Die Oger - [Roman]
Matschas Gewicht und der feine Sand ihnen hilfreich zugutekommen würden.
Die Strömung war nicht besonders stark, sodass ihnen der Fundort des gesunkenen Ruderbootes einen ungefähren Hinweis darauf gab, wo sie suchen mussten.
Zuerst fanden sie die beiden Ruder, die an den Strand gespült worden waren, und danach einen Proviantrucksack, der sich zwischen den Felsen verkeilt hatte. Nicht weit davon entfernt konnten sie die ersten Fußspuren ausmachen.
Die Größe der Fußspuren, und Matschas verkrüppelter Fuß machten es leicht, der Spur zu folgen. Sie führte vom Strand aus geradewegs nach Norden Richtung Lorast. Matscha schien keinen Hehl daraus machen zu wollen, welches Ziel er hatte. Die Spuren waren noch nicht einmal ansatzweise verwischt. Entweder er vertraute darauf, dass ihm niemand ins Landesinnere folgte, oder er hoffte, genügend Abstand zwischen sich und seine Widersacher gebracht zu haben.
Rator, Mogda und Cindiel erklommen einen sandigen Steilhang, der zu einer breiten Ebene aus Grasland führte und ihnen auf ihrem Weg kaum Deckung bot.
Mogda hatte Cindiel wieder huckepack genommen und war schon einige Schritte vorausgegangen, als er bemerkte, wie Rator stumm am Hang stand und den schmalen Küstenstreifen beobachtete.
»Rator, komm schon. Der Tag bricht bald an, und wir haben in dieser Gegend kaum Schutz. Wir müssen uns beeilen«, forderte Mogda seinen Kameraden auf.
Rator antwortete nicht, machte aber auch keine Anstalten, sich vom Fleck zu rühren. Mogda ging zurück, stellte sich neben ihn und schaute auch hinunter zum Strand. Die Sonne tauchte das Meer bereits in eine blutrote Farbe.
»Was ist los?«, fragte Cindiel. »Habt ihr noch nie einen Sonnenaufgang gesehen?«
Mogda blickte zu Rator, der mit gebanntem Blick einen Punkt am Strand zu beobachten schien. Langsam, wie in Trance, hob der Kriegsoger seinen Arm und zeigte zu der Stelle im Sand, wo ihr Boot lag. Dort unten warf sich ein kleiner Sandhügel auf, der von einer nahenden Welle weggespült zu werden drohte. Kurz bevor das Wasser ihn verschlang, wich er zwei Schritte zurück. Dann brach die obere Sandschicht auf, und mit einem kreischenden Ton zeigte sich ein Sandläufer. Weitere kleine Erhebungen bewegten sich auf ihn zu, als wollten sie sich versammeln. Ein Chor aus Kreischlauten erklang, wie sie ihn bereits auf Usils Hof gehört hatten, als ihnen der Schattenwurm dicht auf den Fersen gewesen war.
Fassungslos starrten die drei in die Tiefe und beobachteten das unheilbringende Spektakel. Die übergroßen asselartigen Wesen warteten auf die Ankunft des Schattenwurms, um ihm den Weg zu seinem Ziel zu weisen. Nun beschränkte sich der Kreis der möglichen Opfer für den Rachedämon nur noch auf Mogda und Rator. Cindiel hatte noch nie jemanden getötet und schied damit als Ziel für den Zauber aus.
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, machten sie kehrt und traten die Flucht an. Sie hetzten im Morgengrauen über die flache Ebene und hofften, bald geschütztes Terrain zu erreichen. Zusätzlich noch von einer Meute aufgebrachter Hüttenbauer gejagt zu werden, wäre eindeutig zu viel. Noch bevor die Sonne sich vom Rand des Horizontes gelöst hatte, erreichten sie ein nahes Waldstück, wo sie endlich ihr Tempo verlangsamen konnten. Matscha hatte den gleichen Weg genommen, wie seine auffälligen Spuren ihnen verrieten. Sie führten in Richtung Nordwesten, direkt auf Lorast zu. Sie konnten es sich nicht erlauben, Matschas Weg genau zu verfolgen, dafür war ihnen der Schattenwurm zu dicht auf den Fersen. Sie konnten nur hoffen, dass er nicht plötzlich die Richtung geändert hatte, sonst würden sie die Verfolgung aufgeben müssen.
»Wir können so nicht weitermachen«, stöhnte Mogda außer Atem.
»Wenn wir auf offenes Gelände kommen und rennen wie eine Herde Schafe auf der Flucht vor einem Wolf, wird uns ganz Nelbor folgen. Wir müssen die Überraschung nutzen, wenn wir herausbekommen wollen, was Matscha vorhat, aber mit einer Armee von Hüttenbauern und einem Dämon im Rücken könnte uns das schwerfallen.«
»Und was Vorschlag?«, fragte Rator kurz angebunden, um Luft zu sparen.
»Vielleicht sollten wir versuchen, die Sandläufer zu töten. Mit etwas Glück verliert der Schattenwurm dann unsere Fährte.«
Rator blieb abrupt stehen. Er blickte zu Mogda, schien aber durch ihn hindurchzusehen. Sein Blick fing sich auf Cindiel, die über Mogdas Kopf hinwegschaute.
»Idee schlecht. Du nicht kennen Schattenwurm. Er sehr mächtig.
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