Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
volles Haar, war Bayer, praktizierender Katholik und von kleiner Statur.
Schon 1966 ernannte Oetker den Manager zu seinem Generalbevollmächtigten. Nach den Jahren des Wachstums und der Zukäufe etablierte er eine neue Spitze seiner Gruppe. Dazu gehörte neben Sandler und De La Trobe der Finanzexperte Rudolf Stelbrink. Den Steuerfachmann Stelbrink hatte Oetker Anfang der fünfziger Jahre in sein Unternehmen geholt. Er war ihm wegen seiner Hartnäckigkeit und Genauigkeit aufgefallen – als Inspektor des Bielefelder Finanzamts hatte Stelbrink Oetkers Bücher überaus gründlich geprüft. Bald darauf hatte Stelbrink die Seiten gewechselt und sich seither mit beträchtlichem Erfolg um Oetkers Finanzen gekümmert.
Die drei Manager dirigierten die zunehmend verschachtelte Oetker-Gruppe, die insgesamt zwar bereits 15000 Menschen beschäftigte, aber im rechtlichen Sinne kein Konzern war, weil sie keine wirtschaftliche Einheit darstellte. In dem Spitzentrio war Sandler der Primus, zumal ihm Oetker die Leitung der Geschäfte der Stammfirma und der Getränkefirmen übertragen hatte. Weil es dem Inhaber so gefiel, musste Sandler auch am Sonntagvormittag ins Büro kommen. Dann besprach Oetker mit seinem Generalbevollmächtigten neue Pläne.
In diesen Jahren hatte der Name Oetker in Deutschland einen großen Klang. Einerseits verbanden damit Millionen Hausfrauen Back- und Puddingpulver, andererseits hinterließ er in der Geschäftswelt tiefen Eindruck. »In den Börsensälen und Kontoren der Bundesrepublik gilt das Bielefelder Haus als eine der einflussreichsten und kapitalkräftigsten Gruppen, die sich nach dem Kriege in der Wirtschaft neu formiert haben«, schrieb der
Spiegel
. Immer wenn der Aktienkurs eines Unternehmens stieg und Gerüchte über eine vermeintliche Übernahme aufkamen, fiel neben den altbekannten Namen |238| Flick und Quandt immer öfter auch der Name Oetker. Der junge Konzernherr fühlte sich wohl mit diesem Image. »Tja, die Leute meinen eben, bei Oetkers gibt es Geld«, hatte er schon 1957 gesagt.
Nicht ohne Stolz zählte der Konzernherr im Gespräch mit Journalisten einmal auf, was er in den vergangenen Monaten an Offerten auf den Schreibtisch bekommen hatte. Darunter waren der saarländische Rundfunksender Europa I, ein Bergwerk in Indonesien und eine unbewohnte Insel in der Südsee. Dem zweimal geschiedenen Oetker wurde aber von einer alleinstehenden Gräfin mit Palais in Wien auch angetragen, eine Einheirat zu erwägen. Die Dame hatte aber ebenso eine Absage erhalten wie der Erfinder eines Auto-Radars, das angeblich entgegenkommende Fahrzeuge durch Häuserwände orten konnte. Manchmal griff Oetker aber auch freudig zu, wenn ihm etwas angeboten wurde. Eine Drehorgel beispielsweise, die wollte er gerne besitzen.
Auch als er noch eine große Versicherungsgesellschaft kaufen konnte, sagte Oetker nicht nein. Zwar hatte er schon die Condor-Gruppe, doch der fehlte ein schlagkräftiges Vertreterheer. Oetker hatte inzwischen gelernt, dass es viel Zeit brauchen würde, bis die junge Gesellschaft einen Außendienst aufgebaut hatte, der sich mit den Truppen der Konkurrenten messen konnte. In dieser Situation kam es ihm gerade recht, dass die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft für ihre Mehrheit an dem Versicherungskonzern Deutscher Ring einen Käufer suchte. Oetker griff zu. 1964 übernahm er 71 Prozent des Aktienkapitals der Deutschen Ring Lebensversicherungs-AG.
Als ein besonders ertragreiches Investment sollte sich Oetkers Einstieg bei der Süßwarenkette Rudolf Hussel AG erweisen, der Oetker 1968 gelang. Unter der Führung des jungen Jörn Kreke baute das Hagener Unternehmen eine Parfümeriekette auf, die dem Unternehmen große Gewinne einbringen sollte: Douglas. Oetker, der rund 15 Prozent der Aktien übernommen hatte, profitierte von dieser Erfolgsstory.
In seinem Expansionsdrang fand Rudolf-August Oetker nicht nur Anerkennung. Schon Ende der fünfziger Jahre kursierte eine Broschüre |239| mit dem Titel: »Das goldene Pulver«. Darin wurden Oetkers Aktivitäten in Rezeptform karikiert: »Man nehme die Gewinne aus den vorgenannten Geschäften und kaufe …« Dieses »ganz spezielle Wirtschaftswunderkochbuch« zielte mit seiner Kritik im Kern freilich mehr auf die damals geltenden Steuergesetze als auf Oetker.
Differenzierter urteilte der Wirtschaftsjournalist Michael Jungblut in seinem Buch über
Die Reichen und die Superreichen in Deutschland
: »Wer unternehmerische Aktivität, wirtschaftliche Macht
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