Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
Pinnaus Beobachtung hatten die Männer, als sie auf dem Höhepunkt ihrer Macht angelangt waren, eine weitere Gemeinsamkeit: »Beide hüteten eisern ihr Prestige und duldeten keine starke Persönlichkeit neben sich, und während sie selber repräsentative Villen, Wohnungen, Chalets und Hotelsuiten an den schönsten Plätzen der Welt besaßen, bezahlten sie ihre Topmanager so mäßig, dass es gerade noch zu einem schlichten Einfamilienhaus reichte.«
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17. »Die Leute meinen eben, bei
Oetkers gibt es Geld«
Konzernherr Oetker expandiert
G eschäfte, die ihm durch Steuervergünstigungen oder andere Staatshilfen versüßt wurden, machte Rudolf-August Oetker besonders gerne. So kam er ins Filmgeschäft. Auf die Idee brachte ihn sein Zuckerlieferant für die Nahrungsmittelfabriken. Der Hamburger Kaufmann Julius de Crignis schwärmte Oetker davon vor, wie er sein Geld in Filmprojekten anlegte. Dieses Geschäft galt zu dieser Zeit unter Kennern als attraktiv, weil der Staat mit Bürgschaften einen Großteil des Risikos trug. De Crignis lud Oetker ein, sich an seiner Filmfinanzierungs-GmbH (Fifi) zu beteiligen. Oetker überlegte nicht lange und sagte zu. Er verpflichtete sich, Darlehen in Höhe von 2,4 Millionen Mark für Kinofilme bereitzustellen.
Die Fifi produzierte die Filme nicht selbst, sondern gab sie bei Produktionsfirmen in Auftrag. 1950 waren 19 Filme fertig. Doch die Streifen erwiesen sich als ziemliche Flops, manche landeten nach der Uraufführung wieder im Lager und spielten nicht einmal die Kopierkosten ein. Filme wie »Insel ohne Moral«, »Nur eine Nacht« und »Die weiße Sklavin« hatten weder einen künstlerischen Wert noch zogen sie die Leute ins Kino. Nur »Das doppelte Lottchen« von 1950, dessen Drehbuch Erich Kästner selbst geschrieben hatte, traf den Geschmack des Publikums.
Im Juni 1952 blieb dem Geschäftsführer der Fifi nichts anderes übrig, als beim Amtsgericht Hamburg Konkurs anzumelden. Für den Zuckerhändler war die Pleite tragisch, er hatte sein gesamtes Millionenvermögen in das Filmgeschäft gesteckt. Der Mann verließ Hamburg und nahm sich im Ruhrgebiet ein Zimmer für 30 Mark im Monat. |232| Rudolf-August Oetker musste eine Million Mark abschreiben, was ihn sehr schmerzte, aber er war um eine Erfahrung reicher geworden. Einige Jahre später bedauerte er in einem Interview belustigt, dass er bei seinem Ausflug in die Glitzerbranche nicht einmal eine hübsche Schauspielerin kennen gelernt habe.
In anderen Branchen hatte der Reeder und Fabrikant mehr Fortune. Schon 1949 beteiligte sich Oetker an dem angesehenen Privatbankhaus Hermann Lampe KG. Er erhoffte sich von einer festen und mit Kapital unterlegten Verbindung zu einem Bankhaus vor allem, dass die Einkäufer seines Unternehmens flexibler sein könnten. Wer als Erster ordern konnte, bekam bei der Beschaffung von Rohstoffen wie Kakao häufig den günstigsten Preis. Da war es ein Nachteil, wenn man lange auf die Kreditentscheidung einer Bank warten musste.
Die Lampe-Bank hatte bereits eine 100-jährige Geschichte hinter sich, als Oetker bei ihr einstieg. An ihrer Spitze stand der soignierte Hugo Ratzmann, der auf eine große Karriere als Finanzmann zurückblicken konnte. Im Kreis der Oetker-Getreuen sollte Ratzmann über viele Jahre der Senior sein, die Jüngeren nannten ihn ganz vertraut »Onkel Hugo«. Ratzmann hatte während der wilden zwanziger Jahre in den Diensten der Dresdner Bank gestanden und war in der Weimarer Zeit an der Sanierung etlicher großer Unternehmen beteiligt gewesen. Besonders der Zusammenbruch des Imperiums von Hugo Stinnes hatte ihn nachhaltig beeindruckt. Auch aus diesem Grund sah Ratzmann den Expansionsdrang des jungen Oetker zu Beginn der fünfziger Jahre mit Sorgen. »Denken Sie an Stinnes!«, mahnte er immer wieder.
Während Rudolf-August Oetker ständig neue Chancen entdeckte, wies Ratzmann unablässig auf die Risiken hin. So hielt der Bankier wenig von der Idee, dass Oetker nun auch noch in das Versicherungsgeschäft einsteigen wollte. Auf diesem Feld hatten sie nicht die geringste Erfahrung. Aber Oetker war nicht zu stoppen. Seit längerem ärgerte sich der kostenbewusste Unternehmer über die hohen Versicherungsprämien, die er für seine Schiffe und Fabriken an den Gerling-Konzern zahlen musste. Oetker witterte hohe Profite, und wollte einen |233| Teil davon abhaben. Naheliegend war für ihn daher eine Beteiligung an einer Versicherung, die im Gegenzug die
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