Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
Oetkerschen Risiken versichern durfte. Doch der Unternehmer musste feststellen, dass diese Branche so etwas wie eine geschlossene Gesellschaft darstellte. Weder über die Börse noch auf anderem Weg kam Oetker an größere Stückzahlen von Versicherungsaktien.
Kurzerhand gründete Oetker im November 1954 seine eigene Versicherung. Er gab ihr den Namen des südamerikanischen Neuweltgeiers Condor. Das Geschäft kam für die Condor Transport- und Rückversicherungs-AG fast automatisch. Immer wenn die Hamburg Süd ein neues Schiff zu versichern hatte oder der Vertrag einer alten Police auslief, kam die Condor zum Zuge. Allerdings übernahm die Oetker-Versicherung das Risiko – wie in der Branche üblich – niemals allein, sondern beteiligte weitere Gesellschaften daran. Im Gegenzug mussten diese Partner dann allerdings der Condor die Möglichkeit einräumen, sich an deren Schiffspolicen zu beteiligen.
Das Geschäft lief so gut an, dass Rudolf-August Oetker bereits ein halbes Jahr später den nächsten großen Schritt tat. Er gründete unter dem Namen Condor eine weitere Gesellschaft für die breite Masse der Versicherungskunden. Dort konnten die deutschen Verbraucher ihre Autos, Wohnungen und die Haftpflicht versichern lassen. Sein Assekuranzimperium rundete Oetker schließlich mit der Condor Lebensversicherungs-AG ab. Auch deren Manager mussten sich nicht anstrengen, um den ersten großen Kunden zu akquirieren, denn Rudolf-August Oetker brachte die Pensionskasse der Nahrungsmittelfabrik ein.
Der rastlose Unternehmer nutzte in den Wirtschaftswunderjahren jede Gelegenheit, sein Firmenimperium auszuweiten. So war der Konzernchef auch sofort hellhörig, als er erfuhr, dass der Lampe-Bank 40 Prozent der Anteile an der Frankfurter Bank für Brauindustrie angeboten worden waren. Diese Bank war an einer Vielzahl namhafter Bierbrauereien beteiligt, unter ihnen Berliner Kindl, Binding und die Dortmunder Ritterbrauerei.
Damals galten Brauereien mit ihrem üblicherweise großen Grundbesitz |234| als ein besonders solides Investment auch für schlechte Zeiten. Doch als Rudolf-August Oetker ins Brauereigeschäft einstieg, benötigte er im Grunde längst keine Rücklagen mehr. Er verabredete sich mit dem Schweizer Geschäftsmann, der die Aktien angeboten hatte, im Brenner’s Park-Hotel in Baden-Baden. Die Herren einigten sich darauf, dass Oetker die Hälfte des Aktienpakets übernehmen sollte. Die andere sollte an den Rüstungsfabrikanten Bührle gehen. Wenig später sprang Bührle aber wieder ab, vermutlich, weil er glaubte, dass Oetker ihn bei der Transaktion über den Tisch ziehen wollte. In dieser Situation machte der Bielefelder Konzernerbe alles zu Geld, was sich an kleineren Posten in seinem Aktiendepot befand. Doch erst mit Hilfe von Krediten konnte Oetker den Ankauf schultern. Es sollte allerdings nicht lange dauern, bis Oetker diese Schulden mit dem Gewinn aus seiner Back- und Puddingpulverfabrik wieder getilgt hatte. Überdies gelang es ihm, seinen Besitz an der Braubank auf über 50 Prozent auszubauen.
Bei seinen privaten und geschäftlichen Reisen flog Rudolf-August Oetker äußerst ungern. In Deutschland benutzte er die Bahn oder ein Auto mit Chauffeur. Manchmal steuerte Oetker auch eigenhändig einen VW-Käfer durch die Lande. Wenn er nach Nord- oder Südamerika reiste, nahm er ein Schiff, in aller Regel eines, das ihm selbst gehörte. Trotz seiner Abneigung gegen das Fliegen entschloss sich Oetker 1957, in das wachstumsträchtige Luftfahrtgeschäft einzusteigen. Der Reeder wusste, dass die große Zeit der Passagierschifffahrt abgelaufen war. Auf dem neuen Reisemarkt wollte Oetker vertreten sei. Der Name für die Airline war schnell gefunden. So wurde im November 1954 die Condor Flugdienst GmbH in das Hamburger Handelsregister eingetragen.
Auch in der Lebensmittelbranche nutzte Oetker manche Gelegenheit, sein Reich zu erweitern. Die Schwartauer Werke, die Marmelade, Bonbons und Backdekor herstellten, und die Lübecker Marzipan- und Backmassenfabrik (Lumaba) gehörten wie die Firma Langnese Honig im holsteinischen Bargteheide bereits zur Oetker-Gruppe. Doch 1958 gelang RAO, wie der Konzernchef intern unterzeichnete, ein weiterer |235| spektakulärer Coup. Er kaufte die Söhnlein Rheingold KG. Sie war nach Henkell die zweitgrößte deutsche Sektkellerei, zu der mehrere Weingüter und auch ein gut gehendes Geschäft mit Spirituosen wie Wodka Gorbatschow gehörten.
Oetker kaufte den Karlsruher Suppenhersteller Eto
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