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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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zwischen den Speichen des Rades hindurch zwei schlanke Frauenbeine erkennen, die ansprechenderweise zur Hälfte von geschnürten Schaftstiefeln bedeckt wurden.
    »Halt das Maul, du billige Dirne, und mach dich lieber wieder auf die Suche nach einem neuen Freier«, gab einer der Häscher zur Antwort.
    »Oh, die edlen Herren kennen mich? Leider ist es mir entfallen, wann und wo ich euch für eure unzureichend große Männlichkeit einen Preisnachlass gewährt habe.«
    »Wenn du nicht gleich in die Gosse zurückkriechst, aus der du gekommen bist, werden wir dein hübsches Gesicht so umgestalten, dass du bezahlen musst, um noch einen Kerl ins Bett zu kriegen«, grunzte der andere, offenkundig erfreut von seiner eigenen Schlagfertigkeit.
    »Apropos bezahlen, darf ich euch meinen Mann vorstellen?«
    Neben ihr erschien ein Paar behaarter Männerbeine in einfachen Sandalen. Aufgrund der Füße und der überaus kräftigen Waden vermutete Hagrim, dass es sich um einen Hünen von Mann handeln musste. Außerdem schien er auf der Deichsel gestanden zu haben, da sich der Wagen fast um einen Fuß hob, als er neben die Frau trat.
    »Er kann euch zeigen, was es kostet, so unflätig mit einer Dame zu sprechen.«
    »Nur ein Missverständnis, Gnädigste«, hörte er die Männer noch aus einiger Entfernung rufen.
    Das Pärchen begab sich feixend zu einem der vorderen Wagen.
    Hagrim ließ noch einige Zeit verstreichen, bevor er sich aus seinem Versteck wagte. Als er mühsam darunter hervorkletterte und die Blessuren untersuchte, die er auf der Flucht davongetragen hatte, hörte er ein tiefes Fauchen hinter der gespannten Plane. Neugierig, aber vorsichtig lupfte er den schweren Stoff an der Ecke langsam an. Zuerst fiel sein Blick auf eine Gravur an einem der Spriegel: Der Mantikor.
    Hagrim zog weiter an der Abdeckung und konnte im schwachen Mondlicht eine katzenhafte Gestalt erkennen, die in der Mitte des Wagens lag. Er war sich sicher, dass es sich unmöglich um einen echten Mantikor handeln konnte, aber diese Tatsache kümmerte ihn nicht weiter. Ihm war eingefallen, wie er es schaffen konnte, Tarbur aus der Stadt zu bringen. Diese Gaukler würden es sicherlich nicht ablehnen, einen echten Oger als Attraktion ins Programm zu nehmen.
    Der Gedanke war brillant. Nun musste er es nur noch schaffen, Tarbur seinen Plan schmackhaft zu machen.
 
    Tarbur kauerte nach wie vor auf dem Boden und döste vor sich hin. In den Bergen hatte er gelernt, sich und seinen Körper zur Ruhe zu bringen und dennoch seine Umgebung aufmerksam wahrzunehmen. Dort oben konnte es überlebenswichtig sein, nicht allzu tief zu schlafen.
    So wachte Tarbur sofort auf, als er Schritte auf der schweren Eichentreppe hörte. Eine der unteren Stufen hatte sich gelockert und verursachte ein verräterisches Geräusch beim Darauftreten. Er war gespannt, mit welchen Vorschlägen der Geschichtenerzähler diesmal aufwarten würde, um ihn aus der Stadt zu bringen. Seine Ideen wurden von Mal zu Mal verrückter. Zuletzt hatte er ihm vorgeschlagen in einem Ballon, gefüllt mit heißer Luft, aus der Stadt zu schweben. Wenn Tarburs Gemütszustand es zugelassen und er nicht ohnehin am Boden gesessen hätte, wäre er sicherlich lachend zusammengebrochen. Hagrim meinte es wirklich ernst. Er sagte, die Gnome hätten so einen Ballon erfunden und wären damit wirklich geflogen. Aber Tarbur war kein Gnom. Sein Gewicht überstieg das einer kompletten Gnomenfamilie inklusive ihrer Besitztümer und deren rechtmäßigen Eigentümer.
    Das knarrende Geräusch der Stufe wiederholte sich ... nochmal ... und nochmal.
    Hagrim und drei Freunde? Nein, er wäre allein gekommen, bevor er ihr Versteck preisgegeben hätte. Es waren Fremde. Feinde.
    Vorsichtig krabbelte er auf allen vieren, um sein Gewicht auf dem alten Holzfußboden zu verteilen, hinüber zur Tür. Jede Bewegung hätte sein Versteck verraten können. Die Eindringlinge kamen näher, und sie trugen Waffen. Das metallische Klirren von Schwertern an Rüstungen war zu hören.
    Sie tuschelten leise und für Tarbur unverständlich miteinander. Dann hatten sie den obersten Raum neben seinem Versteck erreicht. Langsam und sorgfältig durchstöberten sie jede Ecke. Tarbur hörte, wie sie schwere Truhen und ausrangierte Tempelstühle beiseiteschoben und nach irgendetwas suchten.
    Das splitternde Geräusch von Glas erfüllte die Kuppel. Eines der alten Fenster musste sich aus der Verankerung gelöst haben und zu Bruch gegangen sein. Abrupt verstummten die

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