Die Oger - [Roman]
bewegt werden. Für die Querfeldeinfahrt waren sie nicht zu gebrauchen. Orks dagegen waren dafür bekannt, auch unter widrigen Umständen ein hohes Tempo vorzulegen.
Lord Felton hatte auf die Prunkrüstung verzichtet, die er bei offiziellen Gelegenheiten in Osberg trug, und hatte stattdessen die schlichtere Rüstung der Stadtwachen angelegt. Nur der dunkle Vollhelm mit der roten Feder unterschied ihn von den einfachen Soldaten.
»Nie und nimmer werde ich unsere Leute ins Gebirge führen. Die Aussicht, mit Soldaten, die für einen Stellungskrieg ausgerüstet und trainiert sind, im Gebirge gegen Orks und Oger anzutreten, ist wenig verlockend.«
»Das ist die richtige Entscheidung, Eure Lordschaft.«
Barrasch war eigentlich Hauptmann Barrasch, aber er legte auf seinen Titel keinen Wert, da er der Meinung war, jeder Soldat sollte sich nicht hinter seinem Rang verstecken, sondern ihn immer wieder aufs Neue beweisen. Anstatt einer Standardrüstung trug er einen schwarz mattierten Kettenpanzer mit vielen ausgebesserten Stellen. Der Panzer war nicht so schwer wie die Rüstung der anderen und erlaubte es, sich im Kampf schnell zu bewegen, bot seinem Träger jedoch auch weniger Schutz. Jemand, der mit solch einer Rüstung in den Krieg zog, war von seinen Fähigkeiten überzeugt. Lord Felton achtete die Fähigkeiten von Barrasch hoch. Noch höher schätzte er allerdings dessen Meinung als Berater. Jemand mit Barraschs Erfahrung war für jeden Herrscher eine Bereicherung.
»Meiner Meinung nach ist es eine Falle, Lord Felton. Es gibt sonst keinen Grund für die Orks, in die Berge zu ziehen. Durch ihre Gewandtheit sind sie uns so oder so überlegen, selbst mit den Kindern im Schlepp. Die Oger würden uns unter Gesteinsbrocken begraben, ohne dass wir uns zur Wehr setzen könnten. Ich glaube, sie ziehen im Schutz der Berge weiter gen Osten, bis sie zum Eingang der Steppe gelangen. Was dann geschieht, kann ich nicht sagen, aber ich weiß, dass sie im Norden des Gebirges nicht hinabsteigen können, und sich dort einzunisten, ergäbe auch keinen Sinn.«
Felton und Barrasch ritten an der Spitze des Zuges. Für einen Heerführer und seinen Berater war dies zwar normal, wenn die Truppen auf den Weg zum Schlachtfeld geführt wurden, doch bei einer Verfolgung sandte man normalerweise Späher voraus. Die Gefahr, in einen Hinterhalt zu geraten und dadurch die Anführer zu verlieren, war zu groß. In diesem Fall jedoch spielte das Tempo, mit dem sich der Trupp bewegte, eine große Rolle. Das Vorausreiten, Zurückreiten und Meldungmachen nahm einfach zu viel Zeit in Anspruch, die sie nicht hatten. Barrasch hielt es für unwahrscheinlich, dass sie in einen Hinterhalt geraten würden. Ihre eigene Truppstärke war zu groß. Orks waren zwar gute Kämpfer, aber feige. Nur eine große zahlenmäßige Überlegenheit stärkte ihren Mut.
Nach einer kurzen Rast gab Lord Felton die neuen Befehle bekannt. Das Heer bewegte sich nun ostwärts am Fuße des Gebirges entlang.
Nach zwei weiteren Marschtagen ließ Felton das Heer anhalten.
»Ich hab ein schlechtes Gefühl, Barrasch. Was, wenn wir nicht den richtigen Weg eingeschlagen haben? Was, wenn die Orks doch eine Möglichkeit gefunden haben, das Gebirge zu überqueren und jetzt die rote Steppe durchwandern?«
»Selbst dann, Mylord, würden wir ihnen nicht folgen können«, antwortete Barrasch ruhig. »Nur weil die Orks einen Weg gefunden haben, heißt es nicht, dass er auch für uns passierbar ist. Sechshundert Mann sind zwar kein riesiges Heer, aber durch ein Nadelöhr passen sie nun einmal nicht. Die Taktik, die wir verfolgen, ist angemessen. Wir sollten vermeiden, sie zu ändern, solange keine Notwendigkeit dazu besteht.«
»Wahrscheinlich hast du wie immer Recht, Barrasch.«
»Das hoffe ich, Mylord.«
Es war am späten Nachmittag, der Wind hatte etwas aufgefrischt, als Barrasch sein Pferd plötzlich zum Stehen brachte. Lord Felton ließ seinen Hengst noch ein wenig weitertrotten, drehte sich aber im Sattel um. Die Truppen reagierten sofort auf das Signal ihres Hauptmanns und blieben hinter ihm stehen. Felton wendete sein Pferd und ritt zurück.
»Was ist los?«, fragte er Barrasch, der gebannt und regungslos einen Punkt in den Bergen fixierte.
»Wir sind richtig«, antwortete er, ohne den Blick abzuwenden.
»Was gibt es?«
Barrasch deutet auf einen Punkt zwischen zwei großen Felsformationen.
»Ich kann nichts erkennen«, sagte Lord Felton. Er kniff die Augen zusammen und versuchte, in
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