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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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blähten sich auf. Die kleinen Wesen eilten hin und her und versuchten sich in Sicherheit zu bringen, da stieg neben dem Schiff ein gigantisch aussehender Krakenkopf aus dem Nebel.
    Gantruost drehte angewidert den Kopf zu Truganost, der immer noch schlafend neben ihm lag.
    »Du und deine albtraumartigen Wahnvorstellungen! Deine Gedanken würden es sogar schaffen, das Volk der Oger zu billigen Lakaien der Orks zu degradieren. Aber das, was ich dir gezeigt habe, war kein Traum, es war die Zukunft, und du wirst ein Teil von ihr sein.«
    Gantruost konzentrierte sich wieder auf sein außer Kontrolle geratenes Bild. Die kleinen Ladeluken wurden wie von Geisterhand geöffnet, und ein Dutzend Oger sprangen daraus hervor. Mit Äxten und Schwertern schlugen sie auf die Arme des Krakenwesens ein. Ein Fangarm nach dem anderen wurde abgetrennt und verschwand in den Fluten, bis schließlich das ganze Wesen, zu Tode geschunden, versank. Um das Schiff herum färbte sich der Nebel blutrot.
    »Mein Wille ist immer noch stärker als dein Zorn. Es wird geschehen, auch ohne dein Zutun.«
    Truganost schlief, aber diesmal schien er dabei zu lächeln.

29
Der Tempel
 
    »Lange können wir uns hier nicht mehr verstecken«, sagte Hagrim. »Es wird nicht ewig dauern, bis sie einen neuen Priester kommen lassen, um die Gemeinde zu übernehmen. Selbst wenn nicht jeder Tempel so einen geheimen Raum hat wie dieser, würden wir schnell entdeckt werden.«
    Seitdem sie den Meister gestellt hatten, waren zwei Tage vergangen, und von Stunde zu Stunde wurde Tarbur schweigsamer. Seine meist einsilbigen Antworten erfolgten nur noch nach mehrmaligem Nachfragen ... wenn er überhaupt antwortete.
    »Was ist los mit dir?«, fragte Hagrim gereizt. »Willst du nicht auch endlich hier raus und zurück zu deinesgleichen?«
    »Hm«, war alles, was Tarbur darauf entgegnete.
    In der Nacht, in der sie den Meister getötet hatten, waren sie vor den Stadtwachen in diesen Raum hoch oben im Giebel geflüchtet. Der Zufall wollte es, dass die Tür offen stand, und sie hier Unterschlupf fanden. Zu diesem Zeitpunkt dachten sie, die Götter hätten ihnen geholfen. Sie waren nicht nur in Sicherheit, sie mussten auch weder Hunger noch Durst leiden. Die Regale waren mit Reiseverpflegung, Wasserreserven sowie etlichen Flaschen Rotwein gefüllt. Insbesondere Letzterer gab den Ausschlag für Hagrim, an eine göttliche Vorsehung zu glauben.
    Jetzt, zwei Tage später, waren sie davon überzeugt, dass alles nur Zufall gewesen war. Der Weinvorrat neigte sich seinem Ende zu, und sie hatten keinen sicheren Fluchtweg gefunden. Für Hagrim allein wäre es ein Leichtes gewesen, wieder in der Stadt unterzutauchen und mit der Zeit in Vergessenheit zu geraten, aber für Tarbur schien eine Flucht unmöglich. Eine Flucht und ein Plan, der auch sein Überleben sicherte.
    Hagrim fühlte sich dem Oger gegenüber verpflichtet. Außerdem verlangte es seine Profession als Geschichtenerzähler, bis zum Ende der Geschichte auszuharren. Hagrim musste eine Möglichkeit finden, Tarbur irgendwie ungesehen aus der Stadt zu bringen. Wieder in die Kanalisation zu gelangen, schien unmöglich, da die Stadtwachen jeglichen Eingang verbarrikadiert hatten. Mit einem Pferd und einem Lastkarren könnte es ihm gelingen, den Oger hinauszuschaffen. Leider waren seine Vermögensverhältnisse jedoch noch nicht einmal ausreichend, um ein Pferd überhaupt beschlagen zu lassen. In der momentanen Situation konnte er sich auch unmöglich längere Zeit in den Straßen zeigen oder eine Schankstube aufsuchen, um ein paar Goldmünzen aufzutreiben. Entweder fanden ihn die Stadtwachen oder, was noch schlimmer wäre, die gegenwärtigen Zwillinge.
    Hagrim stand auf, warf sich seinen Mantel über und zog sich die Kapuze tief ins Gesicht. »Ich werde versuchen, einen Weg zu finden, um dich hier herauszubringen. Ich bin nicht lange unterwegs. Bleib hier und rühr dich nicht vom Fleck«, sagte er zu Tarbur.
    Mit einem tiefen Brummen gab Tarbur zu verstehen, dass er zwar begriffen hatte, was Hagrim sagte, es ihm aber gleichgültig war, was der Mensch unternahm.
    »Kopf hoch, Tarbur! Ich verspreche dir, dass du hier nicht versauern musst.« Hagrim schlüpfte durch die verschiebbare Wand.
    Tarbur hockte in der Ecke und lauschte Hagrims Schritten. Ihm wurde erneut bewusst, wie hilflos er ohne sein Augenlicht war. Eingesperrt in einem Raum wie diesem, hatte er gute Chancen, sich zu verteidigen. Das Gebiet war übersichtlich, und der oder die

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