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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Gewölbe führte. Vorsichtig kletterten sie die schmalen Stufen hinab. Die Decke war nicht hoch genug, dass die Oger aufrecht stehen konnten. Somit zwängten sie sich in gebückter Haltung ins Innere. Cindiel sorgte mit einem Lichtzauber für genügend Helligkeit.
    Sie befanden sich in einem Raum mit sechs Schritt Durchmesser, gepflastertem Boden und lehmbeschichteten Wänden. Keinerlei Einrichtung zierte den Raum. Auf dem Boden häuften sich menschliche Knochen. Zum Teil fügten sie sich noch zusammen, aber die meisten lagen einzeln verstreut. Hier und da waren noch komplette Schädel zu erkennen.
    »Das ist eine Grabkammer«, stieß Cindiel angewidert hervor. »Ein Massengrab. Hier haben sie alle hingebracht, die keine Angehörigen hatten oder nicht mehr zu erkennen waren.«
    »Das ist gut, dann kommen auch keine Besucher hierher«, erklärte Mogda.
    »Ich werde auf keinen Fall hier schlafen, zwischen all den Toten«, sagte Cindiel. »Ihr könnt es euch ruhig bequem machen. Ich bleibe draußen.«
    Mit energischem Blick drehte sie sich um und verließ das Gemäuer, ohne Mogda und Rator die Möglichkeit zu geben, sie umzustimmen.
    »Lass sie«, beruhigte Mogda seinen Weggefährten. »Sie ist draußen genauso sicher wie hier drinnen. Falls doch etwas passieren sollte, kann es nur von Vorteil sein, wenn man uns noch nicht entdeckt hat.«
    Mogda folgte ihr bis zum Aufgang und sah ihr noch einen Augenblick nach.
    »Geh nicht so weit weg, Prinzessin. Wenn du Hilfe brauchst, ruf einfach.«
    Sie nickte ihm missmutig zu, während Mogda die Flügeltüren zur Gruft hinter sich schloss.
    Cindiel war zwar auch sehr müde, aber zu viele Gedanken schwirrten ihr durch den Kopf. Mochte es wohl richtig sein, den König zu entführen, und konnte das überhaupt gelingen? Wie würde man auf sie und ihre Tat reagieren, wenn alles vorbei war? Würden die Menschen es verstehen, oder bliebe sie bis in alle Ewigkeit in Geschichten die böse Hexe, die mit den Kreaturen Tabals gemeinsame Sachen gemacht hatte?
    Verunsichert und verängstigt hockte sie sich an einen nahe gelegenen Baum. Sie beobachtete einen kleinen, grünlich glänzenden Käfer, der sich an einem heruntergefallenen Blatt zu schaffen machte. In Gedanken versunken merkte Cindiel nicht, wie die Zeit verstrich. Es musste bereits Mittag sein, als sich ein Schatten über sie warf, und eine Frauenstimme sie hochschrecken ließ.
    »Was machst du denn hier, Kleine? Ist er dein Großvater gewesen?«
    Cindiel wollte zuerst um Hilfe rufen, verwarf den Gedanken aber, als sie ihr Gegenüber genauer betrachtete. Eine alte Frau mit gekrümmten Rücken stand vor ihr. Ihre Kleidung war die einer Bäuerin, und die schweren Wanderschuhe schienen einem Mann zu gehören.
    »Wer soll mein Großvater gewesen sein?«, fragte sie, als sie sich am Baum hochstemmte.
    Die alte Frau beugte sich vorsichtig vor. »Keine Angst, Kleine. Ich meine ... ähh ... Grundert Jachok, wenn mich meine Augen nicht im Stich lassen.«
    Cindiel sah nach oben und bemerkte den Namen, der im Stamm eingeritzt war. »Ach so«, sagte sie, »nein, er war kein Verwandter. Ich habe nur einen Augenblick Rast gemacht. Ich suche die Truppen des Königs.«
    Ungläubig schaute die Alte Cindiel an. »Was willst du denn von denen? Ist dein Vater beim Heer, als Soldat?«
    Cindiel liebte es, wenn man ihr die Antworten schon in den Mund legte, und sie sich keine eigenen Lügen ausdenken musste. In diesem Fall war es auch noch eine ganz hervorragende Geschichte. »Ja, unsere Mutter ist krank, und ich will ihn zurück nach Hause bringen. Er muss sich um uns kümmern und einen Heiler holen.«
    Die Alte schien gerührt zu sein.
    »Ich mache mich gleich wieder auf den Heimweg. Wenn du willst, kannst du mich begleiten. Die Truppen sind zwar weiter im Landesinneren, aber ich bin heute Morgen an einem Rasthaus vorbeigekommen, wo einige Pferde von Königstreuen in den Ställen standen. Vielleicht findest du dort jemanden, der dir weiterhilft.«
    Cindiel war begeistert. Manchmal half es mehr, ein Kind zu sein, als ein Gespräch mit Zauberei zu lenken.
    »Wie weit ist es bis zum Rasthaus?«, fragte sie.
    »In zwei Stunden müssten wir es erreicht haben. Von dort sind es etwa noch einmal zehn Meilen bis zum Heerlager. Du wirst sehen, du bist schneller bei deinem Vater, als du glaubst.«
    Die Alte streichelte ihr über den Kopf.
    Zwei Stunden hin, zwei Stunden zurück und eine Stunde dort, das wird reichen, dachte Cindiel. So lange werden die beiden

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