Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
gaben Almanache und Ratgeber heraus und veröffentlichten Erfahrungsberichte ihrer Kunden.
Die Firma entwickelte sich glänzend, und Louis Dohme konnte es sich leisten, von Zeit zu Zeit mit einem Dampfschiff in sein deutsches Heimatland zu fahren. In seinen späten Jahren unternahm er diese große Reise sogar jeden Sommer.
Bei einem dieser Besuche lernte er den Sohn seines Vetters August Adolph Oetker kennen. Als Gymnasiast hatte der junge August Oetker ein Zimmer bei einem Müllermeister in Bückeburg bezogen, der ebenfalls Dohme hieß. Es ist anzunehmen, dass er ein Verwandter des in die USA ausgewanderten Louis Dohme war. Wann August Oetker Dohme das erste Mal traf, ist nicht überliefert. Aber es spricht manches dafür, dass es der erfolgreiche Pharmaunternehmer war, der dem Gymnasiasten riet, den Apothekerberuf zu erlernen.
Louis Dohme hegte große Sympathien für den begabten August Oetker. Der Unternehmer selbst war unverheiratet und kinderlos. Dohme versuchte sogar, den jungen Verwandten zu bewegen, in die USA überzusiedeln. Das war für August Oetker eine faszinierende Aussicht und eine großartige Chance. Aber als er das Vorhaben mit seinen Eltern besprach, spürte er, wie sehr seine Mutter die Vorstellung schmerzte, den Sohn künftig nur noch alle Jahre einmal zu sehen. Vor allem ihr zuliebe gab August Oetker den Plan wieder auf.
Im Anschluss an sein Abitur im Jahr 1878 begann der 16-jährige August Oetker eine Lehre bei einem Apotheker in Stadthagen, der zweiten Stadt im Fürstentum Schaumburg-Lippe. Dreieinhalb Jahre dauerte die Ausbildung in der Ratsapotheke des Dr. Ernst Brackenbusch. Jeden Tag lief August 16 Kilometer zu Fuß, um vom Haus der Eltern, in das er nach Ende seiner Schulzeit wieder zurückgekehrt war, zu der Apotheke und wieder zurückzukommen.
Als August Oetker seinen Beruf erlernte, wurden in den Apotheken des Landes noch in großem Stil Arzneimittel von Hand hergestellt. Oetker lernte, wie in Schneide-, Stoß- und Siebkammern die benötigten |44| Chemikalien zubereitet und die Medikamente im Labor gefertigt wurden. Er lernte Rohdrogen zu zerreiben, Pulver zusammenzustellen und Elixiere zu mischen. Den Apothekern stand es auch damals nicht mehr frei, welche Zutaten sie verrührten, da die Zusammensetzung der Medikamente genau festgelegt war. Die Rezepte waren von einer Kommission aus Ärzten und Apothekern formuliert worden und standen in einem so genannten Arzneibuch. Jeder Apotheker im Deutschen Reich hatte sich daran zu halten.
Zu den Kunden, die der Lehrling Oetker in der Ratsapotheke in Stadthagen bediente, gehörte auch Wilhelm Busch. Der Dichter und Zeichner stammte aus Wiedensahl bei Stadthagen und war nach Jahren an den Akademien von Düsseldorf, Antwerpen und München dorthin zurückgekehrt. In dem Dorf Wiedensahl hatten auch Vorfahren der Oetkers gelebt, ein Kirchendiener namens Hinrich Otteker war bereits 1557 urkundlich erwähnt worden. Ob der Lehrling August Oetker in der Stadthagener Apotheke möglicherweise sogar das Vorbild für den von Wilhelm Busch gezeichneten »Aptekerei-Proviser Mickefett« abgab, ist ungewiss. In dem Gedicht »Die Uhren« lässt Busch allerdings seinen Mickefett eine Taschenuhr ziehen und sagen, »sie ist von einem überseeischen Paten«. Es ist nicht ausgeschlossen, dass August Oetker von Louis Dohme eine solche Uhr bekam, zumal verbürgt ist, dass Dohme seinem Bruder Charles eine besonders kostbare Taschenuhr geschenkt hat.
Im September 1881 legte August Oetker seine Prüfung als Apothekengehilfe ab und bestand sie mit der Note gut. 1882 zog er nach Langen bei Offenbach, wo er einige Zeit in der Apotheke Münch arbeitete. Die weiteren Stationen, die Oetker als Gehilfe durchlief, sind nicht bekannt. Vermutlich im Jahr 1884 kam er zu W. Heraeus nach Hanau. Die Firma produzierte vor allem Apparaturen und Geräte für Apotheken und Labors. Dem Apotheker und Chemiker Wilhelm Carl Heraeus war es 1856 als Erstem gelungen, in der Knallgasflamme Platin zu schmelzen. August Oetker hospitierte im Laboratorium und in der Platinschmelze.
In Hanau hatte der junge Mann ein Zimmer bei der Witwe Julie |45| Jacobi, einer wohlhabenden Frau, die ein Textilgeschäft führte. Sie hatte eine Tochter namens Caroline, die auf Oetker großen Eindruck machte. Die jungen Leute fanden Gefallen aneinander und freundeten sich an. Um in Carolines Nähe bleiben zu können, absolvierte August Oetker sein Einjährigen-Jahr als Soldat in Hanau. Er verließ das Militär als
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