Die Oger - [Roman]
Gedanken, ihm zu nahe zu kommen, nicht ganz wohl zumute war. Schweigend machten sie sich wieder auf den Weg, während Mogda sich noch einmal umschaute und die beiden toten Orks betrachtete.
»Ich hab doch gesagt, dass du hier bleibst«, grummelte er in Richtung des Tümpels und des toten Orks. Die ersten Sonnenstrahlen und die frische Luft trugen einiges dazu bei, dass Mogda wieder neue Kraft schöpfte. Seine Verletzungen behinderten ihn kaum noch. Sie legten eine weite Strecke zurück bevor sie eine erste Pause einlegten. Anscheinend wollte Sogrum an den Kräften der Oger zehren und sie somit gefügiger machen. Den Orks machte das hohe Tempo nicht besonders viel zu schaffen, sie waren geübte Läufer und sehr ausdauernd. Die Oger dagegen waren ihnen zwar an Kraft weit überlegen, aber ihr schwerfälliger Körperbau und ihre Behäbigkeit ließen sie schnell ermüden.
Matscha schien besonders unter der schnellen Gangart zu leiden. Durch die verdrehte Haltung seines verkrüppelten Fußes hinterließ die Kette einen blutigen Striemen um sein Gelenk. Mogda schloss dichter zu ihm auf, um die Kette zwischen ihren Beinen zu entlasten, und Matscha warf ihm aus seinen ungleichen Augen einen dankbaren Blick zu.
Am Abend hatten sie die Ausläufer der Berge erreicht und konnten den Pass sehen, der sie am nächsten Tag über den Bergwall führen würde. Von hier aus waren es noch einmal zwei bis drei Tage strammer Fußmarsch, um zum Drachenhorst zu gelangen.
Die Orkspäher erlegten rasch alles Wild, dessen sie habhaft werden konnten, um den Proviant für diesen Tag sicherzustellen. Frisches Tauwasser rann von den Spitzen des Felsmassivs in sich schlängelnden Bächen zu ihnen herab ins Lager. Der Ort war für ein Lager gut gewählt; die Orks schienen die Reiseroute genau geplant zu haben.
Mogda kannte sich in dieser Gegend aus. Hier hatte er schon viele Winter verbracht und im Schutz der Berghöhlen auf den Frühling gewartet. Viele Tiere hatten es ihm gleichgetan und ihn bei der Kälte mit dem nötigen Proviant versorgt. Wasser gab es in rauen Mengen, und abgestorbene Bäume lieferten das benötigte Brennholz. Letzten Winter hätte es genauso sein sollen, aber das verhängnisvolle Treffen mit den Menschen hatte all seine Pläne verändert.
Alle anderen hatten schon an ihren Lagerfeuern Platz genommen, nur Mogda stand als Einziger noch und ließ seinen Blick über die Berge und Wälder schweifen. Er war sich nicht ganz schlüssig, ob das Schicksal es nun gut oder schlecht mit ihm meinte. Auf jeden Fall hatte es aber irgendetwas mit ihm vor, und vielleicht lag es an ihm, etwas Gutes oder etwas Schlechtes daraus zu machen.
Er setzte sich und blickte in die Runde. Ihm fiel auf, dass das Verhalten der Oger sich grundlegend von dem der Orks unterschied. Die Orks saßen da und genossen die Gesellschaft, bildeten kleine Gruppen, spornten sich gegenseitig zu Höchstleistungen im Trinken und Essen an und lachten gemeinsam miteinander oder übereinander. Sie waren einfach gesellig, wenn auch nur untereinander.
Im Gegensatz dazu saßen die Oger alle schweigend auf ihrem Platz und machten keinerlei Anstalten, gesellig zu sein. Es herrschte noch nicht einmal so etwas wie Fressneid. Sie schienen sich gegenseitig völlig egal zu sein. Mogdas Blick fiel auf Matscha, der damit beschäftigt war, von einer Fleischkeule abzubeißen, und mit der freien Hand die wunde Stelle an seinem Fußgelenk zu massieren.
»Du musst die Fußfessel irgendwie fixieren.«
»Klar, frag gleich ob Ork mir schönes Bild draufmalt oder tust du«, kam die herablassende Antwort von Matscha, dem einige Fleischstücke beim Sprechen aus dem Mund fielen.
»Nicht verzieren. Ich sagte fixieren.«
»Ah ... so ... gut ... fixieren ... und was heißt?«
»Das heißt, du solltest etwas Weiches um den Knöchel wickeln und die Fußfessel fest darüberziehen, sodass sie nicht scheuert beim Gehen. Dann kann die wunde Stelle abheilen und verschorfen.«
»Woher du weißt wie geht?«, fragte Matscha mit vor Erstaunen weit aufgerissenen Augen.
»Ich habe davon gelesen.«
»Wie lesen?«
»In dem Turm, bei dem ihr mich getroffen habt, da waren ganz viele Bücher, und ich hab dort den Winter verbracht und gelesen.«
Verwundert neigte Matscha den Kopf zur Seite. Sein Mund stand offen. »Du wirklich Buch gelesen und begreift?«
»Ja, sogar mehrere Bücher, es war ein langer Winter«, sagte Mogda nicht ganz ohne Stolz.
»Gibt ja nicht«, sagte Matscha
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