Die Oger - [Roman]
lang, bis sie einschlief. Mogda hielt ihre Hände auf seiner Brust fest, damit sie nicht herunterfiel.
Eine Meile vor ihrem Ziel legten sie noch eine Rast ein, um Cindiel etwas mehr Schlaf zu gönnen.
Es war kurz vor Mitternacht, als sie das Mädchen wieder weckten.
»Wach auf, Prinzessin! Deine Schauspielkunst ist gefragt.«
Cindiel brauchte noch einen Augenblick, um völlig zu sich zu kommen. »Ich bin gleich so weit«, stammelte sie.
Mogda nahm sie hoch und setzte sie sich auf die Schultern.
»Lass dir noch einen Moment den Wind um die Nase wehen, bis wir da sind«, sagte er und trabte los.
Wenig später sahen sie die Lichter des Gasthauses. Nach Cindiels Beschreibung musste der König im oberen Stockwerk sein. Am Stall angekommen, teilten sie sich auf. Mogda und Rator gingen auf die Rückseite des Gebäudes, Cindiel schlich zum Vordereingang.
»Vergesst nicht, niemanden töten«, flüsterte sie den Ogern zu, bevor sie in der Dunkelheit verschwanden.
Mogda und Rator hatten ihren Platz am Hinterausgang der Schankstube eingenommen, gleich bei den Stallungen. Mit lautem Krachen brach Mogda ein dickes Brett aus der Stallwand. Verwundert drehte er sich zu Rator um. »Das ist nicht wahr. In meinem ganzen Leben habe ich mich noch nie einem Tier genähert, das nicht vor mir gescheut hat. Und jetzt, wo sie lärmen und wiehern sollen, stehen sie ruhig da und gaffen einen an.«
»Pferde dressiert für Kampf«, brummte Rator. »Haben nicht Angst vor Oger.«
»Gut zu wissen, dann werde ich dazu übergehen nur noch Pferde der Königsgarde zu essen. Dann habe ich weniger Ärger.«
»Glauben nicht«, sagte Rator ruhig und langte durch das Loch in der Wand. Er gab dem Pferd einen Faustschlag gegen die Schläfe, das daraufhin in sich zusammensackte. Das Tier schnaubte nur schwach, die restlichen Pferde jedoch begannen zu wiehern und zu stampfen.
Die beiden Oger traten in den Schatten des Stalles und warteten auf eine Reaktion.
Kurz darauf flog die Hintertür zur Gaststube auf, und der Wirt trat ins Freie, um nach den Tieren zu sehen. Aus der Dunkelheit heraus traf ihn ein Holzbrett am Kopf und raubte ihm die Sinne.
»Mist, ich glaube das war zu stark«, flüsterte Mogda.
Rator kniete bereits über dem Wirt. »Lebt noch.«
Er zog den reglosen Körper hinter sich her und lehnte ihn gegen die Hauswand. Nun schauten Rator und Mogda hoch zu dem beleuchteten Fenster im ersten Stock.
»Wie noch genannt Cindiel?«, sagte Rator, ohne den Blick von dem Fenster abzuwenden.
»Räuberleiter«, antwortete Mogda.
Cindiel nutzte die Abwesenheit des Wirtes und schlüpfte in den Schankraum. Die anwesenden Wachen würdigten sie nur eines kurzen Blickes. Sie sahen keine Gefahr in einem kleinen Mädchen und nahmen an, sie gehöre zum Haus. Unsicher durchquerte sie den Raum und stieg die Treppe zum oberen Stockwerk hinauf. Vorsichtig blickte sie um die Ecke und erkannte die zwei Wachtposten vor dem Zimmer des Königs. Die beiden schienen recht gelangweilt zu sein. Mit einem kleinen Singsang auf den Lippen näherte sie sich den Wachen.
»Was willst du, Kleine?«
Cindiel sah den Männern nacheinander tief in die Augen. »Ich wünsche zum König vorgelassen zu werden.«
Einen Moment schienen die beiden irritiert zu sein. Dann wiederholten sie wie in Trance: »Sie wünscht zum König vorgelassen zu werden.«
Einer drehte sich um und öffnete die Tür zur Kammer. Cindiel schlüpfte hindurch, während die Tür hinter ihr sofort wieder geschlossen wurde. Sie sah einen alten Mann, der am Fenster saß und ihr den Rücken zugewandt hatte. Sein ergrautes Haar fiel ihm auf die Schulter. Er hockte an einem kleinen Beistelltisch und zog mit Lineal und Kohlestift Markierungen auf einer Karte.
»Verzeihung, Eure Majestät«, sagte sie mit zitternder Stimme.
Der alte Mann fuhr ruckartig herum und sah Cindiel fragend an. »Wo kommst du her? Wie bist du an meinen Wachen vorbeigekommen?«
»Ich habe Informationen über ...« Sie wurde abgelenkt, als Mogdas Kopf kurz im Fenster erschien. Mit weit aufgerissenen Augen und unsicherer Miene wankte er von links nach rechts und verschwand dann wieder.
»Ich habe Informationen über den bevorstehenden Krieg. Die Kreaturen Tabals handeln nicht auf eigene Veranlassung. In den Städten ...«
Wieder tauchte Mogda kurz am Fenster auf und verschwand gleich darauf. Cindiels Irritation veranlasste den König dazu, sich zum Fenster umzudrehen, doch er konnte nichts entdecken.
»In den Städten gibt es
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