziere der US-Streitkräfte in Deutschland. Dreimal im Jahr tagt unter Arend Oetkers Vorsitz der Arbeitskreis USA, auf dem sich Politiker und Experten über das deutschamerikanische Verhältnis austauschen. Und alljährlich im Dezember lädt der Vorsitzende zu einer Galabenefizveranstaltung in New York ein. Die Einnahmen des Abends fließen an eine Stiftung, die ostdeutschen Oberschülern und jungen Schwarzen aus den USA Gastaufenthalte im jeweils anderen Land ermöglicht.
Zu den Höhepunkten seiner Amtszeit dürfte Arend Oetker einmal zählen, dass er im April 2002, als die Atlantik-Brücke ihr 50-jähriges Bestehen feierte, dem früheren US-Präsidenten George Bush einen Preis verleihen durfte. Oetker brillierte bei der Begrüßung mit perfektem Englisch, die Festrede überließ er Bundesaußenminister Joschka Fischer. Unter den Gästen des Abends waren Bundeskanzler Gerhard Schröder, sein Vorgänger Helmut Kohl und der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Solisten der Komischen Oper spielten Stücke aus »Porgy & Bess«.
Arend Oetker begreift sich als politischen Menschen. In den siebziger Jahren war er Mitglied der FDP. Zweimal hat man ihm, dem Sohn eines Großbauern, das Amt des Landwirtschaftsministers angeboten. Doch Oetker lehnte ab, angeblich, weil er den Unternehmerberuf nicht völlig aufgeben wollte. Einige Jahre vor dem Machtwechsel 1982 wechselte Oetker die Partei und schloss sich der CDU an.
Im Bundesverband der Deutschen Industrie spielt Arend Oetker ebenfalls seit langem eine wichtige Rolle. Seit 1992 hat er ununterbrochen den Vorsitz des Mittelstandsausschusses inne. Mehr als zehn Jahre stand er überdies an der Spitze der Arbeitgebervereinigung der Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Noch heute leitet er das Gremium Bildende Kunst im Kulturkreis der deutschen Wirtschaft, der sich unter dem Dach des BDI gebildet hat und aus seinen Mitgliedsbeiträgen Künstler fördert.
|318| Sein Interesse für Kunst und Musik ließ Oetker eine Reihe weiterer Ehrenämter annehmen. Er präsidiert der Deutschen Stiftung Musikleben in Hamburg, die junge Hochbegabte in der klassischen Musik fördert. Oetker leitet auch den Aufsichtsrat der Berliner Philharmonie.
Wo Arend Oetkers Kunstsinn endet, das erfuhr das Satiremagazin
Titanic
1987. Als Chef des Stahlkonzerns seines Schwiegervaters wollte Oetker den Satirikern gerichtlich verbieten lassen, den Weißblech-Werbeslogan »Ich war eine Dose« zusammen mit einer figürlichen Darstellung des ans Kreuz geschlagenen Jesus zu zeigen. Die Öffentlichkeitsarbeit der Weißblechindustrie werde »in einer an Geschmacklosigkeit kaum zu überbietenden Art verleumdet«.
Besonders am Herzen liegt dem Industriellen heute die Unterstützung der Galerie für Zeitgenössische Kunst in Leipzig, deren Förderkreis er leitet. Im Aufsichtsrat der örtlichen Handelshochschule hat er ebenfalls einen Platz eingenommen. Und als die Olympia-Bewerbung Leipzigs im November 2003 in Skandalen zu versinken drohte und ein Teil des Personals bei der Bewerbergesellschaft ausgewechselt wurde, da rückte Arend Oetker zusammen mit Lothar Späth in den Aufsichtsrat. Die Leipziger versprachen sich von dem gut vernetzten Wirtschaftsmann, dass er ihnen bei der Sponsorensuche helfen würde.
Arend Oetkers Ämterfülle belegt ein ausgeprägtes Bedürfnis, mitzumischen. »Ich bin ein Anstifter«, beschrieb er sich einmal selbst. Er habe Freude daran mitzugestalten und wolle sich nicht nur von der Gesellschaft treiben lassen. Hehre Motive – aber können sie die Vielfalt des Engagements erklären und das Übermaß der angenommenen Ämter? Er müsse sich nicht selbst inszenieren, behauptete Oetker in
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