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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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gesagt, an die Nacht gelegt wurde, hätte in Osberg das Einschreiten der Stadtwachen mit anschließender Übernachtung im Kerker zur Folge gehabt. Hier schien es alltäglich zu sein.
    »Hey, Londor, erzähl noch mal, wie du den Troll in der schwimmenden Lore aus dem Wasser gezogen hast«, krakeelte die Stimme eines Angetrunkenen direkt über ihnen.
    Die Oger erstarrten in der Bewegung und sahen sich fragend an.
    »Tabal uns wohlgesonnen«, raunte er Cindiel zu.
    »Oder wir hatten einfach nur Glück«, erwiderte sie leise. Cindiel gab Rator ein Zeichen, hier zu warten, bis sie wiederkommen würde. Rator verstand. Die Zeichensprache war ihm geläufiger als das gesprochene Wort. Mogda dirigierte sie zu einem nahe gelegenen Leiteraufgang.
    Cindiel mischte sich einfach unter die Leute. Niemandem fiel auf, dass sie aus dem Meer zu kommen schien und auch kein Boot unten im Wasser lag, mit dem sie hätte anlanden können. Die Leute waren mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt. Es kümmerte sie nicht, was andere taten, woher sie kamen und wohin sie wollten. Jemand, der nicht aussah, als ob er etwas kaufen würde oder zu verkaufen hatte, existierte für sie gar nicht. Cindiel bahnte sich ihren Weg durch die geschäftigen Bürger Sandlegs, ohne auch nur wahrgenommen zu werden.
    Vor einer kleinen Taverne mit dem schönen Namen »Die Fette Krabbe« blieb sie stehen. Das Schild zeigte neben dem Namen ein rundlich gemaltes Krustentier mit Hut und war auf der einen Seite schon aus der Verankerung gerissen. Windschief baumelte es in der leichten Brise. Das ganze Gebäude vermittelte den Eindruck, schon bessere Zeiten gesehen zu haben. Aus dem Inneren drang zusätzlich zum heiteren Gegröle ein beißender Geruch von übersäuerter Fischsuppe, vermengt mit schalem Bier. Beim Berühren der abgenutzten Türklinke durchfuhr es Cindiel wie ein Blitz. Sie musste an ihre Großmutter denken, und wovor sie sie immer gewarnt hatte.
    »Cindiel, bleib weg von diesen miesen Spelunken, in denen sich nur Halsabschneider und anderes Gesindel herumtreiben. Wenn du alt genug bist, wirst du spüren, wer Übles im Schilde führt, und diese Orte in weitem Bogen umgehen.«
    So wie es aussah, hatte sie dieses Alter noch nicht erreicht, dafür aber die mieseste Spelunke in ganz Nelbor gefunden. Abgesehen davon würde ihre Großmutter es sicherlich auch nicht begrüßen, wenn sie wüsste, dass sie mit einer Horde Oger durchs Land zog, um deren Bestimmung zu finden. Bei dem Gedanken an den Tod ihrer Großmutter überfiel sie erneut Trauer. Sie hoffte, das Richtige zu tun, um ihrer Großmutter keine Schande zu bereiten. Cindiel nahm all ihren Mut zusammen und betrat die Kaschemme.
    Währenddessen standen die Oger noch immer hüfttief im kalten Wasser. Mogda betrachtete die Holzplanken, die als Fußboden in der Taverne dienten, von unten. Zwischen jedem Brett lag ein kleiner Spalt, der aufgrund der unregelmäßigen Verarbeitung manchmal kaum sichtbar, manchmal so breit wie zwei Goldmünzen war. Es mochten vielerlei Gründe für diese Bauweise sprechen, wie zum Beispiel die einfache Reinigung des Bodens, die hervorragende Belüftung oder die materialsparende Konstruktion. Das Wichtigste für Mogda jedoch war, den Raum gut beobachten zu können, und das tat er auch mit einiger Hingabe.
    »Ich kann sie immer noch nicht sehen«, flüsterte er. »Was, wenn ihr etwas zugestoßen ist?« Aber was sollte ihr schon auf den zehn Schritten bis zur Tür passieren?, beruhigte er sich selbst. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Rator sich langsam an den unteren Verstrebungen der Taverne bis zu den Knien aus dem Wasser zog. Das Gebälk knarrte qualvoll.
    »Tabal könnte machen Wasser wärmer«, entschuldigte er sich kleinlaut und glitt wieder ins nasse Element.
    Mogda schaute ihn vorwurfsvoll an, obwohl er ebenfalls fror und nur zu gern aus dem Wasser geklettert wäre.
    »Ich hab gelesen, je wärmer das Wasser ist, desto größer sind auch die Fische, die in ihm leben.«
    Rator schaute ihn verwirrt an. Er hatte in den letzten Tagen nun schon oft gehört, was Mogda alles gelesen haben wollte. Gerade Matscha machte daraus eine wichtige Sache. Jedem, der es hören wollte oder nicht, erzählte er von Mogdas unglaublicher Fähigkeit. Langsam stieg in ihm das unbestimmte Gefühl hoch, er selbst sei dumm. Zwar war ihm bewusst, dass es intelligentes Leben gab, aber nicht unter Ogern. Ihre Fähigkeiten beschränkten sich auf den Kampf und alles, was damit zu tun hatte. Aber nun gab

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