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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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schnellen Stimmungswandel und den übereilten Aufbruch sah der Wirt ihr nach.
    Der Rückweg war trotz ihrer Hochstimmung äußerst anstrengend, und sie kam langsamer voran, als sie sich erhofft hatte. Sie war noch eine Viertelmeile entfernt von dem Mahnmal des Trollkönigs, als sie die verängstigten Hilferufe eines Mannes hörte. Der Mann schien in Lebensgefahr zu sein, und Cindiel ahnte auch schon in welcher. Mit letzter Kraft rannte sie auf die Lichtung zu. Im Unterholz verlor sie einen Schuh, den sie achtlos liegen ließ, um keine Zeit zu verlieren. Ein Ast peitschte ihr ins Gesicht und hinterließ einen blutigen Striemen auf ihrer Wange. Sie erreichte die Lichtung und konnte kaum fassen, was sie dort sah. Rator stand neben dem steinernen Denkmal und hielt einen jungen Mann am Fußgelenk in die Höhe. Mogda kniete vor ihm und drangsalierte den Mann, indem er ihm mit dem Zeigefinger zwischen die Rippen stach. Völlig außer Atem schrie sie die Oger an. »Ihr barbarischen Unholde, lasst sofort den Mann in Ruhe.«
    Noch bevor sie weiter Anweisungen geben konnte, fiel ihr der Jüngling ins Wort. »Bring dich in Sicherheit, Kleine. Lauf, so schnell du kannst. Ich werde versuchen, sie aufzuhalten.«
    Schallend lachend ließ Rator den Mann zu Boden fallen, der daraufhin unsanft aufschlug. Mogda lief Cindiel entgegen, doch das kleine Mädchen rannte an ihm vorbei, auf den Mann am Boden zu.
    Sie hockte sich neben ihn und sah zu, wie er sich die schmerzende Schulter hielt und ängstlich Rator anstarrte.
    »Was habt ihr mit ihm gemacht?«, schrie sie den Oger an. Der zuckte nur verständnislos mit den Achseln.
    »Wir dachten, er hat dir etwas angetan«, mischte sich Mogda ein. »Wir sind aufgewacht und wollten nach dir schauen. Aber der Einzige, der hier umherschlich, war dieser Bursche.«
    »Seid ihr nicht ganz bei Trost? Die Einzigen, die hier Leute entführen, seid ihr. Ich habe mich nur ein wenig umgesehen.«
    »Was jetzt machen mit Hüttenbauer?«, fragte Rator verwirrt.
    »Was sollen wir schon mit ihm machen? Wir lassen ihn wieder gehen ... und entschuldigen uns bei ihm«, ordnete Cindiel an und warf Mogda einen erwartungsvollen Blick zu.
    »Schon gut«, beruhigte er sie. »Ich mache das schon.«
    Cindiel zerrte Rator beiseite, weil der Mann in Gegenwart zweier Oger nicht imstande schien, mit Mogda zu reden.
    Mogda setzte sich vor ihm ins Gras und blickte ihm in die angsterfüllten Augen. »Du hast gehört, was die Herrin befohlen hat«, sagte er grinsend. »Es tut uns leid, dass wir dich so grob angefasst haben. Das musst du verstehen. Sie ist unsere kleine Halbschwester ... mütterlicherseits. Man muss ständig auf sie aufpassen, dass sie keine Leute anfällt. Man sieht es vielleicht nicht, aber in ihr stecken Bärenkräfte, und sie hat einige Schwierigkeiten, sich überhaupt im Zaum zu halten. Deshalb begleiten wir sie morgens immer zur Schule. Und wie das so ist mit kleinen Schwestern: Als ihre Brüder sind wir ein bisschen empfindlich. Also, wie gesagt, es tut uns leid.«
    Der Mann blickte verstört in Mogdas Gesicht, nickte aber fortwährend.
    »So, jetzt kannst du wieder spielen gehen. Ich würde dir aber raten, nichts von diesem Vorfall weiterzuerzählen. Wenn doch, kommt Rator dich besuchen und erklärt dir die ganze Sache noch mal. Willst du das etwa?«
    Der Mann brach sein noch immer beständiges Nicken abrupt ab und schüttelte stattdessen schnell den Kopf.
    »Verzieh dich«, sagte Mogda, und im gleichen Augenblick sprang der Mann auf und nahm Reißaus. In wenigen Augenblicken war er zwischen den Bäumen verschwunden.
    »Was hast du zu ihm gesagt?«, fauchte Cindiel ihn aus einiger Entfernung an.
    »Nichts«, entgegnete Mogda mit Unschuldsmiene. »Ich habe ihm nur erklärt, dass wir uns um dich sorgen, dass wir aber auf keinen Fall gewalttätig sind. Dann hab ich mich entschuldigt, und er ist losgerannt.«
    Ungläubig schaute Cindiel ihn an.
    Sie konnte Mogdas Gesichtsausdruck nicht richtig deuten, wollte aber keine Zeit darauf verschwenden, nachzuhaken. Schließlich hatte sie etwas Wichtiges zu erzählen.
    »Ich habe das Gasthaus gefunden, wo der König heute Abend übernachtet«, erklärte sie stolz.
    Dann erzählte sie von der alten Frau und dem redseligen Gastwirt. Sie war entschlossen, in den Abendstunden zurückzukehren und unterwegs einen Plan zu entwerfen.
    Cindiel durfte sich auf dem Weg zum Gasthaus wieder auf Mogdas Schultern ausruhen. Nachdem sie einen Plan gefasst hatten, dauerte es nicht

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