Die Oger - [Roman]
verkanteten. Er nahm das Ende und verbog es über einem Felsen, langsam, aber mit aller Kraft, die er aufwenden konnte. Die Kette brach nicht. Unzufrieden lockerte er die Kettenglieder wieder, mit der enttäuschenden Feststellung, dass nicht alles stimmen musste, was geschrieben stand.
Er warf das Ende voller Verachtung zu Boden und stellte verblüfft fest, dass ein Ring komplett aufgebogen war. Erstaunt nahm er das lose Ende auf und schwenkte es vor seinem Gesicht hin und her, mit einem zunehmend zufriedeneren Ausdruck. Hebelwirkung schien tatsächlich eine gute Sache zu sein.
Er stand auf und ging auf das kleine Wasserloch zu, an dem noch Reste vom abendlichen Mahl lagen. Ein Schluck kühles Wasser und ein Bissen Fleisch wären jetzt genau das Richtige, um die Auswirkungen der unruhigen Nachtruhe zu vertreiben. Er hockte sich an den Tümpel und begann zu essen. Er spuckte die Knochensplitter zur Seite, mit der trüben Gewissheit, dass egal, was die Orks erlegten, sie nie eine anständige Mahlzeit bekommen würden, bis sie ihr Ziel erreicht hatten. Er beugte sich gerade vor, um mit der hohlen Hand ein wenig Wasser zu schöpfen, als er in der spiegelnden Oberfläche zwei Orks hinter sich erkannte, die mit langen Speeren auf seinen Rücken zielten. Mogda tat so, als ob er sie nicht bemerkte. Seine Hand glitt langsam ins Wasser und ertastete den Bodengrund. Er bewegte sich so vorsichtig, dass das Spiegelbild nur einen Augenblick lang etwas verschwommen und unscharf wurde, aber gleich darauf wieder klar. Er konnte erkennen, wie die Orks sich hinter ihm darüber amüsierten, dass sie sich so erfolgreich angeschlichen hatten. Sie hatten anscheinend die Anweisung bekommen, ihn nicht zu töten, sondern ihm nur einen Denkzettel zu verpassen. Mogda hatte gefunden, wonach er suchte. Er hielt nun unter Wasser einen orkschädelgroßen Stein in der Hand. Soweit er erkennen konnte, nickten sich die Orks zu, um ihren Angriff zu beginnen. Dies war der Augenblick, auf den er gewartet hatte. Ohne sich umzuwenden, schlug er nach hinten und traf einen Ork mit dem Fels genau an der Schläfe. Der ansatzlose Schlag, der den ersten Ork tödlich traf, und das viele aufgespritzte Wasser ließen den zweiten vor Schreck derart erstarren, dass ihm die Waffe aus der Hand fiel. Noch immer auf Knien drehte sich Mogda um und ergriff den Speer.
Anstatt klein beizugeben, zog der Ork einen langen Krummdolch und stand nun breitbeinig vor Mogda.
»Dafür werde ich dir die Füße abschneiden, und du musst den Rest des Weges hinter uns herkriechen, und alle werden über dich lachen«, drohte der Ork.
»Nur schade, dass du nicht dabei sein wirst«, entgegnete Mogda trocken.
Der Ork stürmte mit erhobenem Dolch auf ihn zu. Mogda holte zu einem harten Schlag aus und traf den Arm des Orks so heftig, dass dieser herumgedreht und mit dem Rücken zu ihm stand. Mogda griff in die Verschnürung des Brustpanzers und hob den Ork mit einem Arm hoch über den Kopf.
»Das reicht«, schrie Sogrum plötzlich, natürlich aus sicherer Entfernung. An seiner Seite standen sechs Krieger mit gespannten Armbrüsten.
»Lass ihn runter! Ich habe dem Meister versprochen, alle Oger zum Kriegsdienst zu bringen, und das werde ich auch tun. Es wird dir nichts nützen, wenn du dich dagegen sträubst.«
»Das tue ich auch gar nicht«, entgegnete Mogda und ließ den an seinem Arm zappelnden Ork genau auf die Spitze des aufrecht neben ihm stehenden Speers niedersinken. Die Spitze bohrte sich durch seinen Rücken und trat seitlich am Brustharnisch wieder aus. Ein gurgelndes Geräusch kam aus seinem Mund, gefolgt von einem Schwall grünen Blutes. Der tote Körper rutschte langsam am Schaft des Speeres zu Boden. Sogrums Begleiter sahen ihn fragend an, aber der neue Anführer schüttelte bloß den Kopf.
»Ich dachte mir nur, wenn ich jeden Tag einen von euch töte, dann sind wir auf dem Rest der Reise ein wenig unter uns und du kannst mir von dem Ziel dieser Expedition erzählen«, verkündete Mogda.
»Schluss jetzt mit dem Unsinn«, brüllte Sogrum, »unser Ziel ist der Drachenhorst, und mehr weiß ich auch nicht. Wenn du noch einen von meinen Leuten angreifst, werde ich dich töten lassen und mir einen anderen Oger suchen.«
»Suchen lassen«, gab Mogda abfällig zurück und bewegte sich dabei auf seine Kameraden zu.
Alle starrten ihn an, aber keiner sprach ein Wort mit ihm. Zwei Orks machten sich daran, seine Fesseln zu erneuern, wobei es den Anschein hatte, dass ihnen bei dem
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