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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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ihn aufhalten zu können, und auch Kruzmaks Wurf mit einem leeren Fass verfehlte ihn.
    Krachend schleuderte der Wurfarm des Katapults nach vorne und verstreute seine tödliche Ladung. Durch die Streuwirkung verteilten sich die Splitter quer über das Deck der Sturmwind. Mogda war einer der wenigen, die außerhalb der Schusslinie standen. Einer ihrer Kampfgefährten wurde von mehreren Geschossen gleichzeitig im Gesicht getroffen und stürzte über die Reling. Kruzmak steckte ein Splitter im Oberarm und zwei in der Bauchdecke. Sie drangen aber nicht tief genug ein, um ihm wirklich gefährlich zu werden. Rator war an beiden Oberschenkeln getroffen und blutete stark.
    Die meisten Menschen, die getroffen wurden, waren auf der Stelle tot, die anderen würden den Tag nicht überleben. Brakbar, der wie durch ein Wunder verfehlt wurde, starrte auf das schwere Mastende, das er in den Händen hielt und auf die drei darin steckenden Metallsplitter, die bis zur Hälfte ins Holz eingedrungen waren. Mit einem wütenden Schrei und zwei Schritt Anlauf schleuderte er den Speerersatz auf Derring. Das fast einen Fuß breite, zersplitterte Ende drang in den Brustkorb des Kapitäns ein, schleuderte ihn rückwärts gegen die Bordwand, durchschlug diese und blieb auf halber Länge in ihr stecken. Mehrere mitgerissene Taue schnürten sich um seinen Körper. Die Hüttenbauer waren wie von Bord gefegt. Entweder lagen sie tot an Deck auf einem der Schiffe oder trieben im Wasser.
    Das blutige Schauspiel, das sich der Mannschaft der Sturmwind bot, ließ die Männer in der Bewegung erstarren. Kapitän Londor gewährte ihnen noch einen Moment der Ruhe, gab dann aber den Befehl, die Boote zu wenden und zurückzurudern. Er sah, wie sich die Oger wieder zurück in den Laderaum begaben und die Luken schlossen. Das Ganze glich dem grausigen Akt eines Bühnenstückes, bei dem die Schauspieler nach der Vorstellung hinter dem Vorhang verschwanden und den Zuschauer verstört in seiner gewohnten Umgebung zurückließen.

28
Heiße Quellen
 
    Wieder brach die Nacht über Wasserzahn herein. Den Bewohnern der kleinen Inseln an der Südküste von Nelbor war es eigentlich egal, ob es Tag oder Nacht war. Jegliche Form von Zeit hatte für sie so gut wie keine Bedeutung. Wichtig waren nur Ereignisse, vorbestimmte Ereignisse, die sich wahllos auf der Zeitachse der Entwicklungsgeschichte des Landes verteilten. Eines dieser Ereignisse hatte sich erst vor kurzem zugetragen, und sie wussten es.
    Die Tunnelröhren, die sich quer durch das Gestein zogen, waren nicht natürlichen Ursprungs. Jeder Zwerg würde beim Anblick dieser Gänge behaupten, sie seien keine handwerkliche Arbeit, sondern eher das Resultat von ... »Pfusch am Bau«.
    Es gab einen Haupttunnel, von dem mehrere kleine Seitentunnel abzweigten. Einige endeten schon nach wenigen Schritten, weil das Felsmassiv, auf das sie führten, undurchdringlich schien. Andere schraubten sich schier unendlich in die Tiefe. In regelmäßigen Abständen waren wagenradgroße Einbuchtungen in die Seitenwände eingelassen, in denen sich Moosflechten ausbreiteten, die ein schwach grünliches Licht verströmten. Jeder dieser Gänge war groß genug, dass ein Reiter auf einem Pferd in vollem Galopp hätte hindurchreiten können.
    Abgesehen von den natürlichen Lichtquellen fehlte es diesen Gängen an jeglicher Art von Verzierung. Nirgends gab es Säulen, das Gestein blieb unbehandelt und rau, die Windungen und Biegungen, welche die Tunnel machten, waren nicht beabsichtigt, sondern folgten den natürlichen Gegebenheiten. Nicht die Baumeister hatten hier bestimmt, wo es langging, es war das Gestein selbst.
    Die Luft war schwer und erfüllt von Fäulnisgeruch. Schwefelige Dämpfe krochen über den Boden und verrieten jeden noch so kleinen Luftzug. Je weiter der Nebel nach oben stieg, desto mehr kühlte er ab und kroch durch andere Seitengänge wieder in die Tiefe. Der Nebel kam aus dem Hauptgang, genau dem Gang, aus dem auch der dumpf dröhnende Gesang einer unverständlichen Sprache aufstieg.
    Je weiter man nach unten gelangte, desto wärmer und stickiger wurde es. Die Luftfeuchtigkeit vermische sich mit den Schwefeldämpfen und setzte sich als gelbliche Paste an den Wänden ab. Der Gesang wurde zwar lauter, aber nicht unbedingt melodischer.
    »Hör endlich mit dem Gegröle auf, Gantruost«, schrie eine raue Stimme aus einem der Seitengänge.
    »Truganost mag es, wenn ich singe«, rief jemand erbost aus einer kleinen Seitenhöhle

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